Auch wenn es in der heutigen Zeit leicht vergessen wird: Die Globalisierung ist keine Erfindung des 21. Jahrhunderts oder gar des 20. Jahrhunderts. Spätestens im 19. Jahrhundert war die Globalisierung längst da, denn Mary Seacole ist nicht einfach nur eine Heldin des Krimkrieges. Sie ist auch eine schottisch-afrikanische Jamaikanerin, die es im Laufe ihres Lebens nach Panama, Großbritannien und natürlich auf die Krim verschlagen hat.
Anders als die Vereinigten Staaten von Amerika war in den britischen Kolonien des frühen 19. Jahrhunderts die Sklaverei schon verboten. Es gab dort eine etwas größere Freizügigkeit und mehr Möglichkeiten als in den USA, wo die Versklavung afrikanischstämmiger Menschen zu einer selbstverständlichen Institution erhoben wurde. Von einer Gleichstellung konnte natürlich auch im British Empire nicht die Rede sein, immerhin war das britische Weltreich auf Unterdrückung gegründet. Aber im Einzelfall boten sich trotzdem größere Möglichkeiten. Mary Seacole wurde als Tochter eines britischen Soldaten geboren. Sie erhielt in Jamaika eine gute Ausbildung und ihrer Familie gehörte ein Hotel und hatte Verbindungen zu einer Händlerfamilie in Großbritannien. Sie war eine dieser Einzelfälle.
Über die Verbindungen kam sie nach London, begann eine kurze und erflogreiche Karriere als Händlerin, zumindest bis das Hotel der Familie abbrannte und bald darauf ihre Eltern starben. So wurde sie zur Besitzerin eines Hotels in Jamaika. Zur damaligen Zeit gehörte es auch zum Service, dass man sich um Kranke kümmerte. Die Zeit der Krankenhäuser und modernen Medizin lag noch in der Zukunft, und so ging es hauptsächlich darum, sich um die allgemeinen Bedürftnisse der Kranken zu kümmern. Das tat Mary lange Zeit erfolgreich, hauptsächlich durch Mischkalkulation – die Wohlhabenden sollten etwas mehr zahlen, wodurch die ärmeren versorgt werden können. Auch in der Choleraepidemie von 1850.
Diese Erfahrung war hilfreich bei einem Besuch ihres Halbbruders in Panama, der dort seinerseits so ein Hotel eröffnet hatte … und die Cholera ausbrach und Mary da blieb und aushalf. Ein Hotel an der Stelle lohnte sich natürlich nur, weil Panama auch damals schon der beste Weg war von der Ost- zur Westküste der USA zu kommen. Dazu gab es nach dem Goldrausch von 1848/49 auch immer mehr Grund. So viel, dass bald eine Eisenbahn gebaut wurde, die Hotels auf dem Weg überflüssig machten.
Mary hörte als stolze und überzeugte Britin vom Ausbruch des Krimkrieges 1853 und machte sich auf dem Weg um mit ihrer Erfahrung in der Versorgung von Kranken und Verletzten zu helfen. Sie bot ihre Hilfe an, sie wurde aber nicht angenommen, wahrscheinlich wegen ihrer Herkunft und Hautfarbe. Und so ging sie selbst in die Krim und eröffnete wieder ein solches Hotel, für die Versorgung und Unterhaltung der Soldaten. Nach dem Krieg ging sie zurück nach London. Das Hotel verlor mit Ende des Krieges jede Kundschaft und jeden Wert. Sie ging als arme, verschuldete Frau zurück nach London. Bis einige Soldaten, die in ihrem Hotel auf der Krim waren, von ihrem Schicksal hörten und in der Zeitung zu Spenden aufriefen um ihre Schulden zu bezahlen.
Ich habe selbst nur durch die History-Serie von Extra Credits davon gehört und kann das nur empfehlen.
Die Geschichte des Krimkriegs selbst ist so verworren, wie es fast jeder Krieg ist. Letztlich ging es natürlich um Macht. Das Osmanische Reich war seit zwei Jahrhunderten im Niedergang begriffen und gleichzeitig gewann Russland immer mehr Einfluss. Das galt auch für die Krim, die 1783 von Russland annektiert wurde, nachdem das dortige Khanat der Krim (der letzte Rest der goldenen Horde der Mongolen, die im 13. Jahrhundert Asien eroberten) bis 1774 unter Kontrolle der Osmanen stand.
Also beschlossen Briten und Franzosen an der Seite des Osmanischen Reiches gegen Russland zu kämpfen, um das “Gleichgewicht der Macht” zu erhalten (also selbst nicht an Macht zu verlieren und möglichst etwas zu gewinnen) … auch wenn der offizielle Anlass ein Streit um die Rechte von Christen im damals osmanischen Palestina (also im heutigen Israel) war. Aber sinnlose Kriege die durch Konflikte im mittleren Osten ausgelöst werden, waren wohl ein Phänomen jener Zeit vor der Globalisierung, die kennen wir in der heutigen Zeit zum Glück überhaupt nicht.
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