Im südlichsten Zipfel von Sachsen-Anhalt findet sich ein Landkreis der nicht zu unrecht der Burgenlandkreis heißt. Burgen gibt es dort wirklich recht häufig. Aber seine Geschichte geht nicht nur bis ins Mittelalter zurück, sondern viel weiter. Dabei ist ein großer Teil der Geschichte nicht aufgezeichnet. Schriftliche Aufzeichnungen gab es erst nach der Eroberung und christliche Missionierung durch das heilige römische Reich deutscher Nationen seit dem 10. Jahrhundert.

Aber davor war das Land keine menschenleere Wüstung, die lokale Bevölkerung wurde mit mehr oder weniger sanfter Gewalt bekehrt. Besiedelt war die Gegend für Jahrtausende. Vor etwa 3600 Jahren wurde ein Mensch, wohl ein wichtiger Mensch, zusammen mit einer Goldbesetzten Bronzescheibe, zwei Bronzeschwertern, zwei Beilen, einem Meißel und Schmuck begraben. Bekannt wurde vor allem die Scheibe, als Himmelsscheibe von Nebra.

Die Zeit von der wir hier sprechen, ist die selbe wie die früheste Zeit der chinesischen Geschichte, als die mystische Xia Dynastie von den Shang gestürzt wurden sein soll und noch 300 Jahre bevor Tutenchamun gelebt hat.

Aber die Zeit der Besiedelung geht noch viel weiter zurück, mindestens noch einmal über 3000 Jahre. Denn nicht weit vom Fundort der Sternenscheibe entfernt fand man auf einem Acker, in der Nähe des Dorfes Goseck, Spuren in einem Feld. Sie stammte von einer etwa 7000 Jahre alte Kreisgrabenanlage. Sie hat einen Durchmesser von 70m und es gilt allein schon wegen der Form als gesichert, dass diese eine ganz ähnliche Funktion hatte wie Stonehenge. Lücken in den Gräben befinden sich genau dort, wo vor 7000 Jahren die Sonne zur Winter- und Sommersonnenwende auf- und untergegangen wäre.

Inzwischen hat man in der Nähe eine Nachbildung der Anlage, wie sie vielleicht einmal aussah, nachgebaut. Anstatt von Steinen diente wohl eine Pallisade aus Baumstämmen dazu, das Sonnenlicht abzuhalten.  Alles weitere ist reine Spekulation. Es ist aber wohl nicht unvenünftig anzunehmen, dass die Anlage dazu diente mit vielen Menschen Feste zu feiern. Es ist aber wohl weniger vernünftig anzunehmen, dass sie als Kalender diente und so die Jahreszeiten für den Ackerbau bestimmt wurden. Denn wer sich wirklich dafür interessiert, ob nun gerade Sonnenwende ist oder nicht, der kann an fast jeder Stelle dafür passende Landmarken finden. Erst recht in dem hügeligen Gebiet meiner Heimat im Burgenlandkreis.

Aber wenn etwas nur wichtig genug ist – und erst recht wenn es Anlass zum Feiern, zum Mahnen, zum Beten oder sonstigen Versammlungen gibt – dann sorgen Menschen oft für eine dem Ereignis angemessene Umgebung. Eine solche Anlage kann genau das gewesen sein.

Eins steht jedenfalls fest, den Neanderthalern waren sie weit voraus, auch schon vor 7000 Jahren.

Kommentare (5)

  1. #1 dgbrt
    25. Juli 2015

    Klasse!
    Aber “wo vor 7000 Jahren die Sonne zur Winter- und Sommersonnenwende auf- und untergegangen wäre.” muss heißen:
    “wo vor 7000 Jahren die Sonne zur Winter- und Sommersonnenwende auf- und untergegangen ist.”

    Diesen Post darfst du gerne löschen…

  2. #2 dgbrt
    25. Juli 2015

    Ja, und das faszinierende ist, es gab am Ende der Steinzeit schon sehr viel Kenntnisse über Astronomische Zusammenhänge.

    Alle Menschen konnten den Himmel beobachten, anders als heute bei der Lichtverschmutzung, aber mangels größerer Strukturen blieben diese Erkenntnisse doch auf kleine Regionen begrenzt. Es gab noch kein Hamburg oder Bremen und die Menschen die da gelebt haben kannten diese Erkenntnisse sicherlich nicht.

    Aber das, was einzelne Dörfer (ja auch nur über lange Zeit ) entwickelt haben ist schon schwer beeindruckend.

  3. #3 Phil
    25. Juli 2015

    Immer wieder faszinierend, wie sehr man die Fähigkeiten von alten Kulturen unterschätzt. Die Menschen dürften nicht viel dümmer als heute gewesen sein, obgleich das Wissen wohl hauptsächlich mündlich weitergeben wurde.
    Es ist Schade, dass so wenig von dem Wissen heute noch nachvollziehbar ist, weil es entweder nie aufgeschrieben wurde, oder die Dokumente verloren gegangen sind.

  4. #4 BreitSide
    27. Juli 2015

    Wirklich, die Himmelsscheibe ist schon ein wahnsinniges Artefakt. Die konnten wirklich kaum dümmer oder ungeschickter gewesen sein als wir heute. Wahrscheinlich sogar umgedreht. Sie würden sich heute sicher schnell zurecht finden (im Gegensatz zu manchen plumpen Filmen über solche Zeitreisen), wir würden aber in ihrer Zeit wohl nach kurzer Zeit jämmerlich eingehen.

    Da passt das Bild von Zwergen auf Riesenschultern ganz gut.

  5. #5 schorsch
    31. Juli 2015

    Das glaube ich gerne, dass die Menschen vor 7.000 Jahren den Neandertalern weit voraus waren. Sehr weit sogar, nämlich 23.000 Jahre! So lange waren die Neandertaler damals schon ausgestorben.

    Wahrscheinlich vor lauter Kummer ob der unglaublichen Begriffsstutzigkeit des europäischen Homo Sapiens, der vor 7.000 Jahren immer noch in der gleichen Steinzeit dümpelte, in der der Neandertaler ihn vor 30.000 Jahren verlassen hatte…