Es wird in der Politik heute oft angemahnt, man solle langfristiger denken. Ebenso beschwert man sich über überkommene Vorstellungen von Politik, Wirtschaft, Moral oder anderem. Nichts davon ist ungewöhnlich, beides gab es zu allen Zeiten. Problematisch wird es nur, wenn beides von den gleichen Leuten kommt.
Angenommen wir erfüllen die erste Forderung. Wie sieht eine Politik des langfristigen Denkens aus? Wir denken sehr genau nach, wie man die Politik für die nächsten Jahrzehnte und Jahrhunderte gestalten muss, damit sie langfristig tragfähig ist. Wir setzen diese Politik gegen aktuelle Politik durch und sie dann für lange Zeit, schließlich ist es eine langfristige Politik. Aber damit sich eine Politik durchsetzen kann, braucht es viele Menschen die von ihr überzeugt sind. Aufgrund der logistischen Probleme viele Menschen in einer Idee zu vereinen, und der Auswirkungen die das hat, nennt man dann die Ideologie jener Gruppe. Eine solche Gruppe von Menschen ist absolut unabdingbar. Denn nichts soll in diesen Jahren so schnell durchgesetzt werden, wie langfristige Politik.
Dabei braucht es diese Gruppe nicht nur um die Politik durchzusetzen. Nein. Denn sie demonstriert schon am eigenen Beispiel das Problem jeder langfristigen Politik. Es kommen immer wieder Gruppen von Menschen an, die eine Ideologie haben und die aktuelle Politik schlecht finden und ändern möchten. Eine langfristige Politik muss also sich also nicht nur gegen die aktuelle Politik durchsetzen, sondern auch gegen die zukünftigen Alternativen. Würde sie es nicht tun, dann wäre es nur eine langfristige Politik im Geiste aber nicht in der Tat. Eine langfristige Politik muss auch umgesetzt werden um nicht nur ein Papiertiger zu sein.
Aber wie sieht diese Politik dann aus? Wie sieht eine langfristige Politik aus, wenn sie langfristig gewirkt hat? Und wie sehen die Politiker aus, die sie so langfristig umgesetzt haben?
Wir nennen sie Konservativ. Sie vertreten Ideen die Jahrhunderte alt sind und mit der heutigen Zeit nicht mehr viel zu tun haben. Sie verteidigen diese Ideen vehement, kompromisslos und etwas abschätzig gegenüber allen anderen Ideen, denn über Jahrhunderte haben sie andere Ideologien kommen und gehen sehen, aber ihre eigene Ideologie verteidigt. Und wie könnte es auch anders sein? Jede Politik die nicht von dieser Art von Politikern verteidigt wird, hätte lange davor aufgehört zu existieren und wäre somit kein Stück langfristig gewesen.
Diese Zusammenhänge scheinen aber wenig bekannt zu sein. Denn kaum jemand verurteilt konservative Politik heute so sehr wie jene, die eine langfristige Politik fordern. In der Aggression gegenüber der konservativen Politik durch sogenannte progressiven Politiker steckt auch eine gehörige Portion Selbsterkenntnis und Selbstverleugnung. Denn niemand verkörpert so sehr ihre eigene Forderung nach langfristiger Politik wie die Vertreter der alten langfristigen Paradigmen.
Um es plakativ zu sagen: Jeder Forderung nach langfristiger Politik wohnt eine neue CSU schon inne.
Wem ein Selbstbild als CSU-Politiker nicht gefällt, der sollte sich überlegen welche Ziele er verfolgt. Denn die Ziele bestimmen, welchen Mittel nötig sind um sie zu erreichen. Wer eine langfristige Politik sofort durchsetzen will, der braucht eine ideologische Massenbewegung – mit all ihren blinden Flecken, mit der Unterdrückung jeder Kritik in den eigenen Reihen und mit all ihrer Arroganz im Auftreten gegenüber allen anderen Ideen. Eine Massenbewegung, wie sie immer wieder Gesellschaften zerrissen und Existenzen zerstört hat.
Wer das nicht will, dem empfehle ich eine langfristige Politik.
Wer eine wirklich langfristige Politik anstrebt, der sollte sich darüber im Klaren sein, dass er das nicht kurzfristig tun kann. Dann bleibt genug Zeit um Menschen zu überzeugen und nicht nur zu überreden. Dann bleibt genug Zeit um Kritik zuzulassen und zu sehen wo sie berechtigt ist. Wo genug Zeit ist, dort ist auch Raum für Gelassenheit im Umgang mit Menschen anderer Ideen.
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