Wissenschaftler ist schon ein toller Beruf. Wir arbeiten wann wir wollen und können ins Ausland ziehen wie es uns passt. Wir sind ständig damit beschäftigt uns selbst zu verwirklichen und arbeiten an was wirklich nützlichem für die ganze Menschheit. Leider sieht die Realität anders aus: Ständige Frustrationen, wenig Geld, keine Planungssicherheit, keine Perspektive.
Warum tun wir uns das überhaupt an? Ich meine damit uns Doktoranden und Post-docs in den Laboren dieser Welt, an der Uni in München oder Münster, in Boston oder Barcelona.
Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit für Vollbeschäftigte in Deutschland liegt bei rund 37 Stunden. Die meisten meiner Kollegen könnten dann schon am Donnerstag Mittag ins Wochenende verschwinden. Tatsächlich kenne ich kein einziges akademisches Forschungslabor, in dem die Mehrarbeit der Mitarbeiter ehrlich dokumentiert, geschweige denn vergütet wird.
Standardmäßig wird der Jahresurlaub auf zwei Wochen im Sommer und ein paar Tage rund um Heilig Abend beschränkt. Der Rest wird ohne mit der Wimper zu zucken verfallen gelassen. Das passiert nicht, weil wir alle so für unsere Forschung brennen, dass wir die Pipetten nicht ein paar Tage missen möchten. Das ist so, weil es einerseits alle Kollegen so machen, und andererseits von vielen Chefs als selbstverständlich erwartet, und auch so kommuniziert wird.
Wir promovieren vier Jahre lang für einen Lohn, der es einem gerade erlaubt die Miete des WG-Zimmers zu bezahlen und von der Hand in den Mund zu leben. Als Post-doc kann man dann schon mal ein paar Euro zurück legen. Wir haben ja gelernt sparsam zu leben. Wir sind dann um die 30, wenn wir unseren Doktortitel tragen dürfen und zum ersten Mal am Ende des Monats Geld übrig ist.
Unser Alltag ist von Frustrationen geprägt. Experimente, die wochenlang nicht funktionieren. Ideen, die nach Monaten begraben werden müssen, weil die Zwischenergebnisse die ursprüngliche Hypothese nicht bestätigen. Forschungsprojekte, die nach Jahren unter Wert verkauft werden müssen, da ein konkurrierendes Labor ein paar Wochen schneller mit der Publikation war.
Unsere Chefs sind exzellente Wissenschaftler. Deshalb sind sie da oben. Was ihnen häufig fehlt sind Grundlagen der Personalführung und des Labormanagements, sowie Zeit für die eigenen Mitarbeiter. Unsere Frustrationstoleranz wird durch die genannten Defizite der Chefs und die direkten Konsequenzen für uns weiter ausgereizt.
Wir sind alle mit Zeitverträgen angestellt mit ein, oder zwei, maximal drei Jahren Laufzeit. Falls wir später habilitieren oder eine Juniorprofessur ergattern, sind es vielleicht fünf Jahre. Ein Juniorprofessor verdient 3500 EUR brutto im Monat. Wir sind irgendwann 40 und haben immer noch keinen unbefristeten Arbeitsvertrag. Weniger als 10% aller Juniorprofessuren führen direkt zu einer echten Professur und somit zur Festanstellung. Soviel zur Hochschulreform mit dem Ziel der Schaffung von mehr “Tenure Track” Stellen.
Warum gibt es in Deutschland keinen Mittelbau an den Unis? Warum gehen wir alle ins Ausland? Der Ruf nach mehr Bildung und Ausbildung ist toll. Wie wäre es, sich mal um die Karrieren der Gebildeten Gedanken zu machen? Bleiben tatsächlich die besten Wissenschaftler den Universitäten und Instituten erhalten, oder machen die Cleversten nicht schnellstmöglich etwas anderes?
Um die Population an Professoren in Deutschland konstant zu halten, muss im Durchschnitt jeder Hochschullehrer während seiner gesamten Laufbahn, also in etwa 25 Jahren, nur einen einzigen Nachfolger ausbilden. Wie groß ist der Anteil von Talent und Können an beruflichem Erfolg in der Wissenschaft? Wie viel ist Glück und wie viel ist von Politik und Kontakten abhängig? Eine Karriere als Wissenschaftler ist nicht planbar.
In einer neuen Meta-Studie, dieser Tage in “The Lancet” erschienen, wurden zwölf gängige Antidepressiva verglichen. Escitalopram (Cipralex/ Lexapro) ist demnach äußerst wirksam und mit am wenigsten Nebenwirkungen verbunden.
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