Vielen Postdocs bleibt hochausgebildet und nach Jahren im Labor nur die Möglichkeit, dem Wissenschaftsbetrieb den Rücken zu kehren. In einer Kolumne in der aktuellen Ausgabe von Nature plädiert Jennifer Rohn für eine Aufstockung der unbefristeten Stellen für Wissenschaftler nach der Promotion. Wie realistisch ist dieses Szenario?
Über einen Fachkräftemangel kann sich der Wissenschaftsbetrieb wirklich nicht beschweren. Nachwuchswissenschaftler machen nach der Doktorarbeit da weiter, wo sie aufgehört haben – als Postdocs. Es ist das naheliegendste; dafür sind sie schließlich ausgebildet. Das strukturelle Problem welches sich dabei ergibt, wird anfangs ausgeblendet: Postdocstellen sind zeitlich befristet, Stipendien sind häufig jungen Postdocs vorbehalten, und die Zahl der verfügbaren Stellen in der Wissenschaft für “danach”, also Nachwuchsgruppenleiter, Juniorprofessoren, oder wie auch immer man die nächste Ebene bezeichnen möchte, sind erstens stark limitiert und zweitens für viele gar nicht anstrebenswert. Welche Optionen bleiben also für das Gros der Postdocs- außer hochqualifiziert dem Wissenschaftsbetrieb den Rücken zu kehren?
In einer Kolumne in der aktuellen Ausgabe von Nature (
) spricht Jennifer Rohn, selbst Zellbiologin, dieses strukturelle Problem an. Sie rechnet vor, dass eine Professorin im Zuge ihrer Karriere dutzende potentielle Nachfolger ausbildet, deren Wissen und Erfahrung aber durch das Abwandern aus dem Wissenschaftsbetrieb und der oftmals erzwungenen beruflichen Neuorientierung verloren gehen. Sie plädiert für ein alternatives Karrieremodell, in dem Postdocs in Festanstellungen übernommen werden und wärmt damit die Diskussion um den akademischen Mittelbau auf, der ja in Deutschland grösstenteils glorreich abgeschafft wurde (warum eigentlich?).
An alternative career structure within science that professionalizes mature postdocs would be better. Permanent research staff positions could be generated and filled with talented and experienced postdocs who do not want to, or cannot, lead a research team.
Das hört sich für viele nach einer guten Lösung an, ist aber mit Konsquenzen verbunden:
1. Wenn Stellen fest mit Postdocs besetzt werden, können deutlich weniger Doktoranden eingestellt werden. Dadurch verjüngt sich die Karrierepyramide in der Wissenschaft an der Basis. Was strukturell sicher sinnvoll wäre, ist für frische Absolventen, die gerne promovieren möchten aber keine Stelle finden wohl weniger lustig.
2. Die Gelder von denen Postdocs bezahlt werden sind häufig projektgebunden. Bislang können Professoren auf auslaufende Gelder und auf neue Grants flexibel reagieren. Das wäre mit einem hohen Anteil festangestellter Postdocs weniger möglich.
3. Die geforderte Flexibilität erstreckt sich auch auf Ortswechsel, die im Zuge einer Karriere in der Wissenschaft oft notwenig sind. Eine Festanstellung bietet also nicht notwendigerweise die gewünschte Stabilität, die eine unbefristete Stelle eigentlich verspricht.
Die einzige Lösung, die allen gefallen dürfte – vielleicht mit Ausnahme des Finanzministers – wäre das Wissenschaftsbudget ordentlich aufzustocken. Angela Merkel hat ja nach ihren als diskreditierend empfundenen Äußerungen im Zusammenhang mit zu Guttenbergs abgeschriebener Doktorarbeit was gut zu machen.
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