Der geostationäre Orbit selbst ist hauptsächlich mit aktiven Satelliten bevölkert, die dort wie auf einer Perlenschnur entlang des Äquators aufgereiht sind. Damit das so bleibt, müssen Satelliten ständig Korrekturmanöver fliegen. Denn die Gravitation von Mond und Sonne zieht sie langsam in eine Bahn mit höherer Inklination, also einen Winkel zum Äquator. Wenn ein Satellit ausfällt, dann driftet er in eine Bahn, die den GSO nur noch in zwei Punkten schneidet. Bevor einem Satelliten der Treibstoff für die Manöver ausgeht, wird der restliche Treibstoff benutzt um ihn in einen höheren Orbit bringen. Das geht natürlich nicht, wenn der Satellit defekt ist und ausfällt.
Neben dem GSO gibt es auch noch die Sonnensynchronen Orbits der Erdbeoachtungs- und Spionagesatelliten, genauso wie eine Reihe Kommunikationssatelliten wie die Iridium Konstellation. Eben alle Satelliten, die näher an der Erde dran sein müssen, aber trotzdem regelmäßig die gleichen Stellen auf der Erde überfliegen sollen. Diese Orbits befinden sich teilweise komplett überhalb der 600km Grenze und dort findet man auch die höchste Dichte von Trümmerstücken. “Trümmer” ist dabei durchaus wörtlich zu nehmen. Denn in knapp 800km Höhe befand sich ein chinesischer Satellit, der 2007 als Demonstrationsobjekt im Orbit abgeschossen wurde. Außerdem stießen dort 2009 die Satelliten Iridium 33 und Cosmos 2251 zusammen. Das war eine indirekte Folge des Abschusses von 2007. Wegen der vielen Trümmer wurde auf Annäherungswarnungen verzichtet – es waren zu viel. (Nein, so richtig vernünftig war das nicht). So wurde die Annäherung von Cosmos 2251 und Iridium 33 nicht gesehen und nicht gemeldet.
In rund 800km Höhe gibt es deswegen nun bis zu 50 Teile über 10cm pro Milliarde Kubikkilometer. Allerdings sind diese Teile ständig in Bewegung, weshalb die Kollisionsgefahr erheblich größer ist, als diese Zahl vermuten lässt. Zumal zu jedem Stück dieser Größe noch etwa 25mal so viele Teile über 1cm Größe kommen. Andererseits sollte es auch klar machen, dass sich eine Rakete auf dem Weg in den Weltraum nicht durch eine Trümmerwolke bewegt. Noch stellt die Zahl dieser Trümmer keine Gefährdung der Raumfahrt als ganzes dar. Kollisionen sind selten und durch die Katalogisierung können gefährliche Objekte durch Ausweichmanöver umflogen werden, besonders seitdem wieder vor Annäherungen gewarnt wird. Aber die Gefahr wächst mit jedem neuen Stück, weshalb es immer mehr Maßnahmen zur Reduzierung der möglichen Trümmerstücke gibt.
Ein großer Teil der Trümmerstücke sind dabei Altlasten aus der Hochphase der Raumfahrt, dem kalten Krieg. Die Startraten sanken von über 120 Starts pro Jahr bis auf ein Tief von nur noch 60 Starts in den frühen 2000er Jahren. Im letzten Jahr waren es aber wieder 91 Starts und weitere Steigerungen sind zu erwarten.
Es steigt aber nicht nur die Zahl der Raketenstarts pro Jahr, sondern auch die Zahl der Satelliten. Besonders Cubesats erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Die meisten Cubesats haben aber keine Triebwerke und sind komplett darauf angewiesen, irgendwann durch den Luftwiderstand abgebremst zu werden. Zuletzt hielten sich etwa 80% der Cubesats an die 25-Jahre-Grenze. Zur Zeit sind das nur einzelne Verstöße, aber das Wachstum ist schnell. Letztes Jahr wurden 275 Cubesats gestartet. 2013 war es noch 170, im Jahr davor nur 80. Die Zahl wird dieses Jahr wegen der Ausfälle der Antares und Falcon 9 Rakete niedriger sein. Aber die Beliebtheit der standardisierten 10-30cm großen Satelliten flaut keineswegs ab. Die Verstöße kommen vor allem dadurch zustande, dass Satelliten nicht auf eigenen Missionen geschickt werden, sondern Huckepack bei anderen Missionen mitfliegen. In Zukunft muss die Branche auf viel strengere Einhaltung der Regeln achten. Das kann durch bessere Wahl der Umlaufbahnen passieren. Die neue Klasse der kleinen Raketen von Firefly und Rocketlabs könnte da Abhilfe schaffen, genauso wie die aktuellen Entwicklungen von Triebwerken für Cubesats und “Segeln” die den Reibungswiderstand an der dünnen Atmosphäre erhöhen.
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