Ein gefundenes Fressen für die Sommerloch-leidenden Medien:

Soja schädigt das Sperma.

Hier bringt es der Kölner Stadtanzeiger, auch der Krankenkassen-Ratgeber und auch die Schweizer fanden das Thema gut.

Neu ist das nicht. Schon 2005 wurde zum Beispiel hier darüber berichtet.


Dennoch gab es bisher keine Warnhinweise auf der Sojamilch (wie bei den Zigaretten):

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Und rein theoretisch müßten Veganer dann doch weniger Nachkommen haben? Natürlich wird die Gesinnung nicht genetisch übertragen, aber wird sich das auf die Zukunft von Vegetariern und Veganern auswirken? Steckt hier womöglich das Potenzial für die Pille für den Mann?

NACHTRAG, nur für Stefan 😉

In der Studie, auf die sich die Artikel berufen (Danke nochmal an Ulrich für den Link), wurden Männer (ohne Vasektomie) auf ihre Ernährungsgewohnheiten hin befragt. 15 verschiedene Lebensmittel wurden abgefragt, u.a. Tofu, Tempeh,, Tofuwürstchen etc, Soja-Hähnchen etc, Soja-Lasagne etc, Miso-Suppe, Sojamilch, Sojakäse, Sojajoghurt, Soja-Eis, Sojabohnen …..

Aus der Untersuchung der Quantität und Qualität der Spermien ergab sich eine Korrelation mit dem Verzehr von Soja-Produkten. Mehr Soja (maßgeblich sind dabei Isoflavone), weniger Spermien.

Kommentare (23)

  1. #1 Beatrice Lugger
    Juli 30, 2008

    Sojamilch wird nicht nur von Veganern (gar kein gar nichts vom Tier, auch nicht Milch oder Eier) und Vegetarien (kein Fleisch, kein Fisch) verzehrt, sondern auch von vielen Menschen, die an Laktose-Intoleranz leiden – und neuerdings auch in manchem noch immer hippen Coffee-Shop als Soja-Cappuccino etc. geschlurft.

  2. #2 Chris
    Juli 30, 2008

    Natürlich darf und kann jeder Sojamilch und -produkte konsumieren. Nur stellen Veganer und Co. sicherlich den Großteil der Verbraucher dar / haben den höchsten Verbrauch.
    Kommt die Laktose-Intoleranz vieler Asiaten damit der Ein-Kind-Politik Chinas entgegen? Hätte dann ja fast sogar einen Nutzen….

  3. #3 wolfgang
    Juli 30, 2008

    Wenn sie nicht aussterben, werden sie im Schnitt aber nicht gescheiter.
    Wenn dann schon mal wegen mangelnder Spermienqualität in mühseliger Arbeit ein Kind gezeugt ist und zur Welt kommt, wird es zwar nicht gleich vegan ernährt- Muttermilch ist ja nicht vegan- aber der Muttermilch fehlen wichtige Vitamine zB Vit B 12. Und wird dann das Kind liebevoll aber ohne Vit B12 gestillt, gibt es nach einigen Monaten eine irreversible Kleinhirnatrophie die in der Magnetresonanz klar nachweisbar ist. In der medizinischen Literatur sind hunderte von Fällen bekannt.
    Also das Aussterben wird mindestens 2 Generationen dauern, aber klarer Knick in der Fortpflanzung wird da sein, da es auf der Hand liegt dass massiv Kleinhirngeschädigte sich nicht so gut fortpflanzen.

    Furchtbar.

  4. #4 florian
    Juli 30, 2008

    Es wurde ja nicht nur Sojamilch untersucht, oder? Was ist dann z.B. mit Tofu (der ja schon seit langer Zeit zum Speiseplan vieler asiatischen Länder gehört). Oder Seitan, Tempeh und die vielen anderen traditionellen Sojaprodukte die schon seit hunderten/tausenden Jahren in Asien gegessen werden?

    Ich habe selbst ~5 Jahre lang vegan gelebt – und dabei gar nicht soviel Sojamilch konsumiert. Es gibt ja auch noch Reismilch, Hafermilch etc… Die Gleichung Veganer=Soja kann man so sicher nicht aufstellen…

  5. #5 TeeKay
    Juli 30, 2008

    @florian: Seitan wird aus Weizeneiweiß hergestellt, nicht aus Soja.

  6. #6 Chris
    Juli 30, 2008

    Nein, es waren Sojaprodukte allgemein, als anschauliches Beispiel wurde ein Glas Sojamilch gewählt.
    Werde mir mal, wenn ich Zeit habe, das Paper raussuchen.

  7. #7 wolfgang
    Juli 30, 2008

    Man sollte die Dinge korrekt beim Namen nennen. Sojamilch ist ja keine MILCH, gewonnen von der Sojaziege oder ähnlichen SäugeTIEREN.

    Fällt für mich eher unter den Begriff “Saft”oder “Pflanzensaft”. Der Saft des Löwenzahns schaut zwar aus wie Milch wird aber immer als Saft bezeichnet und nicht als Löwenzahnmilch

  8. #8 Chris
    Juli 30, 2008

    lol
    Also sollte es eher Sojasaft heißen? Fänd ich gut.

    Wie nennst Du eigentlich Kokosmilch?

  9. #9 florian
    Juli 30, 2008

    @Teekay: Ja, natürlich! Ich hab das Zeug ja auch schon oft genug selbst gemacht und dazu immer Weizenmehl verwendet 😉 Sorry, da hab ich was verwechselt… (liegt wohl an der Hitze).

    @wolfgang: Soweit ich weiß heisst Sojamilch im Handel auch nicht “Milch” bzw. darf so gar nicht heissen. Das heisst dann “Sojadrink” oder so ähnlich.

  10. #10 Stefan Jacobasch
    Juli 30, 2008

    “Werde mir mal, wenn ich Zeit habe, das Paper raussuchen.”

    Das sollte man, mit Verlaub, vor dem Schreiben tun…

  11. #12 Chris
    Juli 30, 2008

    @Stefan
    Stimme ich Dir generell zu. ABER ich habe mich auf die vielfältigen Echos in den Medien berufen und der Tatsache, dass es schon vor Jahren seine Runde gemacht hat.
    *habdocheigentlichgarkeineZeit*

  12. #13 Chris
    Juli 30, 2008

    @Ulrich
    Danke!

  13. #14 Valerie
    August 3, 2008

    @ wolfgang:Tja,nur merkwürdig das B12-Mangel bei Otto-Normal-Fleischessern häufiger vorkommt als bei Vegetariern/Veganern,die mit B12 versetzte Nahrungsmittel konsumieren…Dat Zeuch lässt sich auch tierfreundlich herstellen.Oh,und bevor die blöden Witze anfangen:Ja,die armen,unschuldigen Bakterien kann (mangels Nervensystems der Bakterien) auch ein Hardcore-Veganer guten Gewissens verzehren. Abgesehen davon unterstelle ich,dass Umweltgifte (Weichmacher etc.) die Fruchtbarkeit schwerer schädigen als alle Sojabuletten der Welt.

  14. #15 Alex
    August 3, 2008

    @ Valerie
    Sie vergleichen den normalen Mischköstler mit Veganern, die eine zusätzliche Supplementierung mit B12 vornehmen.
    wolfgang schrieb vom “normalen” Veganer der an einer Unterversorgung mit Vit. B12 krankt und keine zusätzliche Einnahme des Vitamins anstrebt.
    Erkennen Sie den Unterschied?

  15. #16 Andreas Kyriacou
    August 3, 2008

    Wer handelsübliche Sojamilch trinkt, ist vermutlich fein raus, denn die ist zumeist mit B12 angereichert. Wer das Zeugs aber in der eigenen Küche braut, sollte sich – sofern weiblich und fortpflanzungsfreudig – durchaus von Wolfgangs Fallbeschreibungen aufschrecken lassen.

  16. #17 Chris
    August 5, 2008

    Find ich schon irgendwie “interessant”, wenn die angeblich so gesunde Ernährung mit Vitaminen künstlich angereichert werden muß…..

  17. #18 florian
    August 5, 2008

    @Chris: Es gibt genug Möglichkeiten als Veganer ohne künstliche Zusätze an ausreichend B12 zu kommen. Ist alles nur eine Frage von richtiger, bewußter Ernäherung.
    Es existieren immer noch viel zu viele Vorurteile gegenüber der veganen Ernährung (vielleicht sollte ich mal nen Blogeintrag dazu schreiben?)…

  18. #19 Chris
    August 5, 2008

    vielleicht sollte ich mal nen Blogeintrag dazu schreiben?
    Mach das! Kann nicht schaden. Hoffentlich löst das dann nur nicht wieder so einen Ideologie-Streit aus.

    Eine Frage wäre zum Beispiel, warum Karnivoren-Nahrung optisch imitiert wird.

  19. #20 florian
    August 5, 2008

    “Eine Frage wäre zum Beispiel, warum Karnivoren-Nahrung optisch imitiert wird.”

    Wenn du damit Soja-Würstchen et al. meinst dann kann ich dir zumindest eine Antwort geben, die meiner persönlichen Erfahrung entspricht. Ich hab diese Dinger deswegen verwendet weil mir das Kochen irgendwann einfach zu langweilig geworden ist. Um Abwechslung reinzukriegen und neue Rezepte auszuprobieren hab diese “Fleischersatzprodukte” genommen – damit lässt sich auf ganz andere Weise kochen als nur mit Gemüse in seiner normalen Form. Dann gibts noch ein paar andere Gründe: wenn man z.B. mal keine Lust auf großes Kochen hat, dann schmeisst man sich einfach ein Seitanschnitzel in die Pfanne und fertig. Gleiches gilt fürs Grillen. Ich weiß aber auch von sehr vielen Veganer, die diese Produkte ablehnen. Und die Hersteller von veganer Wurst etc. zielen wohl auch eher auf ein allgemeines gesundheitsbewußtes Publikum das ab und zu das Fleisch durch Soja ersetzt anstatt auf die richtigen Veganer…

  20. #21 wolfgang
    August 5, 2008

    Natürlich gibt es auch bei Nichtveganern Ernährungsmängel zB Vit B12 Mangel.
    Bei ausschließlich veganer Ernährung einer stillenden Mutter ist das Risiko aber enorm, dass dieses in einen schweren Vit B12 Mangel mit irreversibler Hirnatrophie hineingestillt wird.

    Schau mal da:

    Mütterlicher Vitamin-B12-Mangel: Ursache neurologischer Symptomatik im Säuglingsalter

    Maternal Vitamin B12 Deficiency: Cause for Neurological Symptoms in Infancy

    T. Lücke1, G. C. Korenke2, I. Poggenburg2, K. H. P. Bentele3, A. M. Das1, H. Hartmann1

    Hintergrund: Der Vitamin-B12-Mangel im frühen Säuglingsalter ist u. a. Ursache für Störungen des Wachstums, schwerer Regression der psychomotorischen Entwicklung, Muskelhypotonie und Hirnatrophie. Die Vitaminmangelsituation kann durch eine für Kinder ungeeignete Spezialdiät aus rein vegetabilen Rohstoffen herbeigeführt werden. Ursächlich kommen aber vor allem eine vegane Ernährung oder eine perniziöse Anämie der Mutter infrage. Patienten und Methoden: Wir berichten über 4 voll gestillte Säuglinge, bei denen es durch vegane Kost oder eine perniziöse Anämie der Mutter zu einer neurologischen Symptomatik durch alimentären Vitamin-B12-Mangel gekommen ist. Diskussion und Schlussfolgerung: Der Vitamin-B12-Mangel ist einfach und sensitiv über den Nachweis von Methylmalonat im Rahmen der Bestimmung der organischen Säuren im Urin zu diagnostizieren. Er sollte vermieden beziehungsweise frühestmöglich erfasst werden, da eine Vitamin-B12-Substitution von Mutter und Kind die neurologische Symptomatik des Kindes verhindert bzw. zu einer (teilweisen) Normalisierung der Befunde bereits betroffener Kinder führen kann.

    Vitamin B12 (= Cobalamin) liegt im Körper in zwei aktiven Formen vor, zytosolisch als Methylcobalamin und mitochondrial als Adenosylcobalamin. Methylcobalamin ist als Koenzym an der Regenerierung von Methionin aus Homozystein beteiligt. Bei diesem Schritt erfolgt der Transfer einer Methylgruppe von 5-Methyltetrahydrofolat auf Homozystein durch die Methioninsynthase. Fehlt das Koenzym, kann Tetrahydrofolat nicht recycled und ein wesentlicher Methylgruppendonator des Zellstoffwechsels, das S-Adenosylmethionin, nicht gebildet werden. Adenosyltranscobalamin ist Koenzym im Abbau ungeradzahliger Fettsäuren (Methylmalonyl-CoA zu Succinyl-CoA). Angeborene Defekte des intrazellulären Cobalaminmetabolismus sind sehr selten; sie werden hier nicht behandelt [1][2]. Kombinationen aus alimentärer Vitamin-B12-Defizienz und angeborener Störung des Folat-Zyklus können vorkommen [3].

    Ein alimentärer Mangel an Vitamin B12 führt bei Erwachsenen zum charakteristischen Bild der perniziösen Anämie mit neurologischen Symptomen, insbesondere einer Myelopathie mit Beteiligung der langen Bahnen und einer Polyneuropathie [4].

    Während der Schwangerschaft sinkt der Serum-Cobalaminspiegel der Schwangeren kontinuierlich ab [5]. Zwischen dem Cobalaminspiegel der Mutter und dem Homozysteinspiegel des Neugeborenen besteht eine inverse Korrelation [6]. Aufgrund der Verknüpfung mit dem Folsäurestoffwechsel treten Aborte und Neuralrohrdefekte bei einem Vitamin-B12-Mangel während der Schwangerschaft gehäuft auf [7].

    Für Säuglinge und Kleinkinder sind vegetarische Ernährung und Außenseiterdiäten nicht zu empfehlen [8]. Kersting verdeutlicht, dass für dieses Alter eine rein pflanzliche Formulaernährung keine gute Wahl darstellt, da biologische Wertigkeit der Pflanzenproteine und Energiedichte bei fehlender Fettzugabe gering sind und insbesondere ein Mangel an Spurenelementen und Vitaminen (inklusive Vitamin B12) vorliegt [9].

    Beim voll gestillten Kind kann sowohl eine perniziöse Anämie als auch eine vegane Kost der Mutter zu einer mangelhaften Versorgung mit Vitamin B12 führen.

    Infolge des Vitamin-B12-Mangels des Säuglings kommt es zu einer Verzögerung der körperlichen Entwicklung, zu Ödemen [10] sowie zu einer megaloblastären Anämie [11][12]. Er äußert sich aber vor allem in einer Entwicklungsstörung, Apathie oder einer Gedeihstörung [13][14][15]. Weitere neurologische Symptome wurden beschrieben: Muskelhypotonie, Hirnatrophie [16], Dysphagie und Tremor [17], Pseudotumor cerebri [18] und Neuropathie [19].

    Wir beschreiben 4 Kinder, bei denen in den Jahren 2003 bis 2005 ein Vitamin-B12-Mangel diagnostiziert wurde, der zu einer schweren neurologischen Symptomatik geführt hatte. Die wesentlichen klinischen Daten sind in [Tab. 1] zusammengefasst.

    Patient 1: Das zweite Kind gesunder Eltern, die sich ausgewogen ernähren, entwickelte sich zunächst unauffällig. Sein 4 Jahre älterer Bruder ist gesund. Unser Patient wurde über die ersten 6 Monate hinaus voll gestillt, da er Beikost verweigerte. Seit dem Alter von 6 Monaten stagnierte sein Gewicht und er zeigte sich zunehmend schlapp und antriebsarm. Er erreichte die Meilensteine der grobmotorischen Entwicklung nicht zeitgerecht. Im Alter von 9 Monaten wurde er wegen einer allgemeinen Entwicklungsstörung vorgestellt. Das Körpergewicht betrug 7 750 g (3.-10. Perzentile), die Länge 70 cm (3.-10. Perzentile), der Kopfumfang 44,9 cm (10.-25. Perzentile). Es bestand eine ausgeprägte Impetigo contagiosa, als Komplikation kam es zu einer septischen Arthritis des linken Ellbogens mit Nachweis von Haemophilus influenzae aus dem Gelenkpunktat sowie Staphylococcus aureus aus der Blutkultur. Die Diagnostik zeigte einen schweren Vitamin-B12-Mangel mit einer Methylmalonacidurie, Homozysteinämie und erniedrigtem Vitamin B12 ([Tab. 2]). Bei der Mutter bestand ebenfalls ein Vitamin-B12-Mangel (46 ng / l, Norm: 197-866 ng / l), ursächlich stellte sich bei ihr eine perniziöse Anämie heraus. Eine neurologische Symptomatik bestand bei ihr nicht. Ein MRT des Schädels zeigte bei unserem Patienten eine allgemeine Substanzminderung ([Abb. 1]), ein Schlaf-EEG eine gestörte Schlafarchitektur und Zeichen der erhöhten fokalen Anfallsbereitschaft. Unter parenteraler Vitamin-B12-Substitution mit Cyanocobalamin 1 mg / d wurde er innerhalb weniger Tage lebhafter und begann, Beikost zu akzeptieren. Vom 4. Tag bis 10. Tag der Vitamin-B12-Substitution zeigte er ein auffälliges Bewegungsmuster mit ausgeprägten Myoklonien. Im Alter von 11 Monaten entwickelte er eine BNS-Epilepsie, die unter ACTH-Therapie sistierte. Bei der letzten Vorstellung im Alter von 23 Monaten war er anfallsfrei. Das Körpergewicht betrug 13,6 kg (75.-90. Perzentile), die Länge 87 cm (25.-50. Perzentile), der Kopfumfang 48,3 cm (10.-25. Perzentile). Seine psychomotorische Entwicklung verlief verlangsamt (freies Laufen mit 22 Monaten). Schwere Infektionen traten im Verlauf nicht mehr auf, weshalb keine weitergehende immunologische Diagnostik durchgeführt wurde.
    Abbildung in neuem Fenster zeigen

    Abb. 1 Das MRT von Pat. 1 zeigt im Alter von 9 Monaten eine deutliche Hirnatrophie mit Erweiterung der inneren und äußeren Liquorräume, allgemeiner Hypomyelinisierung und Verschmächtigung des Corpus callosum (a coronare T1 flair, b sagittale T2).

    Patient 2: Das zweite Kind gesunder Eltern entwickelte sich bis zum 6. Monat unauffällig, die 2 Jahre ältere Schwester ist gesund. Das Mädchen wurde voll gestillt, auf Versuche von Beikostfütterung ab dem 6. Monat reagierte sie mit Erbrechen und Ablehnung. Sie entwickelte eine Gedeihstörung, ihre psychomotorische Entwicklung verlief retardiert, im Verhalten fiel sie durch phasenweise Apathie auf. Im Alter von 14 Monaten lag das Gewicht mit 6,6 kg 1,5 kg unterhalb der 3. Perzentile, die Länge mit 69 cm 6 cm unterhalb der 3. Perzentile, der Kopfumfang mit 42 cm 2 cm unter der 3. Perzentile. Die Entwicklung entsprach der eines 6-9 Monate alten Säuglings. Ein MRT des Schädels zeigte eine schwere Substanzminderung und Myelinisierungsstörung, ein EEG eine Allgemeinveränderung. Es bestand eine makrozytäre Anämie, im Urin war Methylmalonsäure vermehrt nachweisbar. Homozystein im Plasma und Propionylcarnitin im Trockenblut (10 µmol / l, Normbereich < 3) waren erhöht, das Vitamin B12 im Plasma war vermindert ([Tab. 2]). Bei der Mutter wurde ein mit 130 pg / ml ebenfalls vermindertes Vitamin B12 gemessen, im Immunfluoreszenztest auf Gewebeschnitten des Magens wurde ein erhöhter Antikörper-Titer gegen Parietalzellen nachgewiesen. Unter Vitamin-B12-Substitution kam es rasch zum Aufklaren der Patientin und zur Normalisierung der metabolischen Parameter. Im Verlauf zeigte sie deutliche Fortschritte und aktuell (12 Monate nach Diagnosestellung) eine nahezu altersentsprechende Entwicklung. Das Gewicht betrug 9 500 g (3.-10. Perzntile), die Länge 76 cm (5 cm unterhalb der 3. Perzentile) und der Kopfumfang 45,5 cm (an der 3. Perzentile). Patient 3: Zweites Kind gesunder Eltern. Die Mutter ernährte sich nahezu ausschließlich vegan. Das 2 Jahre ältere Geschwisterkind habe sich in der 2. Hälfte des 1. Lebensjahres auffällig langsam entwickelt, anschließend aber gute Fortschritte gemacht und sei jetzt altersgemäß entwickelt. Bis zum 11 Lebensmonat entwickelte sich die Patientin somatisch und psychomotorisch unauffällig. Ab diesem Zeitpunkt zeigte das weiter voll gestillte Kind keine Gewichtszunahme und wuchs nur 1 cm in 6 Monaten. Beikost lehnte sie vollständig ab. Im Monat vor der Vorstellung fiel sie durch zunehmende Apathie, Trinkschwäche und Gewichtsabnahme auf. Im Alter von 17 Monaten lag ihre Länge mit 73 cm auf der 3. Perzentile, das Gewicht mit 9 470 g auf der 10. Perzentile, der Kopfumfang war von der 97. Perzentile bei Geburt auf die 25. Perzentile (46,8 cm) gefallen. Die Patientin war wenig interessiert, verlangsamt, der Muskeltonus herabgesetzt. Die Entwicklung entsprach einem 10 Monate alten Säugling. Ein EEG zeigte eine Allgemeinveränderung mit einer Verlangsamung, eine Schädelsonografie war unauffällig. Es bestand eine makrozytäre Anämie, Methylmalonacidurie sowie Erniedrigung des Serum-Vitamin-B12-Spiegels ([Tab. 2]). Unter einer Substitution von Cyanocobalamin 1 mg / d i. v. über 3 Tage konnte bereits eine deutliche Zunahme der Aktivität des Mädchens beobachtet werden. Die Substitution wurde anschließend oral weitergeführt. Das Kind zeigte 8 Monate nach Diagnosestellung noch eine leichte Überstreckungstendenz. Die Körperlänge lag 1 cm unterhalb der 3er-Perzentile, das Körpergewicht mit 11 kg zwischen 25. und 50. Perzentile sowie der Kopfumfang mit 48,6 cm an der 50. Perzentile. Patient 4: Zweites Kind gesunder Eltern, die sich veganisch ernähren. Beim 8 Jahre älteren Bruder wurde im Kleinkindesalter anlässlich einer Entwicklungsstörung mit Somnolenz ein Vitamin-B12-Mangel diagnostiziert. In dieser Schwangerschaft ließ die Mutter einen Vitamin-B12-Spiegel bestimmen, der als normal interpretiert wurde. Eine Substitution erfolgte daraufhin nicht. Das Kind wurde voll gestillt und verweigerte in der 2. Hälfte des 1. Lebensjahres Beikost, wie der große Bruder. Im Alter von 15 Monaten wurde im Rahmen einer entwicklungsneurologischen Untersuchung eine muskuläre Hypotonie festgestellt. Das Gewicht lag mit 8,8 kg an der 10. Perzentile, die Länge mit 71 cm 2 cm unterhalb der 3. Perzentile, der Kopfumfang betrug 47,5 cm (75. Perzentile). Ein EEG zeigte eine Allgemeinveränderung mit einer Verlangsamung, ein MRT eine frontal betonte Hirnsubstanzminderung, eine MR-Spektroskopie einen Laktat-Peak (1,3 ppm). Ein Blutbild war unauffällig, die Methylmalonsäureausscheidung im Urin massiv erhöht (s. [Tab. 2]). Unter einer intravenösen Cobalamin-Substitution über 3 Tage mit je 1 mg / d besserte sich ihre Vigilanz rasch, die Methylmalonsäure war im Urin nicht mehr nachweisbar. 3 Monate nach Diagnosestellung zeigte sich noch eine deutliche Entwicklungsverzögerung und ein schwer gestörtes Essverhalten. Das Körpergewicht betrug 8,5 kg (1 kg unterhalb der 3. Perzentile), die Länge 73 cm (4 cm unterhalb der 3. Perzentile), der Kopfumfang 47,5 cm (50. Perzentile). Bei Complianceproblemen hat sich die Familie nicht mehr bei uns vorgestellt. Diskussion Vitamin B12 in der Nahrung stammt nahezu ausschließlich aus tierischen Produkten. Ein Mangel ist insbesondere ein Problem bei veganer Ernährung - sei es aus ideellen Gründen oder aufgrund ökonomischer Zwänge. Das Krankheitsbild tritt auch in Europa auf und ist möglicherweise häufiger als angenommen. In der Literatur finden sich mehrere Fallbeschreibungen, bei denen eine vegane Ernährung der Mutter einen Vitamin-B12-Mangel beim voll gestillten Säugling bewirkt [10][12][20][21]. Seltener wird ursächlich eine perniziöse Anämie der Mutter festgestellt [22]. 4 Kasuistiken wurden exemplarisch vorgestellt, zwei weitere wurden jüngst aus unseren Kliniken publiziert [23][24]. Erschreckend ist, dass in zwei unserer Fälle bei älteren Geschwistern bereits ein Vitamin-B12-Mangel nachgewiesen wurde (Patient 4) beziehungsweise retrospektiv wahrscheinlich ist (Patient 3), ohne dass in der darauf folgenden Schwangerschaft und Stillzeit eine Substitution erfolgte. Alle hier beschriebenen Kinder wiesen sowohl eine Entwicklungs- als auch eine Gedeihstörung auf. Die mittels cMRT untersuchten Kinder zeigten schwere Hirnatrophien. Diese Befunde sind typisch für einen Vitamin-B12-Mangel [16][20][25][26]. Bei einigen Kindern mit alimentärem Vit.-B12-Mangel wurden auffällige Bewegungsmuster, wie sie bei Pat. 1 beobachtet wurden, beschrieben [27]. Die Bewegungsauffälligkeiten umfassen Zuckungen, tremoröse Zustände, choreatrische Bewegungen und Myoklonien, die vor oder auch unter Therapie auftreten können. Anfälle, wie sie Pat. 1 präsentierte, sind hingegen nur selten mit einem nutritiven Vitamin-B12-Mangel assoziiert [23]. Bei Roschitz et al. fand sich unter 7 gestillten Patienten mit Vitamin-B12-Mangel ein Junge mit therapieresistentem Westsyndrom [28]. Die Langzeitprognose eines alimentären Vitamin-B12-Mangels im frühen Kindesalter ist auch unter Substitution schlecht. So konnten in einem 10-Jahres-Follow-up Irritabilität, Gedeihstörung / Anorexie und eine schlechte Hirnentwicklung konsistent nachgewiesen werden; häufig fand sich ein schlechtes intellektuelles Outcome, wobei die Prognose umso schlechter war, je später der Vitamin-B12-Mangel entdeckt und therapiert wurde [25]. Eine Prophylaxe beziehungsweise die möglichst frühe Diagnose und Therapie des Krankheitsbildes ist entscheidend. Die Erfassung der Methylmalonsäure über die Bestimmung der organischen Säuren im Urin stellt eine einfache und sensitive Diagnosemöglichkeit dar [29][30]. Wie schon von anderen [28] vermutet, scheint jedoch keine strenge Korrelation zwischen den biochemischen Parametern (Gesamt-Homozystein im Plasma und Methylmalonat-Ausscheidung im Urin) und der Schwere des Krankheitsbildes bzw. der Prognose vorzuliegen. Eine Korrelation zwischen der Höhe der Methylmalonsäureausscheidung im Urin und der Konzentration von Vitamin B12 in der Brustmilch stillender Mütter konnte gezeigt werden [31]. Zusammenfassend sollte bei der Anamnese einer Schwangeren oder stillenden Mutter stets die gezielte Frage nach veganer Ernährung gestellt und an die Möglichkeit der Vorliegens einer perniziösen Anämie gedacht werden. Bei veganer Ernährung und Kinderwunsch, Schwangerschaft oder Stillen besteht die Notwendigkeit einer Vitamin-B12-Substitution in einer Dosis von 10 µg pro Tag. Die amerikanische Vegan Society stellt dies auf ihrer Homepage sehr klar dar: „If you are breast feeding an infant, pregnant or seeking to become pregnant or are an adult contemplating carrying out such an experiment on a child, then don't take the risk. It is simply unjustifiable” (www.vegansociety.com/html/food/nutrition/b12). Auf deutschsprachigen Internetseiten zu veganischer Ernährung und Schwangerschaft wird leider auf die Gefahr einer Schädigung des Kindes nicht hingewiesen oder zumindest keine eindeutige Empfehlung zur Substitution ausgesprochen. Ein normales Blutbild ohne Nachweis einer megaloblastären Anämie wie bei unseren Patienten 1 und 4 oder auch ein niedrig normaler Serum-Vitamin-B12-Spiegel schließen das Vorliegen eines Vitamin-B12-Mangels mit Methylmalonacidurie nicht aus. Mangelzustände bei Mutter und / oder Kind sollten rasch ausgeglichen werden. Die Therapie erfolgt zum Beispiel initial mit Cyanocobalamin 1 mg / d i. v. und wird nach Abfall der metabolischen Parameter für 6 Monate oral weitergeführt, adjuvant kann eine Eisen- und Folsäuresubstitution erforderlich sein.

  21. #22 Chris
    August 5, 2008

    Das war mal ein sehr ausführlicher Kommentar! Sehr ausführlich. Danke!

  22. #23 Hanspal
    Oktober 15, 2008

    hier gibt es weitere Info:
    http://www.vegankids.de