Heute ist ein schöner Tag, um Euch mal die Schwierigkeiten einer Wettervorhersage zu demonstrieren. Denn heute waren wir unter Kollegen ganz schön am schwitzen. Grund ist die Wetterlage ausgerechnet vom 30. April auf den 1. Mai. Also dem Termin, wo Fragen nach dem Wetter zum “Tanz in den Mai” laut werden. Dabei kann man eine treffsichere Wettervorhersage für einen bestimmten Ort heute nicht erstellen. Was ist so schwierig?

Grund ist die Entwicklung vor unserer Haustür, auf dem Atlantik. Vor Island tummelt sich derzeit das Tief Siglinde, mit dem wir nur so viel zu tun haben, als dass es auf der Vorderseite die warme Luft heranschaufelt, die wir morgen für die sommerlichen Temperaturen benötigen.

Doch diese Wärmephase ist nicht von langer Dauer. Hier sehen wir deutlich den Trog mit kälterer Luft polaren Ursprungs von den Britischen Inseln heranziehen, der den “warmen” Rücken nach Osteuropa abdrängt:

i-9daee6907c61e37856f18f27d114fc7b-Europe_2010042800_thgt850_51 (1).png

Temperaturen in ca. 1,5 km über Europa. Prognose des amerikanischen Vorhersagemodells für den 30. April 2010, 5 Uhr. Quelle: MeteoGroup

Zu dieser kalten Luft hin gibt es einen Übergangsbereich, in dem der Temperaturgradient, also die räumliche Änderung der Temperatur recht hoch ist. Diesen nennt man hier die Frontalzone. Zu der kälteren Luft, die da von Nordwesten im Laufe des Freitags auf uns zukommt, gehört dementsprechend eine Kaltfront. Aber was ist daran bisher so schwierig? Das kommt jetzt – Denn diese Kaltfront liegt parallel zur Höhenströmung. Man kann sich das etwa so vorstellen wie eine Fahne auf einem drehbaren Masten, die im Wind weht.

Wie eine Fahne im Wind

i-dfd04be29f40134ec27b589e959b0701-windsack.jpgDiese Fahne flattert. Und genau das kann großräumig auch mit der Kaltfront passieren. Denn aus der Physik, genauer der Hydrodynamik weiß man, dass parallele Strömungen die Eigenschaft haben, ab einer gewissen Geschwindigkeit diesen laminaren Zustand verlassen zu wollen. Die Luft fließt also nicht “glatt”, sondern die Strömung beginnt zu wellen und zu wirbeln. Und so sieht eine schwierige Wetterlage in der Bodenfrontkarte aus:

i-09a69b9f07ab1cb5d2e94af6f95f487a-brack_fr12.gif

Bodenfrontkarte des MetOffice, Vorhersage für Freitag, 14 Uhr

Hier können wir deutlich Wellen in der Frontenstruktur erkennen. Obwohl die Front grundsätzlich als Kaltfront nach Südosten zieht (Zacken), gibt es nach Norden gerichtete Wellenberge, als Warmfront (Halbkreise) gekennzeichnet. 

An diesen Wellen können nun teils kräftige Niederschlagsgebiete rasch an der Front entlang ziehen. Es können sich aber auch Wellentiefs bilden, die dann die gesamte Vorhersage anders gestalten. Aufgrund der hohen Dynamik entlang solch einer wellenden Front haben die Vorhersagemodelle dabei große Probleme, das Wetter korrekt zu prognostizieren. 

Große Modellunterschiede
Das sieht man auch aktuell an der Vorhersage für Freitag. Verschiedene Modelle bieten verschiedene Lösungen an, und selbst innerhalb des selben Vorhersagemodells gibt es Sprünge in der Prognose von Lauf zu Lauf. Als plastisches Beispiel ein Vergleich des amerikanischen mit dem europäischen Wettervorhersagemodell (GFS vs. ECMWF). Zunächst der Bodendruck für die Nacht zum Freitag, 30. April 2010:

i-0467cfdaba2e008349c9c0d457d6f48b-Europe_2010043000z_pmsl_GFS.png i-9ace0260f4f971e4fe0fae482de51cd5-Europe_2010043000z_pmsl_ECMWF.png

Bodendruckvorhersage für den 30. April 2010, 2 Uhr. Links: GFS, rechts: ECMWF. Markiert sind die Positionen von entstehenden Wellentiefs. Quelle: MeteoGroup

Wie man sieht, werden entstehende Wellentiefs an völlig verschiedenen Orten prognostiziert. Mit entsprechenden Effekten auf die Niederschlagsgebiete, denn auf der Vorderseite “schieben” diese Tiefs ja noch einmal die wärmere Luft nach Norden. Hier ein Vergleich der Prognosen für 3-stündige Niederschlagsmengen bis zum Freitag, 30.04.10, 8 Uhr:

i-14763cd5988caf980c44a0faee4c4c57-Europe_2010043006z_pcp_GFS.png i-1fa57a0ac8b3eec07b25dce8492281f0-Europe_2010043006z_pcp_ECMWF.png

Niederschlagsprognose, 3-stündig bis zum 30. April 2010, 8 Uhr. Links: GFS, rechts: ECMWF. Quelle: MeteoGroup

Man sieht hier: Während es nach dem amerikanischen Modell zu dieser Zeit im Nordwesten Deutschlands beinahe trocken sein soll, werden gleichzeitig vom europäischen Modell Schauer prognostiziert. Auch die weitere Entwicklung ist dementsprechend unsicher.

Was kann man also sagen?
Damit bringen Punktprognosen, also Wettervorhersagen für einen bestimmten Ort, zurzeit relativ wenig. So viel kann man aber zum Wetter zum Tanz in den Mai sagen:

  • Unbeständig wird es sein
  • Im Laufe des Freitags steigt die Schauerneigung von Nordwest nach Südost an.
  • In einer Südwest-Nordost-Linie entlang der Front wird es länger anhaltenden, teils kräftigen Regen geben.
  • In der warmen Luft, die sich am längsten im Südosten halten wird, herrscht Unwettergefahr durch teils kräftige Gewitter.

Ich hoffe, dass ich Euch immerhin damit etwas helfen konnte. Und falls nicht: Für konkrete Fragen gibt es ja immer noch die Kommentarfunktion…

1 / 2 / Auf einer Seite lesen

Kommentare (8)

  1. #1 Kaukomieli
    April 28, 2010

    Ach wenn die Wettervorhersage nur immer so gut erklärt wäre :c)

    Ist auch eigentlich auch wieder eine Sommerprognose geplant?

  2. #2 Georg
    April 28, 2010

    kann man also zusammenfassen: ists unbeständig, dann hilft der Wettermann auch nicht weiter weil ers nicht sagen kann und ists *strahlend* blau, dann braucht man ohnedies keine Ausbildung weil man sowieso weiß dass es auch die nächsten Tage strahlend blau sein wird? 😉

  3. #3 MartinB
    April 29, 2010

    Gut erklärt. Ich finde es eigentlich schade, dass bei Vorhersagen im fernsehen nie die Sicherheit dazugesagt wird (einmal hab ich’s erlebt, dass der Wettermann sagte: Heute haben wir zwei Szenarien, wie sich das Wetter entwickeln könnte).
    Das wäre erstens eine hilfreiche Information und würde zweitens gleich vermitteln, wie Wissenschaft funktioniert.

  4. #4 Frank Abel
    April 29, 2010

    Gute Idee Martin, ich wäre auch dafür. Denn man muss nicht versuchen Sicherheit vorzugaukeln, wo keine existiert. Ich vermute, dass das auch in der deutschen Mentalität begründet liegt, dass man sich keine “Fehlbarkeit” erlauben möchte. Aber wie Du schon angedeutet hast: Es geht in die richtige Richtung.

    Zu Georg muss ich sagen: Das stimmt so ganz nicht. Denn es kommt darauf an, was man von der Wettervorhersage erwartet – sagt man, dass es unbeständig wird mit gelegentlichen Schauern im Norden und länger anhaltendem Regen im Süden und in der Mitte Deutschlands, so liegt man sicherlich nicht falsch. Nur eine Ortsprognose wird dadurch schwieriger. Und hier geht es nicht um jede Art von unbeständigem Wetter, sondern nur um diese spezielle. Über 90% Trefferquote für die nächsten 24 Stunden bekommten man sicherlich nicht durch die Prognose stabiler Hochs hin

  5. #5 stag
    Mai 25, 2012

    Mag ja für Dich ärgerlich sein, wenn Du nicht so wahrgenommen wirst, wie Du es gerne hättest (falls dem so ist), das ist allerdings

  6. #6 geciktirici sprey
    Mai 25, 2012

    muss sagen das ich sehr Großen respekt vor der Chemie habe.
    Wenn sich alles vor die Augen hällt wo die Chemie ihre Finger im Spiel hat, Hut ab.
    Noch möchte ich sage

  7. #7 geciktirici spreyler
    Mai 25, 2012

    die Augen hällt wo die Chemie ihre Finger im Spiel hat, Hut ab.
    Noch möchte ich sage

  8. #8 kırışıklık
    Mai 25, 2012

    die Augen hällt wo die Chemie ihre Finger im Spiel hat, Hut ab.
    Noch möchte ich sage

Über Frank Abel auf Google+