Vor einigen Jahren habe ich mich hingesetzt und angefangen einige Werke der alten Philosophen zu lesen. Durchweg in englischen Übersetzungen, denn die sind im Internet kostenlos erhältlich. Darunter war auch Aristoteles “Politik”. Nichts hat mich an diesem Buch so sehr beeindruckt, wie eines der Kapitel am Anfang.
Im Kapitel 4 findet man folgende Passage:
“Thus property is as an instrument to living; an estate is a multitude of instruments; so a slave is an animated instrument, but every one that can minister of himself is more valuable than any other instrument; for if every instrument, at command, or from a preconception of its master’s will, could accomplish its work (as the story goes of the statues of Daedalus; or what the poet tells us of the tripods of Vulcan, “that they moved of their own accord into the assembly of the gods “), the shuttle would then weave, and the lyre play of itself; nor would the architect want servants, or the master slaves.”
Ja, viel menschenverachtender geht es kaum. Sklaven sind belebte Instrumente, wenn auch wertvollere Instrument als alle anderen. Der ganze Anfang des Buchs ist auch nichts anderes als eine Rechtfertigung der Gesellschaftsordnung und der Sklavenhaltung. Aber eines halte ich Aristoteles zu gute: Er hat einen möglichen Ausweg genannt. Keine Frage, der Ausweg war utopisch. Man kann sich fast bildlich vorstellen, wie er ihn mit einem leicht höhnischen Gelächter angebracht hat. Aber immerhin, er war sich im klaren, wozu die Sklavenhaltung dient und wann sie ausgedient haben würde.
Wenn jedes Werkzeug auf Kommando oder aus der Antizipierung des Willen seines Meistern heraus seine Arbeit tun könnte, wie die Statuen des Daedalus oder Dreifüße des Vulcan, dann würde das Schiffchen selbst weben und die Leier selbst spielen. Kein Bauherr bräuchte mehr Diener und kein Meister mehr einen Sklaven.
Sicher, von den Statuen des Daedalus sind wir noch etwas entfernt. Aber die Entwicklung von Maschinen die dem Menschen die Arbeit abnehmen können, kommt der Sache doch schon sehr nahe. Eine Leier die selbst spielt hätte man sicher längst bauen können, aber der Musikgeschmack hat sich in den 2000 Jahren verändert. Automatische Glockenspiele gab es jedenfalls schon im 16. Jahrhundert. Das Schiffchen das selber webt, der mechanische Webstuhl, ist eine Erfindung des 18./19. Jahrhunderts. Genau das ist aber auch die Zeit, in der die Sklaverei immer mehr abgeschafft wurde.
Das ist kein Zufall. Natürlich ist die Einführung neuer Maschinen mit gesellschaftlichen Problemen verbunden. Wenn man den Rest des Buchs liest, findet man die Beschreibung einer Politie, die in bemerkenswerter Weise unserer aktuellen Regierungsform entspricht. Die scheinbare Unvermeidbarkeit der Sklavenhaltung, oder zumindest der Ausnutzung der menschlichen Arbeitskraft, ist tief in unserer Gesellschaft verwurzelt. Natürlich führt das zu krassen Widersprüchen und ernsthaften Problemen. Aber der Grund dafür sind nicht die Maschinen. Der Grund dafür ist, dass wir uns erst noch tiefer mit dieser schönen neuen Welt auseinandersetzen müssen.
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