Die 1970er Jahre waren in den USA geprägt von der Einstellung des Apollo Programms und der Entwicklung des Space Shuttles. Zu dieser Zeit war man noch sehr optimistisch, dass das Shuttle die Raumfahrt revolutionieren und viel billiger machen würde, insbesondere auch die bemannte Raumfahrt. Die Europäer wollten da nicht zurück bleiben und zumindest eine kleine Ausgabe des Space Shuttles entwickeln, es wurde bekannt als “Hermes”.
Am Anfang lief Hermes noch unter dem Namen “Systéme Ariane Véhicule Habitable” (Bemanntes Fahrzeug im Arianesystem). Dazu sollte dann noch eine kleine Ausgabe einer Raumstation im “Columbus Programm” kommen. Aus dem großen Druckmodul für die Astronauten wurde dann viel später das europäische Columbus Modul der ISS.
Es ist relativ schwer, an Quellen über die Anfänge des Projekts am Ende der 70er Jahre heran zu kommen, der größte Teil sind Sekundärquellen. Die beste Beschreibung findet man hier auf französisch (aber mit vielen Bildern). Hier wird (auf Englisch) von den Plänen von 1979 gesprochen (und in Bildern gezeigt), in denen der Raumgleiter noch ein Leichtgewicht von 10 Tonnen war. Eine der dort angegebenen Quellen ist ein Zeitschriftenartikel (und die französische Beschreibung oben). Darin wird eine Besatzung von 5 Personen angegeben oder wahlweise 2 Personen und 1,5 Tonnen Fracht. Gestartet werden sollte der Raumgleiter mit einer verbesserten Ariane Rakete. Eine erste Stufe ganz ähnlich der späteren Ariane 4, mit vier Viking Triebwerken und 210 Tonnen Treibstoff. (Die echte Ariane 4 hatte 220 Tonnen Treibstoff in der ersten Stufe.) Die zweite und dritte Stufe sollte durch eine große Stufe (H45) mit Wasserstoffantrieb und 45t Treibstoff ausgetauscht werden sollte. Wie hier zu sehen. (Ich kenne die Rechtesituation der Bilder nicht. Deswegen nur Links.) Für den Notfall gab es eine 2t schwere Feststoffrakete, die den gesamten Raumgleiter von der Rakete entfernt hätte.
Man möchte da Aufschreien und sagen: Hätten sie nur. Das Konzept war elegant. Die Rakete baute auf vorhandener Technik auf und das ganze System hätte sich durchaus mit den sowjetischen Soyuz Raumschiffen messen lassen können.
Aber wie man gut im Astronautix Artikel (mit vielen Bildern diverser Konzepte) sehen und lesen kann, wuchs Hermes immer mehr, sollte immer mehr können und wurde von Konzept zu Konzept schwerer. 1984 wog er schon 15t statt 10t. Er sollte 4-6 Crewmitglieder transportieren können und 4,5t Nutzlast. Hermes wurde endgültig zu einem kleinen Shuttle. An sich war das keine ganz schlechte Idee. Anders als das “Original” wäre Hermes mit Sicherheit billiger geworden. Aber es stellte sich die Frage, wie zum Teufel kriegen wir den Hermes ins All? Es musste eine noch viel größere Rakete her, die einfache Ariane reichte nicht mehr.
Beim nächsten Konzept sollte die verbesserte Ariane Rakete schon mit 4 Boostern starten – wie man es schließlich auch bei der normalen Ariane 4 Rakete tat. Zusätzlich sollte die erste Stufe noch ein fünftes Viking Triebwerk erhalten um mehr Schub zu bekommen. Die zweite und dritte Stufe wurde auch hier wieder durch eine Wasserstoffbetrieben Stufe ausgetauscht, die aber nun 60t Treibstoff statt 45t Treibstoff haben sollte. Als Triebwerk dafür sollte ein “HM-60” entwickelt werden. Dieses Triebwerk sollte einen Schub von 80 Tonnen im Vakuum haben, mit dem Potential für bis zu 130 Tonnen. Diese konservative Variante mit niedrigem Schub wurde nie geflogen. Bekannt wurde das HM-60 später als Vulcain, das Haupttriebwerk der Ariane 5, das heute einen Schub von 130 Tonnen hat. (Und ich werde das HM-60 ab hier auch Vulcain nennen.)
Die neue Rakete sollte Ariane 5 heißen und basierte hier immernoch größtenteils auf der alten Technik. Nur das Vulcain war neu. Zur Auswahl standen aber auch noch zwei andere Konzepte.
Ein Konzept war, dass man für die “Ariane 5C” das Viking Triebwerk einfach überall durch das viel effizientere Vulcain ersetzt. Man hätte also vier Vulcain in der ersten Stufe und eines in der zweiten gehabt. Sehr elegant, aber politisch nicht tragfähig. Denn das Viking kam aus Frankreich und das Vulcain aus Deutschland. Die Franzosen hätten mit dem Projekt fast nichts mehr zu tun gehabt, außer dem Raumgleiter an sich. Ziel der Franzosen war es aber immer, selbst aktiv an den Raketen mit zu bauen um die Expertise dazu im Land zu erhalten.
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