Ganz im Süden Japans, auf der Insel Kyushu, liegt die japanische Präfektur Kagoshima. Sie ist geprägt von einer langen Meeresbucht. Auf halber Strecke wird sie von einer Halbinsel fast vollständig verschlossen. Sie stellt damit einen perfekten Hafen dar.
Gegenüber dieser 2km schmalen Meeresenge, im Westen der Bucht, liegt die namensgebende Stadt der Provinz Kagoshima, mit etwa 600.000 Einwohnern. Im Norden der Bucht ist die zweitgrößte Stadt Kirishima in der etwa 125.000.
Es ist aber die kleine Stadt Aira, mit etwa 44.000 Einwohnern, die der Geologie der Region ihren Namen gab. Es ist die Aira-Caldera. Eine Caldera entsteht, wenn ein Vulkan ausbricht und die (nun) leeren Magmakammern unter dem Vulkan zusammenstürzen. Wenn ein Vulkan 150 Kubikkilometer Material ausstößt, dann ist das eine ganze Menge. Das geschah dort vor etwa 22.000 Jahren, in einer gewaltigen Eruption, die fast ganz Japan mit Asche bedeckte.
Natürlich war die vulkanische Aktivität mit der Eruption nicht vorbei. Aber eine solche Eruption wird sich in absehbaren Zeiträumen nicht wiederholen. Es ist einfach nicht genug eruptionsfähiges Magma unter dem Vulkan. Es dauerte allein 13.000 Jahre bis vom Meeresboden der Caldera aus wieder ein Vulkankegel wuchs und eine Insel bilden konnte. Der Kegel blieb eine Insel bis zu einem größeren Ausbruch im Jahr 1914, als Lavaströme die Meeresenge im Osten der Insel verschlossen. Solche Ausbrüche gibt es in unregelmäßigen Abständen von einigen Jahrhunderten. Dazwischen gibt es kleinere, stromobolische Eruptionen. (Also sehr viele, regelmäßige und kleine Eruptionen – für die der namensgebende Vulkan Stromboli in Italien berühmt ist.) Auf diese Weise wächst der Kegel langsam immer weiter.
Die größeren Ausbrüche sind durchaus vergleichbar mit denen des Vesuv. Die Gefahrenlage für die Bevölkerung ist auch ganz ähnlich. Das Stadtzentrum von Kagoshima liegt nur 10km vom Vulkanschlot entfernt. Wäre der Wind beim letzten Ausbruch über die Stadt gezogen, hätte sich im Zentrum der Aschefahne mehr als ein Meter Vulkanasche abgelagert. Tatsächlich wehte der Wind stark nach Osten, so dass in der Stadt nur einige Millimeter Aschen fielen.
Aber auch im Westen waren die Auswirkungen auf die nähere Umgebung begrenzt. Die Dicke der Ascheschichten fällt mit der Entfernung exponentiell ab. Im Zentrum der Aschefahne fiel die Dicke der Ascheschicht in 20km unter einen Meter Dicke ab. Nach 40km waren es schon keine 3cm mehr. Das gleiche gilt auch für die letzten vier Eruptionen. In allen Fällen zog die Aschewolke nach Osten ab und in allen Fällen beschränkten sich die Ascheablagerungen auf etwa die gleiche Entfernung oder weniger, obwohl bei einer Eruption im 15. Jahrhundert eine noch größere Aschemenge in die Luft geschleudert wurde.
Der Vulkan stellt bei ungünstigen Windbedingungen also eine enorme Gefahr für die Städte der Region dar, Kagoshima in nur 10km Entfernung und Kirishima in 20km Entfernung. Von den 4000 Bewohnern der sehr fruchtbaren Insel selbst nicht zu sprechen. Über die unmittelbare Umgebung hinaus ist die Gefahr aber sehr begrenzt. Die Asche versorgt dort die fruchtbaren Böden mit Nährstoffen. Selbst unter ungünstigen Windbedingungen sind keine katastrophalen Aschemengen in 50km Entfernung mehr zu erwarten – auch nicht, wenn zufällig im falschen Moment ein starker Wind in die falsche Richtung weht.
Es gibt keine Anzeichen, dass dem Vulkan eine deutlich größere Eruption bevorstehen würde, als man sie aus den letzten 1500 Jahren kennt. Magmakammern brauchen einige Zeit um sich nach einem Ausbruch wieder zu füllen und der letzte große Ausbruch ist erst 101 Jahre her. Bevor es zu einem um Größenordungen stärkeren Ausbruch kommen könnte, bräuchte es mehr Zeit, damit sich Magma in der Kammer sammeln kann. Das wird aber erst passieren können, wenn der ständig wachsende Kegel auf der Kammer mehr Druck ausübt. Irgendwann in den nächsten Jahrtausenden oder Jahrzehntausenden wird das passieren. Aber vorerst nicht.
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