Es rauscht mächtig im Blätterwald. Zurzeit wird unglaublich heiß gekocht, obwohl die ankommende Luft doch so kalt ist. Dabei stolpere ich in diesen Tagen wieder über ein altbekanntes Problem: nennt man im Winter das erste Mal Schnee, drehen die Medien durch. Was steht in den Zeitungen, und was passiert wirklich?
1. Was steht in den Zeitungen?
Beginnen wir also mit dem Wahnsinn, der typischerweise 48 Stunden vor dem ersten Schnee-Ereignis eines Winters beginnt. Den Vogel schießt dabei donnerwetter.de ab, dessen Meldung im Focus erschien:
Donnerwetter.de/Unwetter-Warnung: heftigster Wintereinbruch seit mindestens drei Jahren […]Verkehrsprobleme am Freitagabend *
Megastaus im Schnee möglich, nachts in ganz Deutschland Glätte durch Schnee
und Eis Temperaturen um *2 ° C am Samstagmorgen Samstag 10-15 cm Neuschnee
in den Mittelgebirgen im Flachland um 1*2 ° C mit Schneeschauern, mit der
Dunkelheit verbreitet Eis und Schnee mit Schneeverwehungen nachts Sonntag
weitere Schneeschauer mit Schneeverwehungen in den Mittelgebirgen um 0 Grad
C im Flachland, nochmals 10*20 cm Neuschnee in den Mittelgebirgen Montag
und Dienstag[…]
Nanu? Die Apokalypse, und ich habe nichts davon mitbekommen? Verbreitet (bedeutet für Meteorologen: an > 50% aller Orte) Eis und Schnee? Weitere Meldungen, die auf uns einstürzen:
- AOL: “Das winterliche Szenario könnte Metereologen zufolge das “spektakulärste Wetterereignis” seit dem Orkan Kyrill werden.”
- Bild: “Schneefront rast auf Deutschland zu”
- Lobenswert die Netzeitung: “Am Freitag soll es sogar einen Wintereinbruch geben.”
Manche vergleichen den Wetterumschwung sogar mit dem drastischsten Wetterereignis seit dem Orkan Kyrill. Hört sich alles sehr dramatisch an? Nun, das sollten Sie von den Medien gewohnt sein. Gerade beim Wetter wird da keine Ausnahme gemacht. Was passiert aber wirklich?
2. Was passiert wirklich?
Grob eingeschätzt handelt es sich hier um ein markantes, aber durchaus kein dramatisches Ereignis. Kurz zusammengefasst: es schneit. Ende November. Das an sich sollte niemanden vom Hocker schmeißen. Interessant ist aber schon der Luftmassenwechsel. Wir verlassen die milde Phase und nähern uns arktischer Luft. Ein kleines Tief auf dem Atlantik hat diesen Wetterwechsel ausgelöst, und so bekommen wir ab Freitag die wohl kälteste Luft, die man überhaupt bekommen kann, nämlich aus der Arktis.
Besonders eindrucksvoll sieht man die Kaltluft, die zum Teil aus Höhen oberhalb der Tropopause einsickert, in den Höhenkarten bei 5 bis 5,5 km:
Das Bemerkenswerte ist dabei einzig und allein die rasante Entwicklung eines Tiefs, das da bei uns entsteht und in Richtung Westrussland wandert. Es ist am Sonntag dort angekommen und pusht uns förmlich die arktische Kaltluft mit Nordwind gegen die Gebirge, sodass es also am Nordrand der Berge weiter winterlich zugehen kann.
Verkehrsprobleme?
Die Mittelgebirge sollte man tatsächlich am Freitag meiden, denn Wind und Neuschnee sind immer eine Kombination, die durch Verwehungen zu unpassierbaren Straßen führen kann. Doch wie sieht es im Flachland aus?
Auch hier gilt: vorsichtig fahren sollte man am Nordrand von Gebirgen, da sich hier der Schnee förmlich anstaut. Aber sonst dürfte es gerade, nachdem die trockenere Kaltluft angekommen ist, nur noch für gelegentliche Schneeschauer reichen. Im Süden sollte man sich da auf die üblichen winterlichen Straßenbedingungen einstellen, im Norden bleibt der Schnee tagsüber auf der Straße wohl noch nicht liegen, nachts haben wir aber dann eher das Problem, dass hier und da die Restnässe gefriert und zu glatten Stellen führt. Auch das ist Ende November eher die Regel als die Ausnahme.
Es gilt also: fahren Sie schon vorsichtig, meiden Sie die Gebirge am Freitag, aber lassen Sie sich auch nicht verrückt machen. Hier noch eine Übersicht über die erwartete Neuschneemenge:
Sie sehen: Es wird Winter. Ungemütlich, aber nicht ungewöhnlich. So etwas mit Kyrill zu vergleichen ist meines Erachtens absoluter Schwachsinn. Viel Spaß beim Rodeln!
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