Wenn in einem Land etwas verboten wird, dann hat das meistens Konsequenzen für die Wirtschaft. Auch wenn sie nicht immer gleich offensichtlich sind. Als der Alkohol in den USA verboten wurde (außer als Medizin und Messwein) führte das nicht zum Aufstieg von Al Capone, sondern auch zur Chevrolet Corvette. Die wäre als Fluchtwagen für die Mafiosi sicherlich ideal gewesen, aber das war nicht der Grund für die Entwicklung.
Trotz des sprunghaften Anstiegs gewisser ärztlich verordneter Rezepte, und deutlich intensivierter katholischer Feiern, brach der Verkauf von Flaschen mit alkoholischen Getränken deutlich ein. Das führte nicht nur einer berühmt mittelmäßigen Qualität amerikanischer Alkoholika in den Jahrzehnten nach der Prohibition, sondern auch zu einem ernsthaften Absatzproblem für Glasflaschen und Glas. Dazu kam dann noch die Weltwirtschaftskrise.
Das ist Pech, wenn man ein Glashersteller ist. Die waren nun auf der Suche nach neuen Verwendungsmöglichkeiten für Glas. Schon länger bekannt waren Glasfasern, aber am Anfang der 30er Jahren waren sie nicht sehr nützlich. An Nachrichtenübertragung mit Lichtleitkabeln war mit der damaligen Technik noch längst nicht zu denken und für andere Anwendungen waren sie meistens viel zu grob. Feinere Fasern hat man erst zu dieser Zeit durch Zufall produziert. Es gibt nun verschiedene Geschichten, wie es dazu kam. In jedem Fall kam geschmolzenes Glas mit einem starken Strahl aus Druckluft zusammen, was dann zu dünnen, kurzen Glasfasern führte. Diese Glasfasern hat man als Ersatz für Baumwolle in Luftfiltern benutzt, aber für mehr waren sie noch zu kurz.
Etwas besser war da das Abfallprodukt eines Versuchs, zwei Hälften eines Glasbausteins zusammen zu schweißen. Von diesen Bausteinen (die es inzwischen auch zu kaufen gibt), versprach man sich neue Absatzmärkte. Aber damit ist die Firma auch nicht größer geworden. Das geschah erst, nachdem ein Student der bei der Owens-Illinois Glass Company versuchte, die beiden Hälften von so einem Baustein mit geschmolzenem Glas zu besprühen und so einfacher zusammen zu kleben. Das klappte nicht. Anstatt eines Glassprays bekam er lange, dünne Glasfasern. Dieses “Fiberglas” war schon deutlich nützlicher, zum Beispiel als Glaswolle zur Isolierung von Gebäuden und anderem.
Noch viel besser wird es, wenn dieses Fiberglas mit Polymerharzen kombiniert wird. Die Polymere können die Fasern zusammenhalten, während die Fasern dem Polymer gleichzeitig eine größere Zugfestigkeit geben. Das Resultat sind Glasfaserverbundwerkstoffe. Die wurden nun als Kunststoff in allen möglichen Dingen verbaut. Erst in Booten, dann in Flugzeugen und schließlich auch in Autos. Sie konnten das Gewicht der Karosserien, im Vergleich zu Stahl, auf ein Drittel senken.
Mit den laschen Sicherheitsvorschriften der damaligen Zeit konnten Autos nun extrem leicht gebaut werden. Knautschzonen waren unbekannt und die Allzeithochs der Verkehrstoten in den 70er Jahren lagen auch noch Jahrzehnte in der Zukunft. Bis dahin erschien es als gute Idee, die Karosserien einfach so leicht wie möglich zu bauen. Aber im Vergleich zu den Risiken im Kriegseinsatz, den die Menschen noch im Gedächtnis hatten, gehörte das Fahren solcher Autos noch zu den weniger gefährlichen Dingen ihrer Zeit.
Während die ersten Autos mit Glasfaserkarosserie noch in den 40er Jahren gebaut wurden, war das zunächst noch ein relativ elitäres Hobby von Kit-Car Enthusiasten. Zu den ersten (nicht minder elitären) Autos in Serienproduktion aus Glasfaserverbundwerkstoff gehörte natürlich die Chevrolet Corvette, die zusammen mit einem leistungsfähigen Motor ihren Ruf als schnelles Auto begründete.
Wer mehr darüber lesen will, kann das zum Beispiel in dem Archiv hier oder diesem Artikel. Im nächsten Blogbeitrag geht es dann voraussichtlich um eine ganz andere Faser, an einem ganz anderen Ort, in einer anderen Funktion.
Kommentare (6)