In einer für die heutige Zeit typischen Zurschaustellung kollektiver inkompetenz des gesamten deutschen Nachrichtenjournalismus geht gerade eine Meldung durch die Medien. In Krefeld sei ein Stickstofftank explodiert. Egal ob N-TV, die Westdeutsche Zeitung, RP-Online, Der Westen oder jede andere Pressemeldung die ich gefunden habe. Alle melden den selben Unsinn.
Stickstoff ist nicht brennbar. Stickstoff kann nicht explodieren. Stickstofftanks können nicht explodieren.
Das ist simpelstes Schulwissen. Jeder verantwortungsvolle Redakteur müsste diese Meldung sofort als offenbaren Unsinn stoppen. Aber wie immer wird es nicht getan. Alle Medien geben die gleiche Meldung weiter, in keiner Redaktion wurden die Pressemeldungen auf sachliche Stimmigkeit geprüft. Kein Redakteur hatte entweder die Kompetenz oder den Mut, diesen offensichtlichen unerhörten Schwachsinn in seinem Medium nicht weiter zu verbreiten.
Das ist die moderne Form der Gleichschaltung der Medien. Nicht gesteuert durch ein zentrales Organ, nicht angewiesen durch eine zentrale Partei, welche die Macht über Deutschland an sich reissen will. Nein. Die neue Gleichschaltung der Medien funktioniert aus reiner kollektiver Unfähigkeit.
In solchen Meldungen zeigt sich immer wieder, wie überflüssig Nachrichtenjournalismus geworden ist. Es ist dort sowieso niemand, der irgendeine journalistische Arbeit noch durchführen würde. Der Nachrichtenjournalismus hat keine journalistische Funktion mehr. Er dient nur noch der reinen Durchreichung von Meldungen ohne jeden Sinn und Verstand.
Kritisches und sachliches Hinterfragen selbst simpelster Zusammenhänge, wie der Frage: Kann es sein, dass ein Stickstofftank explodiert, gibt es nicht mehr. Diese “Journalisten” machen keine journalistische Arbeit. Diese “Journalisten” braucht niemand.
Unter solchen Umständen kann man dem Nachrichtenjournalismus in seinem jämmerlichen Abgleiten in den Tod noch nicht einmal nachtrauern. Vielmehr möchte man ihn mit einem kräftigen Tritt in den Hintern noch viel schneller in sein Grab befördern. Aus der vierten Gewalt ist längst eine reine Journalismussimulation geworden, die noch so aussieht. Ein reiner Cargokult, der sich noch immer gesellschaftliche Relevanz einbildet, wo längst keine relevante Leistung mehr entsteht.
Nunja. Wie beim echten Cargokult in der Südsee werden auch die Journalisten feststellen müssen, dass es nicht reicht Radaranlagen aus Baumstämmen nachzubauen und Kokosschalen anstatt Kopfhörer auf die Ohren zu halten. Die Flugzeuge werden nicht kommen, wenn man nur noch so tut als ob.
Genauso wie ein echter Flughafen echte Funkanlagen und echte Radaranlagen braucht, braucht Journalismus echte journalistische Arbeit. Er braucht echtes Hinterfragen von Meldungen, echtes Nachdenken und echten Mut von Redakteuren.
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