Als alternative Erklärung würde ich, obwohl es mir eines Professorentitels und somit wohl der nötigen Authorität ermangelt, einmal folgende gänzlich unwichtigen Stücke aus der chinesischen Geschichte zu Protokoll geben:
Im 11. Jahrhundert war die Blüte der Song Dynastie, die oft als Protoindustriell oder ähnliches beschrieben wird. Man erfand Dinge wie den Kompass, das Schießpulver und Papiergeld. Wenn man sich mit Chinesen unterhält, wird man aber keine größeren Lobgesänge auf diese Dynastie hören. Denn sie war politisch schwach.
Anfang des 12. Jahrhundert wurde die gesamte Nordhälfte Chinas bis zum Jangtze von den Jurchen erobert. Das taten sie, nachdem sie die Khitan der Liao Dynastie im Norden Chinas erobert hatten und sie unterwarfen. Die Khitan waren ein halbnomadisch Volk das in der heutigen Manchurei lebte und einen eigenen Staat aufbauten. Verstärkt durch die unterworfenen Khitan setzten die Jurchen ihren Eroberungszug immer weiter nach Süden bis zum Jiangtze fort. Alles nördlich davon war nun für ein Jahrhundert das Reich der Jin, die Chinesen im Süden gingen als die südlichen Song in die Geschichte ein. Die Jin übernahmen zwar die Herrschaftsstrukturen der Song, aber die Bevölkerung sahen sie nur als Quelle für ihren eigenen Reichtum. Die Jin waren noch schwächer als die Song und die Bevölkerung fühlte sich ihnen sowenig verpflichtet, wie sich die Jin der Bevölkerung verpflichtet fühlten.
Anfang des 13. Jahrhunderts ermöglichte das Machtvakuum schließlich den Aufstieg der Mongolen. Die eroberten fast ganz Asien, inklusive China – aber nicht Europa. Die Mongolen waren weder sonderlich fortschrittlich noch ausgezeichnete Menschenfreunde. Sie waren Massenmörder und kümmerten sich herzlich wenig um die Bevölkerung. Aber sie verbreiteten außer Angst und Schrecken auch die Militärtechnik der Chinesen über ganz Asien – und die kam dann auch nach Europa.
Könnte es sein, dass das ausbleiben einer hundertjährigen Herrschaft brandschatzender Massenmörder das eine oder andere zum Aufholen des Rückstandes der Europäer beigetragen haben könnte? Könnte es sein, dass das einen größeren Einfluss als die christliche Hinwendung zum Jenseits gehabt haben könnte? Ist nur eine Vermutung.
Nach dem Sturz der Mongolen (die “Yuan Dynastie”) regierten die Chinesen sich wieder selbst unter der Ming Dynastie. Die musste sich am Anfang des 15. Jahrhundert aber schon wieder Angriffen der Mongolen unter Timur, “Tamerlane” oder Timur dem Lahmen erwehren. Einer der vielen direkten Nachfahren von Temujin aka Dschingis Khan.
Die Herrschaft der Ming endete in Bauernkriegen im 17. Jahrhundert. Als der Kaiserpalast in Beijing von den Bauern umstellt war, rief man die Manchu zur Hilfe. Die kamen zu spät, der Kaiser wurde von den Bauern getötet. Einer von ihnen übernahm den Thron für keine zwei Wochen und wurde dann von den Manchus ermordert. Die überrannten dann brandschatzend und mordend ganz China. Die Zahl der Toten wird in den zweistelligen Millionenbereich (vielleicht 30mio) geschätzt. Sie regierten China rücksichtslos unter dem Namen der Qing Dynastie.
Auch das könnte ein oder zwei Dinge damit zu tun gehabt haben, dass China im 19. Jahrhundert rückständig war. Aber auch dafür haben die 3 Stunden in der Dokumentation wohl nicht gereicht, da sind die wirren Theorien eines Psychoanalytikers sicher sehr viel wertvoller.
Angekommen im 19. Jahrhundert spricht man – wie in Europa immer üblich – natürlich vom Opiumkrieg und natürlich nicht von der Taiping Rebellion. Dabei sprach selbst Mao immer wieder von dieser Rebellion als Vorbild!
Und über Mao spricht man fast die ganze Zeit. Denn das ist fast die einzige Geschichte, die man mit der Geschichte von China meint. Ja sicher, es wird auch die Revolution und Sun Yat-Sen gesprochen. Falls die beiläufige Kleinigkeit der brutalen Erorberung durch die Japaner und die Gründung des Marionettenstaats Manchukou irgendwann in den 3 Stunden ernsthaft zur Sprache gekommen sein sollte, dann hat sie keinen Eindruck in meinem Gedächtnis hinterlassen.
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