Gegen Ende jedes Jahres verfolgt der Journalist John Brockman das gleiche Ritual. Er zückt sein gut gefülltes Adressbuch (dieser Tage wohl ein digitales) und schickt an Leute darin die gleiche Frage. Dieses Jahr lautete sie “What do you consider the most interesting recent (scientific) news? What makes it important?” Zurück kamen 194 Antworten von berühmten Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Gesellschaft, die man auf der dazu passenden Webseite (edge.org) durchlesen kann. Alternativ gibt es dazu auch jedes Jahr eine gedruckte Ausgabe (eine wirklich interessante Art, jedes Jahr mit minimalem Aufwand ein Buch heraus zu geben).
Meine Antwort auf die Frage würde wohl niemanden mehr überraschen, nach den letzten Artikeln. Es ist nicht so sehr eine wissenschaftliche Neuigkeit, als eine, die für die Wissenschaft wichtig werden wird. Die erste erfolgreiche Landung der Falcon 9 Rakete, verbunden mit ihrem ohnehin niedrigen Preis. (Inzwischen wurde die Stufe untersucht und keine nennenswerten Schäden gefunden.) Selbst ohne jede Wiederverwendung kostet ein Start mit einer Falcon 9 nur die Hälfte (teilweise ein Drittel) der Kosten mit anderen Raketen. Solche Kostensenkungen werden es erlauben, mehr wissenschaftliche Experimente im Weltraum durchzuführen. Die Hürden für den Bau und Start von Satelliten und Raumsonden werden sinken und einige Experimente ohne die Störungen auf der Erde unvermeidlich sind durchgeführt werden.
Zur Zeit sind Missionen wie ELISA oder diverse Weltraumteleskope wegen der großen Kosten nur Ausnahmen. Wobei wegen der großen Startkosten um so mehr Aufwand betrieben wird, um Gewichte zu minimieren und den Erfolg absolut sicher zu stellen. Meistens führt das dann dazu, dass die Kosten für die Mission aus dem Ruder laufen. Im allgemeinen macht der Start der Rakete nur noch einen Bruchteil aus – alles nur, weil garantiert nichts schief gegehen darf. Nun ist leicht einzusehen, dass es mit der Wissenschaft nur schwer vereinbar ist, wenn die Devise “nur keine Experimente” bei jeder Mission hochgehalten wird.
Niedrigere Startkosten können nicht nur dabei helfen, die Kosten zu senken, sondern auch zu ändern, wie über Weltraummissionen gedacht wird. Echte Wissenschaft kann eigentlich nur betrieben werden, wenn auch ein Fehlschlag eine Option ist. Dieser Situation ist man mit Startkosten von $60mio viel näher als mit $160mio. Wenn sich die Wiederverwendung tatsächlich auszahlt, können sie in absehbarer Zukunft auch noch weiter sinken. Vielleicht auf $40mio oder $30mio. Das sind immernoch keine Geldbeträge, mit denen man Fehlschläge leichtfertig in Kauf nehmen würde. Aber vielleicht können niedrigere Startkosten helfen das derzeitige Ausmaß der Paranoia etwas zu reduzieren. Erste Ansätze in dieser Richtung findet man jetzt schon bei Cubesats.
Aber das sind keine Änderungen die über Nacht passieren werden. Geldanträge für wissenschaftliche Arbeiten sind nicht für schnelle Reaktionszeiten bekannt und Änderungen in solchen Institutionen schon gar nicht. Dennoch rückt mit der stetigen Preisentwicklung nach unten die Zeit näher, in der sich die Raumfahrt normalsiert und nicht mehr als exotischst mögliches Werkzeug zur Durchführung eines Experiments angesehen wird.
Viel Spaß beim Lesen. Und wer die Frage selbst beantworten will, der weiß wo die Kommentare sind.
Und ansonsten: Ein schönes neues Jahr euch allen!
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