Die Geschichte von John Snow (mit h!) hatte am Ende des 19. Jahrhunderts noch ein Nachspiel. Der Mechanismus der Ansteckung von Krankheiten und Seuchen war noch immer umstritten. Aber eines wurde klar: Es wäre vielleicht ganz hilfreich, wenn man in den Städten nicht mehr auf die Straßen kackt. Das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für die immernoch überall präsenten Pferde.
Man sollte sich jetzt keine falsche Vorstellung machen. Wir reden nicht von modernen Kläranlagen. Wir reden von Kanalisationen, die Exkremente schnellstmöglich in den nächsten Fluss bringen, was an sich schon ein großer Fortschritt war. Aber Kläranlagen folgten nur wenige Jahrzehnte danach.
Zu der Entwicklung gibt es auch ein Video, das wohl den Abschluss der John Snow Reihe bildet.
Stellt sich noch die Frage, was so eine Kläranlage eigentlich tut. Das Prinizip ist nicht schwierig. Man bringt die Exkremente zusammen mit viel Wasser in ein Becken. Dann sorgt man dafür, dass das Wasser in dem Becken möglichst gut belüftet wird. Denn Exkremente bestehen aus Nährstoffen, die von Mikroorganismen als Nahrung benutzt werden können. Hauptsächlich Kohlenwasserstoffe – Fette, Eiweise, Kohlenhydrate.
Deswegen muss das ganze dann auch gut belüftet werden. Denn um solche Nährstoffe verwerten zu können, brauchen die Mikroorganismen Sauerstoff. Mit genug Sauerstoff und Zeit werden die Nährstoffe verbraucht. Leider nicht vollständig. Immerhin ist das wovon wir hier reden schon einmal verdaut worden. Die Energieträger, die Kohlenhydrate etc., fehlen zwar nicht vollständig, aber im Vergleich zu normaler Nahrung ist es sehr wenig.
Dafür hat man reichlich Nitrate und Phosphate. Das sind Stoffe aus denen jedes Lebewesen besteht und meistens sind sie äußerst knapp. Aber ohne einen Energieträger kann sie kein Lebewesen benutzen um zu wachsen oder sich fortzupflanzen.
Übrig bleibt Wasser voller Flocken aus Reststoffen. Ganz am Ende der Anlage müssen die sich absetzen und bilden dann den Klärschlamm, der dann getrocknet und abtransportiert wird. Am Ende des 19. Jahrhundert hätte man wohl auch genau das schon gemacht.
Aber in dem Wasser sind immernoch die Nitrate und Phosphate. Wenn die in ein Gewässer gelangen, sind sie Dünger. Sie führen zu einem Wachstum von Pflanzen – hauptsächlich Algen und sehr oft im Übermaß. Trotz jeder Rede von der Weisheit der Natur, nirgens wird klarer, dass die Natur ziemlich dumm ist. Algen sind Pflanzen, die Photosynthese betreiben. Aus CO2, Licht und Wasser erzeugen sie Sauerstoff und Kohlenhydrate. Der Sauerstoff kommt erst einmal dem Wasser zu gute und der Rest gelangt in die Atmosphäre. Und irgendwann sterben die Algen.
Was passiert mit Kohlenhydraten von toten Algen im Wasser in der freien Natur? Sie werden aufgefressen. Es gibt genug kleine und große Organismen, die sich darüber her machen. Aber genau wie in der Kläranlage brauchen sie Sauerstoff um die Kohlenhydrate zu verwerten und der geht alsbald aus. Anders als die Kläranlage sind viele Gewässer nicht belüftet.
Wäre die Natur jenes weise, allen Menschen überlegene, Etwas, dann würde sie einfach dafür sorgen, dass die Algen nicht so schnell wachsen und die Nährstoffe einfach noch eine Weile länger im Wasser bleiben oder sonstwie gespeichert werden. Aber das ist die Natur nicht, die ist dumm. Und so sorgt das massenhafte Wachstum von Organismen die Sauerstoff freisetzen zu einem Sauerstoffmangel in den betroffnen Gewässern.
Man musste also lernen damit umzugehen und eine solche Eutrophierung (das massenhafte Wachstum) zu verhindern. Dazu müssen die Nitrate und Phosphate im Klärschlamm vernichtet werden. Auch das geht. Beides sind Sauerstoffverbindungen und es gibt Bakterien die ihren Sauerstoff daraus beziehen können, diese Verbindungen aufzuspalten. Das geht natürlich nicht im normalen Becken, das gut belüftet ist. Und das ist der Grund, weshalb es nicht nur ein Becken in einer Kläranlage gibt. Es gibt noch ein weiteres Becken, das nicht belüftet ist, aber mit einem starken Propeller ausgestattet ist, um das Wasser mit dem Schlamm gut zu vermischen – damit die Bakterien immer wieder in Kontakt mit noch verbliebenen Nitraten kommen.
Die Phosphate werden dann entweder mit Eisenchlorid in eine unlösliche Form gebracht, die aus dem Wasser ausfällt, oder in einem weiteren Becken mit anderen Bakterienkulturen gespalten. Zum Schluss kommt das ganze dann in die großen, runden Absetzbecken die jeder kennt.
Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts mussten regelmäßig Arbeiter in diese Becken und den Schlamm heraus schaufeln. Danach wurde der Prozess automatisiert und ich bezweifle sehr, dass sich dabei jemand über den Verlust von Arbeitsplätzen beschwert hat.
Natürlich gibt es noch andere Möglichkeiten sich um Abwasser zu kümmern, aber das werde ich einmal an einem anderen Tag diskutieren.
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