Ich würde davon abraten, Schwerter zu Pflugscharren schmieden, denn das wäre heute vor allem mit der Zerstörung von Museumsstücken verbunden. Aber etwas ganz ähnliches ist in den letzten Jahrzehnten passiert.
Am Ende des kalten Krieges stapelten sich nicht nur die Atombomben in den Arsenalen den USA und der Sowjetunion, es gab auch jede Menge Raketen um diese Bomben von A nach B fliegen zu lassen. Viele von ihnen startbereit in Raketensilos, andere einfach nur auf Lager. Als Waffen wurden sie zum Glück nie gebraucht. Aber solche Raketen waren nicht nur teuer in der Herstellung, es kostet auch Geld sie auf Lager zu halten und zu allem Überfluss werden sie irgendwann zu alt um zu fliegen.
Es ist deshalb nur normal, dass man nach Verwendungsmöglichkeiten für die Hinterlassenschaften des Rüstungswettlaufs gesucht hat. Und eine bietet sich einfach an. Man benutzt Raketen einfach dazu, wofür sie gebaut wurden, nur ohne die unschöne Sache mit der Atombombe.
Interkontinentalraketen sind ohnehin schon dafür gebaut ins Weltall zu fliegen, noch dazu sehr präzise. Das Gewicht der Sprengköpfe betrug oft mehrere Tonnen, mitsamt Wiedereintrittskapsel und sonstige Strukturen. Sie mussten zwar nicht in einen Orbit kommen, aber es ist doch eine gute Grundlage für Satelliten mit einigen hundert kg Startmasse – in manchen Fällen auch deutlich mehr. Das Phänomen findet man übrigens auf beiden Seiten des eisernen Vorhangs
In den USA laufen die entsprechenden Raketen heute unter dem Namen Minotaur. Dahinter stecken alte “Peacekeeper” und “Minuteman” Raketen, die mit passender Steuerelektronik und der nötigen Hardware für den Satellitentransport versehen werden. Das gleiche galt auch für einige ehemals stationierte Titan II Raketen, die Ende der 80er Jahre für den Einsatz als Trägerrakete umgebaut wurde. (In den 60ern wurden Titan II Raketen in zwei Varianten, für die Raumfahrt und als Interkontinentalrakete gebaut.)
In Russland wurden eine ganze Reihe solcher Raketen ausgemustert. Die Rockot wurde zum Beispiel in einer Kooperation mit EADS von der Eurockot Launch Services GmbH vermarktet. Die Dnepr Rakete ist die größte dieser Art, sie kann bis zu 3,6 Tonnen in einen niedrigen Orbit bringen. Wie ihre Zukunft aussieht, ist aber unklar. Die Oberstufe für die Dnepr Rakete wurde in der Ukraine hergestellt und die Kooperation in diesem Jahr aufgekündigt. Die Sthil’ und Volna Raketen waren ursprünglich für den Einsatz auf U-Booten zur Abschreckung gedacht. Die Sthil’ wurde dadurch zur ersten Rakete, die eine Satelliten durch den Start von einem U-Boot aus ins All gebracht hat. Die Nutzlast beträgt aber im allgemeinen nur etwa 100kg, je nach Orbit.
Die Verwandschaft von Trägerraketen und Interkontinenalraketen bestand von Anfang an. Allerdings haben sie sich im Lauf der Zeit auseinander entwickelt. Die Reste der Verwandschaft fallen meistens durch ineffiziente Raketenstufen auf. Militärhardware wird auf Zuverlässigkeit und sofortige Einsatzbereitschaft optimiert, nicht auf bestmögliche Leistung. Zum Einsatz kommen entweder feste Treibstoffe oder lagerfähige, hypergol Treibstoffe. Also Treibstoffe die unter allen Wetterbedingungen möglichst nicht gefrieren oder verdampfen sollen. “Hypergol” bedeutet, dass sie sich sofort selbst entzünden, wenn man sie miteinander mischt. Denn ohne einen gesonderten Zündvorgang, fällt ein möglicher Schwachpunkt weg.
Man sollte allerdings nicht hinter jedem hypergolen, lagerfähigen Treibstoff gleich das Militär vermuten. Denn die gleichen Eigenschaften sind in manchen Anwendungen auch für andere interessant. Satelliten und Raumsonden müssen zuverlässig sein und sind ebenso auf Treibstoffe angewiesen, die möglichst nicht so leicht verdampfen oder gefrieren. Aber wenn man sich etwa die Ariane 4 anschaut, die indische PSLV, die Nordkoreanische Unha-3 oder die Südkoreanische Naro-1 und dort keinerlei Hardware aus Militäranwendungen zu sehen glaubt, der hat Tomaten auf den Augen.
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