Eines dieser Dinge ist 2007 schief gegangen, als man einen Test mit einem 4,5 Tonnen Lachgasbehälter durchführte. Man wollte es unter Druck durch die Öffnung im späteren Raketentriebwerk spritzen, dort allerdings nicht verbrennen, sondern in einem anderen Behälter wieder auffangen. In der Leitung oder dem Auffangbehälter kam es dabei zur Detonation, deren Druckwelle sich bis in den Tank fortsetzte.
Zu den genauen Umständen ist wenig bekannt, da von der Firma Details wie der genaue Aufbau der Testanlage nicht veröffentlicht wurden. Es gibt aber einen sehr guten Artikel aus dem Jahr 2012 (also noch vor dem zweiten Unfall) der die Zusammenhänge ganz gut beschreibt. Die wahrscheinliche Ursache ist Nachlässigkeit im Umgang mit Lachgas und fehlende Kommunikation der möglichen Gefahren.
Absturz von SpaceShipTwo
Das bringt uns nun zum Absturz von SpaceShipTwo. Wie schon der Vorgänger sollte das Raketenflugzeug in große Höhe aufsteigen, dort die große Tragfläche umklappen und so bei der Rückkehr in die Atmosphäre wie ein Federball automatisch in eine stabile aerodynamische Lage kommen. Andere Raketenflugzeuge wie die X-15 benutzten stattdessen kleine Raketentriebwerke um außerhalb der Atmosphäre ihre Lage kontrollieren zu können.
Die Konstruktion ist fraglos eine gute Idee. Allerdings bringt sie auch mögliche Gefahren mit sich. Im ersten Teil des Fluges, wenn das Flugzeug vom Raketentriebwerk beschleunigt wird, sollte man den Klappmechanismus zum Beispiel nicht benutzen. Genau das ist aber geschehen. Die Aerodynamik führte dabei dazu, dass sich der Rumpf des Flugzeugs quer zur Flugrichtung nach oben aufrichtete, während die Flügel wie eine Fahne im Wind in Flugrichtung verharrten.
Der Rumpf zerbrach dabei durch die aerodynamischen Kräfte. Der Pilot hatte dabei großes Glück. Der Rumpf zerbrach um ihn herum und er wurde vergleichsweise leicht verletzt in seinem Sitz aus den Trümmern heraus geschleudert. (Es war kein Schleudersitz!) Er konnte sich aus den Gurten befreien und sich mit seinem Fallschirm retten. Der Kopilot hatte weniger Glück. Er war es auch, der den Federmechanismus ausgelöst hatte, wie man später auf Videoaufnahmen aus dem inneren des Flugzeugs feststellen konnte.
Bei der Untersuchung des Unfalls konnte Virgin Galactic kein schriftliches Dokument vorlegen, in dem die möglichen Gefahren des Auslösens des Federmechanismus standen. Man sagte, die Information wäre mündlich an die Testpiloten weitergegeben worden. Die Piloten waren zwar sehr erfahren, standen während des Fluges aber unter hohem Druck. Denn das SpaceShipTwo ist nicht automatisiert. Es besitzt noch nicht einmal ein Fly-by-Wire System, das Steuerbefehle elektronisch übernimmt und in sinnvolle Bewegungen der Tragflächen umsetzt. Alles wurde durch rein mechanische Verbindungen umgesetzt, so wie man es in den 50er Jahren getan hätte.
Egal wie erfahren ein Testpilot ist, jeder Mensch hat Grenzen. Wenn dann bestimmte Informationen über desaströse Fehler nur informell weiter gegeben werden, dann kann es unter hohem Druck zu genau solchen Fehlern kommen. Die Ursache, die mangelnde Kommunikation von Risiken, war also auch hier wieder die gleiche. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse zu dem Unfall findet man in dem Artikel hier. Eine sehr gute Sammlung von Quellen, inklusive dem Videomitschnitt eines 2-stündigen Hearings zu dem Unfall, wurde hier im Nasaspaceflight Forum zusammengetragen. (Das Forum entstand während der Shuttle Zeit als Fan Forum. Es geht inzwischen weit über die NASA hinaus, nur der Name ist noch der gleiche.)
Ohne gravierende Änderungen in der Firmenkultur, kann man angehenden Weltraumtouristen wohl nur noch von dieser Firma abraten.
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