Es ist keine neue Erkenntnis, aber man kann sie immer wieder verbreiten. Sobald man sich auch nur mit einem Thema etwas näher beschäftigt hat, weiß man, wie es um die Sachkunde der journalistischen Leitmedien steht. Eines dieser Themen sind Brennstoffzellenautos. Die stehen bekanntlich seit Jahrzehnten kurz vor dem Durchbruch und wenigstens genauso lang wird die Technologie nicht hinterfragt.
Nun veröffentlichte gestern eines jener deutschen Leitmedien, die Frankfurter Allgemeine Zeitung, einen Artikel über neues Brennstoffzellenauto von Honda (Honda Clarity). Damit waren sie nicht allein. Ganz ähnliche Artikel gab es international von Autoweek, Forbes Magazine, Bloomberg, The Telegraph und mehr technikorientierten Webseiten als man ernsthaft aufzählen könnte.
Die meisten dieser Publikationen, allen voran die FAZ, erwähnen dabei auch ein Projekt von Honda namens “Home Energy Station”. Eine Wasserstofftankstelle, mit der man in drei Minuten das Auto mit selbst erzeugtem Wasserstoff zu Hause auftanken kann. Eine total praktische Sache das. Auf der einen Seite kommen Wasser und Strom rein, auf der anderen kommt Wasserstoff raus. Der Strom kommt bekanntlich aus der Steckdose und die Scheuklappen verdecken den Rest.
Niemand schafft es nachzufragen, wieviel Strom dieser magische Kasten eigentlich verbraucht. Ich meine damit wirklich niemand. Ich habe ernsthafte Anstrengungen unternommen direkt an technische Daten zu kommen, aber nirgends wurde dieses – in meinen Augen – durchaus wichtige Detail erwähnt. Immerhin, der Autor des FAZ-Artikels beschwert sich darüber, dass es 2,5 Tage braucht, bis die 5kg Wasserstoff für eine Tankfüllung zusammengekommen sind. Das allein sollte schon nachdenklich stimmen. Denn auf der anderen Seite der Steckdose steht kein Hamsterrad.
Wenn diese Angabe irgendwo direkt steht, dann hat sie Honda zumindest so wirkungsvoll versteckt, dass ich sie nicht gefunden habe. Zum Glück kann man mit etwas Sachverstand immerhin grob abschätzen, wieviel Strom man wohl bräuchte.
1kg Wasserstoff hat einen oberen Heizwert von 142MJ, das entspricht knapp 40kWh. Um den 5kg Tank zu befüllen, wird man also wenigstens 200kWh brauchen. Zumindest wenn man einen magischen Elektrolysator hat, der mit 100% Effizienz arbeitet. Die Realität sieht anders aus. Die Elektrolysatoren für Honda werden von ITM-Power gebaut. Die machen Werbung mit Broschüren (“Fallstudien”). Darin finden sich alle möglichen Zahlen, aber keine die den Stromverbrauch oder die Effizienz angeben würden.
Man kann sich aber bei ITM die Daten der größeren Elektrolysatoren anschauen und daraus die Effizienz ableiten. Die erzeugen 2,5kg Wasserstoff in 24 Stunden mit einer konstanten Leistung von 6kW. Das entspricht einem Verbrauch von 144kWh, was einer Effizienz von 70% entspricht – ein typischer Wert für solche Anwendungen. Allerdings hat man dann Wasserstoff mit einem Druck von 15bar. Das Auto muss aber mit einem Druck von 700bar betankt werden. Zum Glück braucht man Wasserstoff nur höflich darum zu bitten, in den Tank zu hüpfen und braucht dafür keinerlei Kompressoren … naja, also eigentlich braucht man sie schon und das kostet noch mehr Energie.
Man kann also sehr optimistisch annehmen, dass man etwa 300kWh Strom braucht, um das Auto mit 200kWh Energie in Form von Wasserstoff zu betanken. Damit kommt das Auto dann etwa 480km weit (wahrscheinlich nach der etwas strengeren amerikanischen EPA Norm). Zum Vergleich, ein Tesla S kommt nach der EPA mit 85kWh auf eine Reichweite von knapp 430km.
Das “Auto der Zukunft” mit Brennstoffzelle verbraucht also über drei mal so viel Strom wie ein batteriebetriebenes Auto. Das braucht auch nicht zu überraschen. Denn kompakte Brennstoffzellen müssen ständig im Leistungsmaximum gefahren werden, wo die Effizienz auf rund 50% abfällt (teilweise noch darunter). Deswegen kommen von den (wahrscheinlich mehr als) 300kWh aus der Steckdose am Ende weniger als 100kWh am Elektromotor des Autos an. Ein Brennstoffzellenauto ist ein Energieverschwender vor dem Herren.
Nichts davon ist geheimes Wissen. Man müsste nur nachfragen. Es braucht wirklich nur die eine, ganz einfache, Frage: Wieviel Strom braucht das Ding? Selbst ohne technisches Verständnis müsste jeder Journalist einer Edelzeitung wie der FAZ oder Forbes Magazine darauf kommen, diese Frage zu stellen. Aber die Frage kommt nicht einmal auf. Vom hartnäckigen Nachfragen einmal ganz zu schweigen.
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