Wenn ein Spiel so alt ist wie das chinesische Spiel Weichi, das international besser unter dem japanischen Namen Go bekannt ist, sollte man meinen, dass sich in der Art des Spielens nicht mehr viel ändert. Es stammt aus China und die Geschichte des Spiels geht Jahrtausende zurück, bis weit vor unsere Zeitrechnung.
Und heute erschien ein Video in meiner Youtube Aboliste, das sich mit der historischen Entwicklung der Eröffnungsstrategie (Fuseki) dieses Spiels beschäftigt. Für jeden Go Spieler ist es mit Sicherheit sehr interessant zu anzusehen:
Damit auch alle anderen etwas davon haben, werde ich natürlich nicht so sehr ins Detail gehen. :) Aber die Geschichte ist wirklich interessant und ich werde versuchen, sie zu umreißen und ein paar Hintergründe zu zeigen. Denn die Entwicklung fand nicht im luftleeren Raum statt, sondern in Japan und sie ist eng mit der japanischen Geschichte verknüpft. Aber zunächst kommen wir um ein paar Grundlagen nicht umhin.
Auf den Kreuzungspunkten von 19×19 Linien werden schwarze und weiße Steine gespielt und beide Spieler versuchen möglichst viel des Bretts zu umstellen. Mit der Schwierigkeit, dass Steingruppen gefangen werden können, wenn sie selbst komplett umstellt sind und an keine freien Felder mehr angrenzen. Ein paar kleine Änderungen gab es bei den Regeln. Vor etwa 600 Jahren fing man an, ein Spiel mit einem leeren Brett zu beginnen. Davor begann jedes Spiel mit zwei schwarzen und zwei weißen Steinen auf dem Brett, auf den markierten “Sternpunkten” (Hoshi).
Für heutige Spieler ist es keine Frage, dass so eine Vorgabe einen großen Einfluss auf das ganze folgende Spiel hat. Die Steine standen diagonal gegenüber. Kein Spieler konnte sich gute Hoffnungen machen, dass er eine ganze Seite für sich in Anspruch nehmen konnte. Gleichzeitig reicht ein Stein auf dem 4-4 Punkt nicht aus um ohne weitere Steine die Ecke in Besitz zu nehmen, aber er reicht aus um einen Anspruch zu markieren. Sieh her, das ist meine Ecke!
Aus so einem Start folgt fast immer in kämpferisches Spiel, in dem die Ränder des Spielfeldes mit wenigen Steinen abschnittsweise beansprucht werden. Danach fangen die Spieler an mit allen Mitteln zu versuchen, diesen Anspruch zu verteidigen oder zu zeigen, dass es der andere Spieler übertrieben hat.
Man kann so ein Spiel dann etwas abschätzig auch als ein einzige großes Gehacke bezeichnen. Aus den Aufzeichnungen früher Spiele wissen wir, dass die Spieler keine erkennbare Strategie verfolgten, die das ganze Brett einbezogen hätte. Stattdessen bestand das Spiel aus vielen kleinen Scharmützeln an verschiedenen Stellen des Brettes und am Ende gewinnt, wer die meisten davon für sich entschieden hat.
Dabei ist so ein Vorgehen, trotz der Steine auf dem Brett, nicht unvermeidlich. Man könnte trotzdem noch eine globale Strategie für das ganze Brett entwickeln. Aber wegen der Anfangssituation bringen solche Strategien keinen sehr großen Vorteil. Man sollte das nicht falsch verstehen. Mit einer modernen Eröffnungsstrategie könnte ein guter Spieler heute einen sehr großen Vorteil gegenüber den damaligen Spielern heraus holen. Aber es ist nicht so, dass diese modernen Strategien von einem Tag auf den anderen entstanden. Die ersten Ansätze von Eröffungsstrategien für das ganze Brett waren primitiv und hätten keinem Spieler einen großen Vorteil bringen können.
Das änderte sich in Japan im 14. Jahrhundert. Die Japaner hatten das Spiel aus China übernommen. Aber zu dieser Zeit fing man dort an, auf einem gänzlich leeren Brett zu spielen. Jedem Spieler stand es frei die ersten Steine zu setzen und es begann auch nicht mehr der Spieler mit den weißen Steinen, sondern der mit den schwarzen. Es war ein Bruch mit den alten Traditionen. Dieser Bruch ging so weit, dass man am Anfang praktisch gar nicht mehr auf die markierten Sternpunkte spielte. Nur in Lehrspielen stellte man als Handicap für den stärkeren Spieler schwarze Steine auf die Sternpunkte, was man auch heute noch so macht. Und nur in solchen Spielen darf der Spieler mit den weißen Steinen zuerst spielen, weil schon so genug schwarze Steine auf dem Brett sind.
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