Der Erfolg einer Technologie hängt nicht immer nur von den Eigenschaften der Technik selbst ab. Man sollte glauben, dass der Buchdruck sich überall wo er aufkommt sofort verbreitet. In Europa war es so, in China auch, sogar noch viel früher. Aber der Buchdruck wurde unabhängig von beiden auch in der arabischen Welt erfunden.
Es gibt gedruckte arabische Texte, die wahrscheinlich aus dem 9. oder 10. Jahrhundert stammen. Zur Orientierung: Der Prophet Mohammed starb um 630, im 7. Jahrhundert. Gedruckt wurden die Texte auf Papier. Das Papier war keine arabische Erfindung, sondern eine Chinesische, das Druckverfahren war aber definitiv neu. Wahrscheinlich schrieb man die Texte in weichen Lehm und härtete ihn. Man ließ ihn in der Sonne oder im Ofen trocknen. Das Resultat war eine Tontafel mit leicht eingedrückter Schrift.
Das hätte nicht zum Drucken getaugt, allein schon weil die Schrift gespiegelt wäre. Beim Holzblockdruck hätte man es so gemacht, die Chinesen haben dazu Schrift auf dünnes Papier geschrieben und mit der Schriftseite das Holz gedrückt, so dass man die (nun gespiegelte) Schrift noch durchsehen konnte. Ok, das hat man nicht gemacht. Was hat man gemacht? Man hat Zinn genommen und entweder geschmolzen und über die Platte gegossen, oder ein Blech genommen mit einem Hammer in die Vertiefungen der Schrift gehämmert. Die erhöhten Flächen wurden dann mit Tinte bestrichen und die auf das Papier gebracht.
Stellt sich die Frage, wieso diese Technik verschwunden ist. Die letzten Exemplare gedruckter Schrift tauchten im 13./14. Jahrhundert auf, danach nur noch handschriftliche Dokumente. Erst als Napoleon sich in den Kopf setzte Ägypten zu erobern, gelangte der Buchdruck wieder zurück in die arabische Welt. 1798 wurde die erste Druckpresse dorthin gebracht und endlich auch richtige Bücher gedruckt.
Hier ist wohl der wahrscheinliche Grund für das Verschwinden des Drucks zu suchen. Die meisten bekannten gedruckten Dokumente fand man in Amuletten. Es waren keine Bücher. Es gab keinen “Gutenberg-Koran” der für alle Menschen gedruckt wurde. Es waren kleine Papierstücke auf denen koranische Verse standen und zusammengerollt in ein Amulett gesteckt wurden. Die Schrift war winzig, mit Buchstaben die nur etwa 2mm groß waren. Sie sollten Glück bringen und Gefahren abwehren. Das hätten sie natürlich nur tun können, wenn sie wirklich von einem Priester geschrieben und geweiht worden wären. (Wir wissen ja alle, wie solche Wunder funktionieren!)
Die gedruckten Papiere waren billig in Massenproduktion hergestellte Fälschungen und verkauft wurden sie an Analphabeten. Wahrlich kein guter Start, egal wie innovativ die Technologie ist. Es gab wohl auch einige andere Anwendungen dafür. Zumindest ein bekanntes Exemplar sieht aus, als könnte es eine Buchseite gewesen sein. Aber die Technik hat sich nie verbreitet. Die Qualität der Drucke stand handgeschriebenen Exemplaren auch um einiges nach. Allein wohl schon deswegen, weil sie zwar von professionellen Schlitzohren, aber nicht von professionellen Druckern hergestellt wurden. Im 14. Jahrhundert verschwand sie schließlich komplett, möglicherweise durch Änderungen im islamischen Glauben, der die Herstellung solcher Amulette ziemilch unmöglich machte.
Und das war es dann. Eine nützliche Technologie hatte einen schlechten Start und traf auf eine Gesellschaft, die ihr Potential nicht erkannte. Zum Glück gab es andere Länder, in denen sie weiter verfolgt und entwickelt wurde.
Wer mehr dazu lesen will, kann dazu ein Paper von Richard Bulliet lesen und Bilder der ersten gedruckten Bücher aus dem 19. Jahrhundert findet man hier.
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