Es ist wohl verständlich, dass Wells den Imperialismus im Jahr 1922 mit einiger Distanz betrachtet. Es sei nicht verschwiegen, dass die damals gängige Rassenlehre auch in diesem Buch vorkommt, wenn auch fast nie explizit rassistisch im Sinn einer Rangordung, sondern eher als Merkmal. Wenn er schon sonst nichts als nur den Namen eines Volkes nennen kann, dann sagt er wenigstens noch, welche Hautfarbe sie haben.
An manchen Stellen fehlte auch schlicht das Wissen. Die Mayaschrift wurde noch nicht entziffert und so mit den Kritzeleien von Leuten in einer Irrenanstalt verglichen. Aber selbstverständlich wird damit auch der gesamte Charakter dieser Menschen herabgewürdigt. Auch ein weitgehend abgeklärter Mensch wie HG Wells war vor derartigem nicht frei. An vielen Stellen wird der kulturelle Entwicklungsstand mit den geistigen Fähigkeiten von Menschen gleichgesetzt.
Und trotzdem ist mir beim Lesen dieses Buchs etwas an mir aufgefallen. Man kann das gesamte Buch anhand seiner schlechtesten Stellen kritisieren und zerreissen. Man kann Wells als Rassisten und naiven Dummkopf darstellen. Aber am Ende stellt man sich selbst damit nur genauso über die Menschen der damaligen Zeit, wie es Wells mit den Menschen noch früherer Zeit an einigen Stellen getan hat.
Wir sind alle Gefangene unserer Zeit. Spätere Generationen werden über uns urteilen. Sie werden an Stellen Kritik ansetzen, die uns wie das natürlichste der Welt vorkommen. Am Ende bleibt statt eines ewigen “die waren doch alle soooo doooof” nur die Erkenntnis, dass Unvollkommenheit zum Zustand des Menschseins gehört.
Den Abschluss des Buchs bildet die unvermeidliche Erzählung über das, was wir heute den ersten Weltkrieg nennen. Er verweigert sich im Jahr 1922 jeder Schuldzuschreibung und sagt, dass es in der gegebenen Situation unvermeidlich früher oder später zu einem Krieg kommen musste. Er schrieb auch, dass es in 20 oder 30 Jahren zu einem weiteren, noch zerstörerischeren Krieg kommen würde, wenn sich (wie bis dahin) nichts an den grundlegenden Strukturen ändern würde. Er war mit dieser Einschätzung auch nicht allein.
Im Jahr 1933 schrieb Wells einen Roman der drei Jahre später auch verfilmt wurde. “Things to come” beschreibt nichts anderes als einen möglichen zweiten Weltkrieg. Man kann ihn auch auf Youtube sehen:
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