Es wird oft gesagt, dass Wasser auf dem Mars nicht flüssig sein kann. Und wenn man sich die Bedingungen anschaut, sieht es auch so aus. Die Temperaturen sind meistens eisig kalt und der Luftdruck ist extrem niedrig. Tatsächlich benutzt man für den Mars als Nullpunkt anstelle des Meeresspiegels den Punkt, an dem der Luftdruck der dünnen Marsatmosphäre auf Höhe des Tripelpunkts von Wasser liegt. Nur bei höherem Druck kann Wasser flüssig sein.
Nur die Gebiete die hier grün oder blau markiert sind, liegen unter diesem Punkt. (Extrem hoch aufgelöste Karte hier.)
Soweit so gut, aber das lässt einen ganz wesentlichen Teil der Geschichte aus: Das gilt nur für reines, destilliertes Wasser. Der Mars ist aber Trocken und genauso wie in den Wüsten auf der Erde, ist alles Wasser extrem salzig. Der Salzgehalt senkt nicht nur Gefrierpunkt (und erhöht den Siedepunk), er senkt auch den Dampfdruck des Wassers. Das heißt nichts anderes, als dass sehr salziges Wasser auch bei noch niedrigerem Druck flüssig sein kann. Und genau solches Wasser hat man ja auch gefunden.
Nach dem Raoultschen Gesetz sinkt der Dampfdruck von Wasser mit Salz schlicht mit dem Anteil der Teilchen im Wasser, die nicht verdampfen können. Wenn also ein jedes zehnte Teilchen im Wasser kein H2O mehr ist, dann sinkt der Dampfdruck um ein Zehntel. Bei der kürzlich veröffentlichten Entdeckung von flüssigem Wasser auf der Marsoberfläche fand man spektroskopisch Spuren, die wahrscheinlich von gelöstem Magnesiumchlorat, Magnesiumperchlorat und Natriumchlorat stammen. Die können Anteile von etwa 50-100g Salz pro 100g Wasser erreichen – allerdings sind die Chlorat- und Perchlorationen recht schwer, so dass der Anteil der Teilchen (der Stoffmengen) deutlich kleiner ist. Der Dampfdruck dürfte trotzdem noch um etwa 15% sinken.
Wegen der 62% geringeren Schwerkraft auf dem Mars sinkt aber auch der Luftdruck mit der Höhe weniger stark. Anstatt alle etwa 5,5km wie auf der Erde, halbiert sich der Luftdruck auf dem Mars nur alle etwa 12km. Die 15% machen damit gleich einige km Höhe aus.
Dazu kommt noch, dass der Luftdruck auf dem Mars variiert. Am Sonnennächsten Punkt der Marsumlaufbahn, Ende Herbst der nördlichen Halbkugel, ist der Luftdruck etwa 30% höher als am sonnenfernsten Punkt. Die Karte zeigt aber nur den Durchschnitt. Je nach Jahreszeit kann das salzige Wasser also sogar in den roten, oder gar den braunen Bereichen der Karte gerade so noch flüssig sein. Das allein bringt aber nichts.
Man braucht auch einen gewissen Temperaturbereich, in dem das Wasser flüssig sein kann. Denn es nützt überhaupt nichts, wenn der Druck nur gerade so ausreicht um Wasser in einem Bereich von einem zehntel Kelvin gerade noch flüssig sein zu lassen. So dürfte es in den tiefer gelegenen Bereichen des Mars immerhin ein Temperaturbereich von einigen Grad sein, in dem das Wasser auch tatsächlich flüssig bleibt und fließen kann.
Die Frage ob es flüssiges Wasser auf dem Mars gibt, ist damit so ähnlich wie die Frage, wo auf der Erde Schnee fallen kann. Es kann passieren. Aber es ist vor allem eine Frage des Standortes und der Jahrzeit. Oder für flüssiges Wasser auf dem Mars: Höhe des Standortes, der Art und Menge gelöster Salze und des Luftdrucks zur jeweiligen Jahreszeit. Es ist eben relativ knapp möglich und genau das macht die Frage deutlich komplizierter als ein einfaches Ja oder Nein.
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