Nachdem New Horizons nun am Pluto vorbei geflogen ist, ist die Mission noch nicht zu Ende. Schon im Vorfeld wurde nach weiteren Zielen gesucht, die man nach Pluto noch anfliegen könnte. Dabei war die Auswahl sehr begrenzt, denn die Sonde hat nur sehr begrenzte Möglichkeiten mit den eigenen Triebwerken zu navigieren. Deshalb musste zuletzt noch das Hubble Space Telescope benutzt werden, um nach geeigneten Zielen zu suchen. Letztlich fand man auch einige, aber für mehr als ein einziges wird es wohl nicht reichen.
Das war der Hintergrund, wegen dem ein kurzer Tweet vorhin meine Aufmerksamkeit erregt hat:
Hersman: we estimate have 33 kg of hydrazine left after flyby for KBO mission. Need 100 m/ delta-V, about 20-25 kg hydrazine. #PlutoFlyby
— Jeff Foust (@jeff_foust) July 15, 2015
Damit gibt es konkrete Zahlen und wir können einmal schauen, was wir damit anfangen können. New Horizons ist eine sehr kleine und leichte Sonde. Sie wog beim Start nur 470kg und davon waren 77kg Treibstoff. Der Treibstoff ist einfaches Hydrazin, das katalytisch zerlegt wird. Der spezifische Impuls beträgt dabei nur etwa 220s (2,2km/s).
Ionentriebwerke können deutlich mehr als das. 2000s (20km/s) gelten dort als wenig. Grob überschlagen braucht man mit dem zehnfachen spezifischen Impuls nur ein Zehntel der Treibstoffmenge ( das gilt für relativ kleine Geschwindigkeitsänderungen wie diese hier) und bei 2000s ist noch lange nicht Schluss. 5000s sind für Ionentriebwerk völlig normal und 10’000s noch gut erreichbar.
Bevor man aber im Rausch der Möglichkeiten völlig versinkt, sollte man nicht vergessen, dass die Energie für den Antrieb irgendwoher kommen muss. Denn Ionentriebwerke werden elektrisch betrieben und die elektrische Energie in Bewegungsenergie des Treibstoffs umgewandelt, mit einer Effizienz so um die 70-80%. Sie sind also Teilchenbeschleuniger. Allerdings sind Ionentriebwerke darauf optimiert möglichst viele Teilchen zu beschleunigen und nicht Teilchen möglichst hoch zu beschleunigen. Denn hohe Geschwindigkeiten haben ihren Preis.
Der Energieverbrauch des Triebwerks für jedes Gramm Treibstoff steigt mit dem Quadrat der Geschwindigkeit, auf die man den Treibstoff beschleunigt. Gleichzeitig steigt der Schub dabei nur linear. Wenn man also ein Gramm Treibstoff in der gleichen Zeit auf eine doppelt so hohe Geschwindigkeit beschleunigt, dann bekommt man dafür den doppelten Schub, braucht aber vier mal so viel Energie!
New Horizons hat aber nicht viel Energie. Zur Zeit sind es noch etwa 200W. Damit muss man haushalten. Aber ich bin mir sicher, dass man zeitweise 100W davon für den Antrieb erübrigen könnte. Davon würden noch 80W im Treibstoff landen, den wir auf 20.000m/s beschleunigen wollen. Das reicht für sage und schreibe 0,4mg Treibstoff pro Sekunde. Allerdings bräuchte man auch keine 20-25kg für das später geplante Manöver, sondern nur 2-2,5kg. Damit lässt sich ausrechnen, dass man 4-5 Millionen Sekunden braucht. Das ist durchaus noch im Rahmen. Ein Jahr hat etwas mehr als 31 Millionen Sekunden und was sind bei einer so langen Mission schon 2 Monate?
Tatsächlich hätte man an diesem Punkt der Mission mit 33kg noch genug Treibstoff, um die Triebwerke fast 3 Jahre auf diesem Niveau weiter laufen zu lassen. Dabei hätte man nicht nur einen Spielraum von etwa 120m/s für weitere Manöver, sondern etwa 1,2km/s (vom Treibstoffverbrauch während der Mission davor gar nicht zu sprechen). Es wäre wahrscheinlich genug gewesen um gleich noch eine ganze Reihe von Objekten im Kuiper Gürtel anzufliegen – und das alles mit nicht mehr Strom als eine 100W Glühbirne braucht.
Wollen wir hoffen, dass es noch mehr Missionen in diese Bereiche des Sonnensystems gibt und dass diese Sonden dann mit besserer Technik ausgerüstet sind.
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