Wir jammern nicht. Auch wenn es die FAZ anders sieht. Wir haben auch nicht alle Angst, auch wenn in der ZEIT ein junger Prof mit Burn-Out die Folgen seiner Krankheit schildert. Akademiker der Generation 30 haben aber andere Lebensumstände als die Generation vor uns, und wir sind nicht zufrieden. Was sind die veränderten Anforderungen an meine Generation?


In der Online Ausgabe der ZEIT unter der Rubrik Uni-Leben erscheint heute ein anonymer Artikel eines jungen Uni-Profs, der an einem Burn-Out Syndrom leidet: Ich wollte nur noch fliehen. Der Autor beschreibt, seine Selbstzweifel und seine Angst den Anforderungen an ihn nicht gewachsen zu sein. Die Ängste sind irrational – für den Autor aber absolut real. Er schildert, wie er im Umgang mit seiner Krise alles falsch macht: In stabilen Momenten stürzt der Autor sich weiter in Arbeit anstatt dem Rat seines Psychologen zu folgen und zwei Wochen lang nichts zu tun, außer spazieren zu gehen.

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung titelte vor zwei Wochen “Hört auf zu jammern!”. In dem Artikel wird eine Analyse der Akademiker der Generation 30 versucht, die unzufrieden und pessimistisch seien, obwohl es ihnen viel besser ginge als ihren Eltern. Der Verdienst sei höher, der Einstieg in den Arbeitsmarkt sei einfacher und erben würden die 30er auch noch gut – trotzdem würde gejammert. Also offenbar auch eine irrationale Einschätzung der Realität durch die Generation der heute 30-40 jährigen?


Ich bin Teil dieser Generation. Wir jammern nicht, wir haben auch nicht alle Angst. Aber wir haben andere Lebensumstände als die Generation vor uns, die uns offenbar nicht zufrieden machen und uns alles andere als eine ausgeglichene Work-Life Balance bescheren.

Was sind die veränderten Anforderungen an meine Generation? Und wie können diese mit Unzufriedenheit und Unsicherheit in Verbindung gebracht werden?

Wir identifizieren uns stark mit unserer Arbeit. Der Job ist nicht nur ein Mittel, um finanziell über die Runden zu kommen. Der Anspruch ist, Erfolg zu haben – als Beitrag zum persönlichen Glück und aus Gründen der Existenzsicherung. Wir nehmen dafür in Kauf, dass die vertraglich ausgemachten 40 Stunden Wochenarbeitszeit jede Woche weit übertroffen werden. Ganz gleich ob als selbstständige Grafikdesignerin, als Arzt in einem Krankenhaus, als Angestellte im Marketing oder als Wissenschaftler an Unis oder Instituten. Die zusätzliche Arbeit wird häufig nicht vergütet, weder finanziell noch durch einen Ausgleich an Freizeit.

Ein unterschätzter Faktor für beruflichen Erfolg ist Stabilität und Sicherheit

Berufliche Erfolge sind also wichtig. Was wie eine Binsenweisheit klingt, bekommt Bezug zu meiner Generation, wenn definiert wird, was beruflicher Erfolg für uns bedeutet. Sicher spielen der Abschluss von Projekten und das Erklimmen der unteren Sprossen der Karriereleiter eine Rolle. Ein bedeutender und unterschätzter Faktor für beruflichen Erfolg für meine Generation ist jedoch auch das Erreichen von Stabilität und Sicherheit.

Die oft geforderte Flexibilität führt zu tollen Lebensläufen mit Auslandserfahrung, vielen Umzügen, dem Studium an mehreren Unis, verschiedene Arbeitgeber, und einem großen virtuellen Freundeskreis auf Facebook. Was lange als Selbstverwirklichung deklariert werden kann, wird spätestens zur Last, wenn sich die eigenen Prioritäten verschieben und langsam Werte wie Planbarkeit, ein stabiles soziales Umfeld und die Perspektive eine eigenen Familie zu gründen an Wichtigkeit gewinnen. Dem stehen befristete Arbeitsverträge, häufig Fernbeziehungen und eine geringe Verwurzelung an dem jeweils aktuellen Wohn- und Arbeitsort im Wege.

Wer sich für eine Familie entscheidet, tut dies mit dem Gefühl, ein nicht abschätzbares Risiko für die eigene Karriere einzugehen

Es ist also kein Wunder, dass Akademiker im Durchschnitt weniger Nachwuchs bekommen wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Wer sich in unserer Generation dennoch für das Gründen einer Familie entscheidet, tut dies mit dem Gefühl, ein nicht abschätzbares Risiko für die eigene Karriere einzugehen oder nimmt nach langem Studium und manchmal Promotion direkt Abschied von Karriereplänen, und sei es nur, um endlich in der gleichen Stadt wie der Partner zu wohnen.

Ebenfalls geändert haben sich die ökonomischen und demographischen Rahmenbedingungen. Während unsere Elterngeneration optimistisch auf stabile jährliche Wachstumsraten vertrauen konnte, prägen wirtschaftliche Krisen, Stagnation, Unsicherheit und struktureller Wandel unseren Blick in die Zukunft. Das sind abstrakte Werte, die dennoch zu einem Grundpessimismus führen.

Wir jammern nicht, wir sind aber auch nicht mehr enthusiastisch. Unsere Realität sind lange Arbeitstage vor dem Computer, fehlende Zeit, hohe Ansprüche an uns selbst und eine unsichere Zukunft. Was können wir tun? Vielleicht einfach mal zwei Wochen eine Auszeit nehmen und nur spazieren gehen.

Kommentare (26)

  1. #1 Ludmila
    6. Juni 2010

    Was können wir tun? Vielleicht einfach mal zwei Wochen eine Auszeit nehmen und nur spazieren gehen.

    Seh ich inzwischen genauso.

  2. #2 yellow
    6. Juni 2010

    Es ist schon erstaunlich, dass die Gewerkschaften mal für die 32h/Woche auf die Straßen gingen.
    Die Quantität von Arbeit scheint sich in den letzten 100 Jahren nur wenig verändert zu haben. Die Qualität hingegen sehr.
    Aber irgendwann werden auch die Kariereleiteristen unserer Generation sehen, dass man sich und seine Lebensqualität nicht nur über die Arbeit definiert.
    Ist es nicht erstaunlich, dass bei der Frage:” Und was machst du so?” In den meisten Fällen eine auf den Job bezogene Antwort kommt? Andersrum erntet man erstaunte Blicke Antwortet man auf diese Frage abweichend.

  3. #3 Stefan Taube
    6. Juni 2010

    Ich wollte mein Dauerlamento ja gar nicht loslassen, aber wenn yellow schon damit anfängt: Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie gewerkschaftsfern und unorganisiert Akademiker sind. Da ist jeder ein Einzelkämpfer. Wenn man als Auszubildender in einem Branche zu arbeiten anfängt, steht sofort die zuständige Gewerkschaft auf der Matte. Bei Akademikern funktioniert das irgendwie nicht, vielleicht höchstens noch bei definierten Berufen, wie Ärzten oder Piloten. Was ist der Grund dafür?

    Nach meiner subjektiven Beobachtung sind Jungakademiker bereit, jeden arbeitsrechtlich sehr bedenklichen Scheiß mitzumachen, den kein normaler Angestellter mitmachen würde, weil sie denken, dass es besser wird, wenn der Karriersprung gemacht ist, das Praktikum beendet oder die Promotion in der Tasche steckt usw. – und wenn sich aber dann der erhoffte Erfolg nicht einstellt, was dann??? Junge Akademiker sind einfach leicht erpressbar und sie lassen sich auch erpressen.

  4. #4 Sven Türpe
    6. Juni 2010

    Bei Akademikern funktioniert das irgendwie nicht, vielleicht höchstens noch bei definierten Berufen, wie Ärzten oder Piloten. Was ist der Grund dafür?

    Selbstüberschätzung?

  5. #5 Arno
    6. Juni 2010

    Warum Wissenschaftler & Gewerkschaften nicht so recht funktioniert?
    Ich denke, ein Grund ist die Tatsache, dass viele (die meisten?) von uns weite Teile unserer Arbeit freiweillig tun. Klassische Arbeitskampfmassnahmen wie Streik machen da keinen Sinn, weil mein Wunsch zu forschen eher groesser ist als der meiner Uni, dass ich forsche.
    Aehnlich wirkt der staendige Arbeitgeberwechsel: Wenn ich mit meinem jetzigen Arbeitgeber mehr Freizeit etc aushandele, und die Extrafreizeit in einem Mangel an Publikationen aendert, dann habe ich bei der naechsten Jobsuche ein Problem.

    Der aktuelle Arbeitgeber traegt eigentlich hoechstens im Bereich Lehre zu den Anforderungen bei (ein bisschen anders sieht es aus, sobald man auf eine Vertragsverlaengerung hoffen kann, aber letztlich ist da einfach zukuenftiger und aktueller Arbeitgeber identisch).

  6. #6 Nele
    6. Juni 2010

    @Sven Türpe

    Aus dem (halbakademischen) Lehrerberuf kann ich berichten, dass das auch an so einem dümmlichen Idealismus liegt: “Ich darf auf keinen Fall meine Arbeitnehmerrechte einfordern – ihr müsst doch an DIE KINDER (!!!11einsellf) denken.

    Je geisteswissenschaftlicher, btw, desto dümmlicher. Darf ich wohl sagen als PhD der LitWiss…

    Nele

  7. #7 koz
    6. Juni 2010

    Super Artikel!

    Ergänzen würde ich noch die im ggs zu unserer Elterngeneration stark gestiegenen Lebenserhaltungskosten. Kuckt euch mal einen Mietspiegel von vor 30 Jahren an…
    Mal von Energiekosten und seit Jahren stagnierenden Reallöhnen ganz abgesehen.
    “Früher” (Eigentlich hasse ich Sätze die so anfangen) hat ein unausgebildeter Lagerarbeiter zur Mittelschicht gehört und konnte als Alleinverdiener auch noch eine 4-Köpfige Familie durchbringen. Heute sehe ich in meinem Umfeld ausgebildete Akademiker wo beide Elternteile Vollzeit arbeiten und es trotzdem hinten und vorne nicht reicht um auch mal alle 2 Jahre mit Kind und Kegel eine Woche Pauschalurlaub machen zu können…

  8. #8 Stefan Taube
    7. Juni 2010

    @koz: Das ist wahr, die Mieten in Deutschland sind eine Frechheit! Schon allein deswegen ist es gut, wenn die Geburtenrate erstmal zurück geht.

  9. #9 paranoid android
    7. Juni 2010

    (Anekdoten-Alarm)

    In meinem Umfeld kann ich auch nicht allzu viel Jammern beobachten. Aber die meisten haben sich eben damit abgefunden, dass ans Kinderkriegen, wenn überhaupt, vor 35 nicht zu denken ist.

  10. #10 Tobias
    7. Juni 2010

    Viele Wissenschaftler haben das Gefühl für sich und nicht für ihren Arbeitgeber zu arbeiten. Arno hat das oben auch schon geschrieben. Das alleine erklärt noch nicht die zusätzliche Arbeitsbelastung, die man sich aufhalst. Dazu muss man verstehen, dass eine Art “rat-race” ist, in dem wir uns befinden, und zwar nicht um irgendwelche Lebensträume zu verwirklichen oder viel Geld zu verdienen, sondern einfach aus existenziellen Gründen. Wer nicht publiziert kriegt halt irgendwann keinen der befristeten Verträge mehr, und muss sehen wo er bleibt. Und nur wer weit besser publiziert als die anderen kriegt die Chance irgendwann fest angestellt zu werden in der akademischen Welt. Wie realistisch diese Wahrnehmung ist, sei dahingestellt, die Wahrnehmung ist jedenfalls so.

    Die finanziellen Probleme bestehen genauso, wie koz das geschrieben hat. Zum überleben reichts, zur langfristigen Existenzsicherung nicht. Und das Gehalt scheidet als Motivator für vieles Arbeiten aus. Im Gegenteil, es ist demotivierend, was uns monatlich überwiesen wird.

    paranoid androids Anekdote kann ich in meinem Freundeskreis bestätigen. Langsam stellt sich Nachwuchs ein, alle Eltern sind aber weit jenseits der 30.

  11. #11 optimus.prime
    7. Juni 2010

    Bzgl. Streik sehe ich dass ähnlich wie Arno.
    Ein Teil meiner Arbeit besteht aus Tierpflege. Diese zu Vernachlässigen mag ich nicht Verantworten.
    Der nächste Punkt ist: Würde ich es doch tun, ich würde mir hauptsächlich ins eigene Fleisch schneiden. Mit kranken/vernachlässigten/toten Versuchstieren kann ich nicht arbeiten, es wirft mich also zeitlich zurück. Der Uni ist es tendenziell egal wann (ob?) die Publikation erscheint, wenn ich es aber nicht innerhalb meines Vertrages schaffe stehe ich hinterher ziemlich dumm da.
    Evtl macht es mehr Sinn die Lehre zu bestreiken …

  12. #12 adenosine
    7. Juni 2010

    Eigentlich müsste die Evolution den Menschentyp, den in den beschriebenen Lebensumständen seinen Lebenssinn sieht ja aussortieren, aber irgendwie wachsen ja genügend Leute wieder nach?

  13. #13 Tobias
    7. Juni 2010

    adenosine,
    genau zu dem Thema habe ich schon länger einen Artikel geplant, komme aber nicht dazu: Wenn der einzige “Rohstoff” Deutschlands die Bildung und das Wissen seiner Bürger ist, müsste man viel mehr tun, diesen Rohstoff zu fördern. Angefangen bei garantierten und günstigen Krippeplätzen für Akademikernachwuchs. Denn statistisch ist es wohl so, dass aus Akademikerhaushalten eher wieder Akademiker erwachsen. Ob das an vererbter Intelligenz oder dem Lebensumfeld/ der Erziehung liegt, sei dahingestellt.
    Dieser Rohstoff hat auch den Vorteil, dass er nicht zur Neige geht, wenn er gefördert wird. Im Gegenteil, er vermehrt sich.

  14. #14 Tobias
    7. Juni 2010

    Habe inzwischen auch den Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung online gefunden

  15. #15 michael
    8. Juni 2010

    > Dieser Rohstoff hat auch den Vorteil, dass er nicht zur Neige geht, wenn er gefördert wird. Im Gegenteil, er vermehrt sich.

    Fragt sich nur, wieviel von diesem Rohstoff gebraucht wird, oder wieviel Arbeitsplätze es denn letzendlich gibt! “Der einzige ‘Rohstoff’ Deutschlands ist die Bildung und das Wissen seiner Bürger ” ist genauso ein dummer Spruch aus der Politik, wie “Deutschland muss eine Dienstleistungsgesellschaft werden”, mit dem die Regierung vor nicht allzu langer Zeit durch die Gegend zog.

    > Eigentlich müsste die Evolution den Menschentyp, den in den beschriebenen Lebensumständen seinen Lebenssinn sieht ja aussortieren, aber irgendwie wachsen ja genügend Leute wieder nach?

    Da andere Bevölkerungsschichten eine höhere Vermehrungsrate haben, setzt die Evolution wohl nicht auf Akademiker, oder ?

    Vielleich sollten die Akademiker eigene soziale Netzwerke bilden, die Kinderbetreuung , Jobsuche u.a. organisatorisch unterstützen kann. Von der Regierung ist jedenfalls nichts zu erwarten.

  16. #16 Simone
    8. Juni 2010

    Ich lebe auch in einer Anfang/Mitte-30-Zwei-Akademiker-beide-berufstätig-Beziehung mit einem Kind. Wir können es uns nicht leisten, dass nur einer arbeitet. Wir WOLLEN das aber auch nicht. Trotzdem ist es irgendwie erschreckend zu sehen, dass ein Akademikergehalt nicht ausreichen würde, um eine Familie zu unterhalten und einen “normalen”, nicht überzogenen Lebensstandard zu pflegen.
    Was uns fehlt, ist die Sicherheit. Ob wir mal was erben? Keine Ahnung, unsere Eltern sind noch so jung und fit, dass sie (zum Glück!) trotz Rente noch genügend Jahre vor sich haben, um das gesparte Geld und die Immobilien selbst “auf den Kopf” zu hauen, was ja auch ihr gutes Recht ist. Ich rechne nicht mit einem großartigen Erbe …
    Eine Immobilie kaufen oder gar bauen? Ach was, es ist doch längst nicht genug Startkapital (für die Verhältnisse in einer Großstadt schon gar nicht) vorhanden, wir sind als Akademiker schließlich erst seit ein paar Jahren voll berufstätig. Viel zurückgelegt haben wir bis jetzt jedenfalls nicht.
    Unsere staatliche Rente? Keine Ahnung, ob wir noch etwas bekommen. Also so viel Geld wie möglich abzwacken und in irgendwelche privaten Rentenversicherungen stecken, von denen man auch nicht weiß, wie “sicher” sie sind.
    Wir haben viel Selbstbestimmung und häufig eine ausgezeichnete Ausbildung genossen, die unsere Eltern nicht hatten, aber “unsicher” sind die Zeiten schon. Wenn man dann noch die ganzen Dinge mit einbezieht, auf die man nun wirklich selbst gar keinen Einfluss hat (Finanzkrise, Staatsverschuldung), dann kann einem schon mal kurz Angst und Bange werden …

    P.S.: Ich habe übrigens die Forschung u.a. deshalb verlassen, weil ich mich mit dem Prinzip der vollkommenen Selbstaufgabe, die ich bei vielen Kollegen beobachtet habe, nicht identifizieren konnte. Manchmal hatte ich schon das Gefühl, dass diese Wissenschaftler es teilweise einfach nicht anders wollten.

  17. #17 Andererseits
    10. Juni 2010

    Wer immer nur auf seinen Kopf hört, “glaubt” irgendwann, dass man an einer Universität Karriere machen kann.

    Die Wahrheit ist: Die verleihen Doktortitel.

    Wer länger bleibt … glaubt zuviel und spürt zuwenig.

  18. #18 Experte
    10. Juni 2010

    Vielen Dank!
    spam URL gelöscht

  19. #19 miesepeter3
    10. Juni 2010

    Zeitverträge? Unbezahlte Mehrarbeit? Superflexibilität? Unsicherheit? Dumpinglöhne?
    Lebensplanung nicht möglich? WILLKOMMEN IM LEBEN !

    Glaubt denn tatsächlich jemand, dass er ab einem bestimmten Bildungsgrad und Stellung in der Arbeitswelt einen Anspruch auf einen 40 Jahre Dauerarbeitsplatz hat, nur weil er Akademiker ist?

    Auch in der normalen Arbeitswelt gibt es nur wenige, die im Paradies leben.

  20. #20 Tobias
    10. Juni 2010

    Andererseits, miesepeter3,

    Akademiker sind Menschen, die studiert haben. Nicht notwendigerweise arbeiten die weiter in einer akademischen Institution und die von mir beschriebenen Zustände sind ja auch nicht auf das universitäre Umfeld beschränkt.

    Und ja: Willkommen im Leben. Die Frage ist nur: Gehts denn auch anders?

  21. #21 miesepeter3
    10. Juni 2010

    @Tobias

    Klar geht`s auch anders:

    1) Ansprüche runterschrauben, in alternativen WG leben und mit 2 Doktortiteln Taxi fahren.

    2) Sich auf sein Glück verlassen, aber dann auch rechtzeitig zupacken, wenn`s winkt.

    3) In völlig anderen Bereichen arbeiten.

    4) im Lotto gewinnen

    Das Problem ist doch, wenn ich Biologie studiert habe, will ich auch als Biologe arbeiten und nicht unbedingt als Biolehrer. Dann bleiben meist nur befristete Jobs
    in der Forschung. Forschung erledigt – ade Job. Neue Forschung und befristete Jobs gibt`s dann in 800Km Entfernung. Saublöd, aber wenn ich unbedingt…. naja, am besten nur kleine Möbel anschaffen.

  22. #22 Sven Türpe
    10. Juni 2010

    Simone,

    … aber “unsicher” sind die Zeiten schon.

    Vielleicht lege ich ja den falschen Maßstab an, aber das Unsicherste in meinem Leben ist das Wetter. Meine Güte, ich bekomme noch nicht mal unvorhergesehen das Fahrrad geklaut, woher sollte ich da das Material für Luxus-Zukunftsängste nehmen, die sich allen Ernstes ums Erben, um Immobilien und um Rentenversicherungen drehen? Nein, das einzige, was unsere Zeiten gewiss nicht sind, ist unsicher. Ein paar Unwägbarkeiten bringt das Leben mit sich, natürlich, aber auf bevorstehende große Umwälzungen deutet doch recht wenig hin. Es geht uns blendend und es gibt keine Grund, warum das nicht so bleiben sollte.

  23. #23 Jürgen Schönstein
    23. Juni 2010

    @Sven Türpe

    Nein, das einzige, was unsere Zeiten gewiss nicht sind, ist unsicher.

    Na, dann ist’s ja gut. Sven Türe weiß, wie immer, alles (besser). Muss ich mir wohl eingebildet haben, dass man mir mit 51 Jahren, nach einem Studium und 25 Jahren Berufserfahrung, mit einem schulpflichtigen Kind uns zwei Hypotheken, die Kündigung auf den Tisch geknallt hat.
    @Tobias
    Ich stimme Dir in den meisten Punkten zu (die Einschränkung liegt darin, dass ich nicht als Akademiker arbeite, daher nicht alles nachempfinden kann). Nur nicht darin, dass sich diese Erfahrung auf die Generation 30 beschränkt. Für meine Generation 50 war das auch schon nicht anders; ein Kind kam für mich erst in meinen 40-ern in Frage, und auch als Journalist nützt es einem nichts, wenn man per Tarifvertrag weniger arbeiten müsste – weil man dann auch weniger veröffentlicht. Und das ist auch in meiner Branche der Ma

  24. #24 Jürgen Schönstein
    23. Juni 2010

    Und das ist auch in meiner Branche der Maßstab für Leistung (die letzten Worte wurden – mal wieder – abgehackt …

  25. #25 Tobias
    26. Juni 2010

    “I have noticed that you failed to come into the lab on several weekends”

    https://www.boingboing.net/2010/06/25/i-have-noticed-that.html

  26. #26 Johanna
    14. April 2011

    Ok, ich bin noch nicht ganz 30, aber…

    Ich gebe sogar offen zu, zu jammern, denn ich denke, ich habe auch Grund dazu.

    Nach fünf Jahren Magisterstudium und einem Abschluß mit 1,7 bin ich jetzt seit drei Jahren arbeitslos. Ich habe über 100 Bewerbungen verschickt, etwa 10 Vorstellungsgespräche gehabt und meine Promotion wird erst in etwa zwei Jahren fertig sein – finanziert über HartzIV und Nebenjobs. Meine Wochenarbeitszeit beträgt mit Lernzeit, Trainingszeit (mein Fach ist Sport) und Nebenjobs etwa 50 Stunden, dazu kommen etwa 15 Stunden Fahrtzeit zu Uni, Jobs, Training, Meßorten, Arbeitsamt…und ich bin am Ende. Derzeit habe ich nichtmal Geld, um das Auto meiner Schwester zu tanken und zu den Nebenjobs hinzufahren. Jeden Tag wieder muß ich genug zusammenkratzen, um notwendige Termine wahrnehmen zu können. Essen gibt es seit Monaten nur noch bei Oma oder Mama. Es ist anstrengend und belastend. Das einzige, was mir derzeit noch Spaß macht, ist der Sport und die Momente, wo ich mit meinen Büchern in meinem Zimmer sitze und endlich nicht arbeiten oder zum Arbeitsamt muß, sondern in Ruhe lernen kann.

    Wer würde da nicht jammern?

    Ich will sie gar nicht, die vielerwähnte Sichferheit. Ich will nichtmal eine Familie gründen. Auch die Tatsache, daß ich eine Fernbeziehung führe, stört mich nicht. Ich will auch keine 1500 Euro Einstiegsgehalt in irgendeiner coolen Firma. Ich möchte einfach nur genug Geld haben, um zur Uni und zur Arbeit und zum Training zu fahren…und vllt mal nicht bei meiner Familie mit zu essen. Damit ich vllt in zwei Jahren nach der Promotion genug verdiene, um mich zu ernähren.

    Wo findet sich der FAZ-Artikel? Dem Autor würde ich gern mal einiges erklären…