Die Meerwasserentsalzung gehört zu den Technologien, über die praktisch grundsätzlich in negativen Adjektiven gesprochen wird. Man spricht von riesigen Energiemengen, sagt nichts über die verwendete Technologie und liefert praktisch keine konkreten Zahlen und Einordnungen.
Dabei hat sich in dem Bereich allein seit der Jahrtausendwende sehr viel getan. Eine Studie zur Meerwasserentsalzung aus dem Jahr 2002 sprach noch von etwa 10kWh pro Kubikmeter Wasser, inklusiver aller Aufbereitungsschritte bis zur Lieferung. In San Diego wird dieses Jahr eine Entsalzungsanlage in Betrieb gehen, die einen Verbrauch von 3,6kWh/m³ hat. Wobei inzwischen noch bessere Techniken entwickelt wurden, die für die reine Entsalzung 1,6-2,3 kWh/m³ brauchen. (Dazu kommt dort aber noch etwa 1kWh für die Aufbereitung und den Transport.)
Ist das viel?
Der Trinkwasserverbrauch in Deutschland liegt statistisch bei etwa 150 Liter pro Tag pro Person (ca. 120l von Haushalten und Kleingewerben, der Rest von der Industrie und sonstigem). Der Rest ist eine einfach Sache der Multiplikation. 0,15 Kubikmeter an 365 Tagen sind im Jahr etwa 55 Kubikmeter Wasser pro Person oder 197 kWh pro Jahr.
Der Stromverbrauch in Deutschland (etwa 600TWh) beträgt etwa 7500kWh pro Person pro Jahr. Selbst wenn wir in Deutschland alles Trinkwasser für über 80Mio Menschen durch Meerwasserentsalzung bereit stellen müssten, würde der Stormverbrauch nur um etwa 2% steigen. Denn die bisherige Wasserversorgung hat auch einen gewissen Energiebedarf. Zumindest in Schleswig-Holstein liegt er bei etwa 0,6 kWh/m³. Bei der Abwasserentsorgung kommt noch einmal eine ähnlich große Menge dazu, die aber auch mit Entsalzung unvermeidbar wäre.
Das alles entspricht nicht ganz dem Leumund der Entsalzung. Aber der ist auch vor langer Zeit entstanden. Erst moderne Technologie hat den Energieverbrauch eines solchen Vorhaben beinahe ins triviale sinken lassen.
Man sollte allerdings auch anmerken, dass der Wasserverbrauch in Deutschland für ein entwickeltes Land enorm niedrig ist. In anderen Ländern fiele die Bilanz deshalb wohl schlechter aus. Im Durchschnitt der USA liegt der pro-Kopf-Verbrauch in Haushalten zwischen etwa 300 und 400 Litern Wasser pro Tag. In Ostdeutschland liegt der Verbrauch dagegen unter 100 Liter, nochmal über 20% weniger als im Westen.
Und Landwirtschaft?
Gerade in trockenen Ländern wird viel Wasser für die Bewässerung in der Landwirtschaft eingesetzt. Wenn man nicht von importierten Lebensmitteln abhängig sein will, dann muss man sie selbst erzeugen. Das könnte man natürlich auch mit entsalztem Wasser tun. Fragt sich, wie realistisch das ist.
Ich habe einmal ein paar Zahlen heraus gesucht, um ein Gefühl für die Mengen zu bekommen. In den USA werden bewässerte Felder im Schnitt mit etwa 700mm Wasser pro Jahr bewässert. Da besteht aber noch viel Optimierungspotential. Nicht einmal 7% dieser Fläche wird durch Tröpfchenbewässerung bewässert. Beim Rest kommen entweder Sprinkler zum Einsatz oder die Felder werden überflutet. Darunter auch einige gut subventionierte Reisfelder.
Wenn wir wieder von 3,5kWh/m³ ausgehen, dann läge der Stromverbrauch bei etwa 25 TWh pro Million Hektar. Deutschland hat 12mio Hektar Ackerland, eine solche Fläche mit entsalztem Meerwasser zu bewässern bräuchte dann mit 300TWh. Das ist soviel wie die Hälfte der deutschen Stromversorgung.
Aber wie gesagt, Optimierungspotential ist reichlich vorhanden. Einmal bei der Bewässerung selbst und natürlich auch bei der Entsalzung. Bei letzterer sollte man aber keine Wunder mehr erwarten. Es gibt bei der Entsalzung eine physikalische Grenze die bei etwa 0,7 kWh/m³. Soviel Energie braucht man, um die Salzionen aus dem Wasser zu befreien.
In San Diego fallen von den 3,5 kWh/m³ etwa 2,5kWh/m³ für die reine Entsalzung an. Die beste verfügbare Technik kommt auf 1,6kWh/m³ und die theoretische Grenze wird man wohl nie erreichen. Eine weitere Energieeinsparung bis auf vielleicht 2kWh/m³ für den ganzen Prozess dürfte wohl schon das Non Plus Ultra sein. Aber das würde schon reichen um den Prozess aus der Utopie heraus zu holen.
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