Die größte Kraftwerkskatastrophe aller Zeiten gab es vor fast genau 40 Jahren, am 8. August 1975. Man sollte meinen, dass die Katastrophe allgemein bekannt ist, immerhin war es die Größte der Welt. Aber dafür fand sie im falschen Land statt. Der Banqiao Damm stand in China, zu einer Zeit als China ein Land mit unglaublich vielen armen Menschen und ein paar Atombomben war.
Wie man schon bei der Taiping Rebellion sieht, dem größten Krieg des 19. Jahrhunderts, sind Todesopfer in China für die westliche Welt meistens recht egal. Ausnahmen gelten nur, wenn man sie für die lokale Politik instrumentalisieren kann. Deshalb hat fast jeder Deutsche zumindest schon einmal von dem viel kleineren Boxer Aufstand gehört. (Dabei sollten die europäischen Kolonialisten aus China herausgeworfen werden.)
Der Banqiao Damm brach am 8. August 1975, nachdem der Taifun Nina auf China traf. China war zu dieser Zeit in dem teilweise menschenverachtend durchgeführten Prozess der Modernisierung, aber noch längst nicht modern. Die Infrastuktur war entsprechend zerbrechlich und damit sind nicht die Staudämme gemeint. Dazu kam noch, dass die Meteorologie der Zeit längst nicht so gut wie zur heutigen Zeit war. Man hatte keine Vorwarnung was da auf den Damm zu kam.
Der Banqiao Damm wurde so gebaut, dass er einer Regenmenge von 500mm in 3 Tagen standhalten konnte. Das entsprach dem, was man einmal in 1000 Jahren erwartete. Das entspricht in etwa der durchschnittlichen Jahresmenge an Niederschlag in Ostdeutschland. Dennoch wurde die Konstruktion von dem Hydrologen Chen Xing schon 1961 als zu unsicher kritisiert. Er war für das Projekt verantwortlich und empfahl zwölf Abflussöffnungen für den Damm, es wurden aber nur fünf eingebaut, was dann in der entsprechenden Kapazität resultierte. Die Baustandards dieser Zeit waren generell sehr lax um die Modernisierung des Landes schnellstmöglich voran zu bringen.
Taifun Nina blieb durch die lokale Wettersituation mehr oder weniger auf der Stelle stehen und brachte dem Einzugsgebiet des Damms schon am ersten Tag 440mm Regen und an den nächsten beiden Tagen folgten nochmal mehr 500mm. Am ersten Tag erlaubten die Behörden die Öffnung des Damms nicht, wegen des Hochwassers im Unterlauf. Am zweiten Tag erkannten sie das Problem, aber inzwischen waren die Telegraphenleitungen unterbrochen. Am dritten Tag schließlich brach der Damm. Eine kilometerbreite, 6m hohe Flutewelle bewegte sich den Fluss herab, bis zum nächsten Staudamm. Denn es gab viele Staudämme in dem Fluss, die nun nacheinander überflutet wurden und brachen. Insgesamt wurden 62 Dämme zerstört, einige mit Absicht um andere Dämme zu schützen.
Städte wurden überflutet und insgesamt verloren 11 Millionen Menschen ihr Obdach. Die genaue Zahl der Todesopfer wird kontrovers diskutiert. Aber die Zahlen reichen von knapp 20.000 bis knapp 30.000 für die Ertrunkenen in der Flut. Durch Epidemien und Hungersnöte, wegen der unterbrochenen Nahrungsversorgung, starben in der Folgezeit insgesamt zwischen knapp 100.000 und über 200.000 Menschen.
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