Kochbücher gibt es so zu ziemlich jedem Thema, Klingonisch kochen oder auch das
trendige molekulare Kochen. Es gibt quasi alles, was man sich vorstellen kann. Eine Lücke (?) schließt jetzt auch das Kochbuch für Astronauten. Vorweg, es ist auf englisch und auch die Rezepte beziehen sich auf amerikanische Supermarkt-Sortimente. Und um es ganz genau zu nehmen ist auch eher ein Kochbuch für die Astronauten-Versorgungsköche.
Bei Astronautennahrung muss ich spontan an diese alte tschechische Serie mit den Blumen denken. Die Außerirdischen hatten Tuben, aus denen sich sämtliche Gerichte “zaubern” ließen.
Aber zurück zum Buch:
Es ist in mehreren Kapiteln unterteilt, Allgemeines (Wie esse ich in der Schwerelosigkeit?), Frühstück, Snacks, Suppen, Brot und Tortillas(wichtig!), Hauptgänge, Gemüse, Nachtisch und schließlich noch Getränke.
Was dem Buch in meinen Augen die einzige Daseinsberechtigung gibt, sind die vielen Anekdoten und Hintergrundstories zu Beginn eines jeden Kapitels.
Denn entgegen der ansonsten üblichen Methode, die Seiten mit möglichst großen und schönen Bildern der Gerichte aufzufüllen, sucht man Bilder fast vergeblich.
Ein paar NASA-Bilder der Verpackungen und von essenden Astronauten sind zwar vorhanden, bilden aber eher eine Ausnahme. Um die fehlenden Fotos irgendwie auszugleichen, hat man ein paar Hintergrund-Cliparts wahllos unter die Rezepte gesetzt. So ziert das Rezept für Butter-Cookies das Clipart einer Erdbeere! Bei der Pilzsuppe findet man eine Banane und beim Erdbeer-Salat ist ein Knoblauch.
Aber vielleicht ist das ein unterschwelliger Insider-Gag und die Illustrationen spiegeln den subjektiven Geschmack des jeweiligen Gerichts wider? Erbeeren schmecken in der Schwerelosigkeit wie Knoblauch?
Die Rezepte sind im Wesentlichen sehr gewöhnlich und vor allem auf amerikanische Supermärkte ausgerichtet. Der absolute Brüller ist das “Rezept” für gefrorenen Sandwich.
Man nehme 2 Scheiben Weißbrot(ohne bröselnde Kruste!), Aufschnitt nach Wahl, Käse nach Wahl, Gewürze nach Wahl und eine Plastiktüte.
1. Wurst und Käse auf die Brotscheiben legen.
2. Diagonal durchschneiden
3. In die Tüte legen, verschließen und einfrieren
4. Aus dem Tiefkühler nehmen, bei Raumtemperatur auftauen lassen
5. Gewürze hinzufügen und innerhalb von 6 Stunden essen oder vernichten.
WOW, wie lange müssen die Köche in den NASA Küchen daran gearbeitet haben! Wieviele Versuche waren wohl nötig, um so ein Rezept weltraumkompatibel hinzukriegen?
Wie gesagt, wirklich lesenswert sind die Anekdoten und Hintergrundgeschichten. Etwa dass Tortillas von den ersten mexikanischen Astronauten vorgeschlagen wurden und seit dem fester Bestandteil der Menüliste sind, sie halten sich extrem lange und lassen sich hervorragend als Frisbee verwenden (aber bitte erst nachher belegen, sie fliegen mit Belag auch, verursachen aber Probleme).
Auch die dehydrierte Trockennahrung ist historisch: Anfangs wurde der Strom im All mit Brennstoffzellen erzeugt. Und wie wir alle wissen, ist der Vorgang in einer Brennstoffzelle ja nur eine katalysierte Knallgasreaktion, weswegen das Abfallprodukt Wasser ist. Und dieses ohnehin vorhandene Wasser wurde dann für das Essen verwendet. Wieder Gewicht bei den Raumkapseln eingespart.
Die ISS hat nun aber kein überflüssiges Wasser mehr (Solarzellen sei Dank) und so dürfen die Astronauten wieder normales Essen genießen. Lediglich Gemüse wird noch dehydriert, um die Haltbarkeit zu gewährleisten.
Interessant sind auch die Geschichten der Verpackung, eine wesentliche Aufgabe der NASA-Nahrungsexperten. Ohne Klett-verschlüsse wäre die ISS scheinbar nicht denkbar. Und sowohl Coke als auch Pepsi haben sich um eine Weltraumlösung bemüht. Generell wird aber Kohlensäure in den Getränken vermieden, weil es zu Verdauungsproblemen führt, Gase verhalten sich scheinbar seltsam, so ohne Schwerkraft…
Nun, diese Art von Geschichten sind das einzig “brauchbare” an dem Kochbuch, auch wenn sie eher in die Rubrik “Nutzloses Wissen” fallen, interessant sind sie. Empfehlenswert für Weltraumgeeks und jeden, der beim perfekten Dinner sagen möchte: “Das ist jetzt original das gleiche Menü wie auf der ISS”.
Und wer jetzt ein klein wenig Astronauten-Essen nachspielen möchte: Einfach eine Capri-Sonne kaufen, Strohhalm reinpieksen und fertig.
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