Doping im Radfahren war in den vergangenen Wochen mehrfach Thema hier. Es ging um Methoden, wie gedopte Fahrer auch ohne die Analyse von Blut und Urinproben identifiziert werden könnten und konkret um die Frage ob der Gewinner der diesjährigen Tour de France, Chris Froome, gedopt war. In einem Gastartikel wurde die Frage untersucht, ob es überhaupt möglich ist, die Tour ohne Doping, nur durch verbesserte Ernährung und Training, zu gewinnen.
Alle drei Artikel haben eins gemein: Sie handeln von Profis, die mit Radrennen ihr Geld verdienen. Radfahren ist aber Breitensport und auch im Amateurbereich werden Rennen gefahren. Wenig verwunderlich aber weitgehend ignoriert: Auch dort wird gedopt. Ich habe ein Interview mit Jasper Vanuytrecht geführt. Jasper hat seine Masterarbeit zum Thema Doping im Amateurradsport in Flandern gerade fertig gestellt.
WeiterGen: Jasper, hat der Amateurradsport ein Dopingproblem
Jasper Vanuytrecht: Auf jeden Fall. Ich habe für meine Massenarbeit mehrere Amateurrennfahrer, aber auch Trainer, Ärzte, Teambetreuer, einen Polizeiinspektor, sowie den Leiter der Anti-Doping Agentur in Flandern (TeamMVS) befragt und Aussagen zur Häufigkeit von Doping im Amateursport gesammelt, aber auch zu Gründen warum im Amateursport gedopt wird, und was dagegen unternommen werden kann. Basierend auf den Aussagen in den Fragebögen schätze ich, dass mindestens 10% aller Amateurrennfahrer gedopt sind.
WG: Mit welchen Mitteln wird gedopt?
JV: Die Dopingmittel im Amateursport sind die gleichen, die wir vom Profisport der letzten Jahre und Jahrzehnte kennen: Steroidhormone, EPO, Corticosteroide. Ältere Fahrer nehmen auch häufig Amphetamine. Weiter werden Diuretika genommen, um Dopingmittel vor den Rennen aus dem Körper auszuschleusen.
WG: Wie kommen die Fahrer an die Medikamente?
JV: Das meiste wird über das Internet bestellt und ist Angaben der von mir interviewten Sportler zu Folge binnen einer Woche im Briefkasten zu Hause. Die Anbieter findet man mit einer einfachen Googlesuche. Es gibt aber auch Ärzte, die auf Bitten der Sportler leistungssteigernde oder schmerzhemmende Präparate verschreiben, obwohl dies möglicherweise nicht notwendig wäre, beispielsweise Kortison. Außerdem gibt es lokale Dealer, über die Dopingmittel bezogen werden, etwa bei Wettkämpfen. Ein Problem mit den bestellten Präparaten ist, dass man nie sicher sein kann, dass auch tatsächlich das drin ist, was drauf steht.
WG: Warum dopen Amateursportler überhaupt?
JV: Das hat verschiedene Gründe. Zum einen ist es natürlich Ehrgeiz. Egal ob Amateur oder Profis, wer Rennen fährt, will gewinnen. Dazu kommt ein nur eingeschränkt vorhandenes Unrechtsbewusstsein, das durch dopende Profis, die ja Vorbildfunktion haben, sicher nicht gefördert wird. Im Profiradsport gab es lange eine Kultur des Dopings, die weit in den Amateurbereich hinein reicht. Wer sich ambitionierte Ziele steckt, möchte diese erreichen – häufig offenbar egal mit welchen Mitteln und zu welchem Preis. Ein weiterer Faktor ist, dass das Risiko erwischt zu werden im Amateurbereich einfach sehr gering ist.
Vielen Sportlern scheint außerdem nicht bewusst zu sein, dass die Einnahme von Dopingmitteln kurzfristige und langfristige negative gesundheitliche Folgen hat. Die Nebenwirkungen von vielen Substanzen sind nicht adäquat untersucht. In Flandern gab es in den letzten Jahren zum Beispiel mehrere plötzliche Todesfälle von Amateurrennfahrern, die zuvor außergewöhnlich gut gefahren sind.
WG: Wird im Amateurbereich nicht auch getestet?
JV: Doch. Dopingkontrollen sind jedoch teuer und die Logistik ist kompliziert. Der Fokus liegt daher hauptsächlich bei den Profis. Bei Amateuren wird zwar auch getestet, allerdings nur bei den Rennen. Es finden so gut wie keine Trainingskontrollen statt. Die Kontrolleure müssten für effektive Kontrollen ja jederzeit unangemeldet bei den Athleten auftauchen können und müssten daher ständig wissen, wo sich die Amateurfahrer befinden. Das ist nicht zuletzt ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre. Die Zeit zwischen den Rennen kann also von Amateursportlern genutzt werden, um beispielsweise mit EPO die Ausdauer zu verbessern.
WG: Was wären dann deiner Meinung nach passende Maßnahmen, um Doping im Amateurbereich einzudämmen?
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