(Reisetipps und Hintergründe)
Die griechische Hauptstadt Athen ist eine Millionenmetropole, die nicht unbedingt für ihre Sauberkeit bekannt ist – besonders wenn die Müllabfuhr streikt. (Foto: CJ)
Tipp: Finanzmärkte: Griechenland könnte den nächsten Crash verursachen (Zeittaucher vom 31.01.2010)
Die weltweite Wirtschaftskrise und eine unsolide Haushaltspolitik der vergangenen Jahre haben gemeinsam zugeschlagen: Der griechische Staat ist mit den immensen Schulden von 300 Milliarden Euro (Stand: 11.12.2009) komplett pleite. Im Land der Hellenen waren in diesem Jahr zudem weniger Touristen unterwegs.
Leergefegte Strände laden zum Spazieren ein
Dies war besonders auf der griechischen, vom Meer umspülten Halbinsel Peloponnes zu spüren, wo nach Auskunft von Hotel- und Restaurantbesitzern schon im Sommer 2009 teilweise bis zu 50 Prozent der bisherigen Touristenströme ferngeblieben sind. Diese Entwicklung könnte im nächsten Frühling jedoch einen besonderen Reiz haben. Denn Liebhaber von langausgedehnten Spaziergängen am Meer kommen an den leergefegten Stränden bei dann angenehmen Temperaturen voll auf ihre Kosten.
Griechische Fahne auf der Akropolis in Athen. (Foto: CJ)
Die griechische Staatsverschuldung ist zurzeit höher als das vom Europäischen Statistikamt (Eurostat) für 2009 für Griechenland geschätzte Bruttoinlandsprodukts (BIP) von etwa 246 Milliarden Euro.
Zum Vergleich: Die deutsche Staatsverschuldung liegt zurzeit bei „erschreckenden” 1762 Milliarden Euro (13.12.2009). Im Jahr 2009 soll das deutsche BIP trotz der Finanzkrise und Wachstumseinbrüchen um die 2390 Milliarden Euro betragen. Schon die geplante 100 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme des Bundes ist dramatisch, auch wenn sie prozentual unter den “griechisch-irisch-britischen” Verhältnissen bleibt. Die Konvergenzkriterien der Europäischen Union für einen stabile Finanz- und Wirtschaftspolitik (maximal drei Prozent Verschuldung zum BIP) werden jedoch auch von Deutschland massiv überschritten.
Griff in griechische Rentenkassen führte zum Finanzdesaster
Gründe für das griechische Defizit liegen vor allem in der Finanzierung von Infrastrukturprojekten durch den permanenten Griff seit 1981 in die Rentenkassen des Landes. Diese sind nun ebenfalls pleite. Jedoch muss der Staat nun zur Aufrechterhaltung der sozialen Sicherungssysteme Schulden aufnehmen, was einem Teufelskreislauf nahekommt. Zudem sollen EU-Subventionen zweckentfremdend worden sein. Griechenland ist des Weiteren für seine Korruption auch in alltäglichen Dingen wie dem Medizinbereich bekannt und leidet unter einer riesigen Jugendarbeitslosigkeit von 25 Prozent und Dumpinglöhnen. Die seit dem Ende der Militärdiktatur 1974 regierenden und sich iun der Machtausübung abwechselnden Parteien Pasok (sozialistisch) und die Nea Demokratia (ND – konservativ) haben ihren Beitrag zum Staatsbankrott geleistet. Alleine zwischen 2004 und 2009 wurden unter der konservativen ND-Regierung 100000 Stellen in der öffentlichen Verwaltung geschaffen, so mancher unqualifizierte Parteifreund durch das antik-orientalisch anmutende Klientelwesen versorgt. Etwa 27 Milliarden Euro sind nun jährlich nötig, um die Staatsbediensteten zu bezahlen. Helfen kann in diesem Zusammenhang ein konsequenter Sparkurs und eine Konzentration auf eine der Haupterwerbsquellen des Landes: den Tourismus, wie das Beispiel des Peloponnes zeigt.
Lieber gleich Sahara-Urlaub buchen
Im Sommer ist die Halbinsel an manchen Stellen klimatisch nicht ertragbar. Durch die Waldbrände der vergangenen Jahre stieg das Thermometer 2009 auf bis zu 40 Grad derart an, dass man auch gleich einen Sahara-Urlaub hätte buchen können. In der Wiege der europäischen Kultur bietet sich eine Mischung aus Strandurlaub und Kultur an. Denn durch Fördermittel der Europäischen Union sind viele frühere Buckelpisten derart gut ausgebaut, dass ein normaler Mietwagen ausreicht, um von Athen aus anzureisen.
Früher war es durchaus noch angesagt, mit der Autofähre über Italien oder sogar mit dem Nachtzug in Richtung Griechenland und dann weiter auf den Peloponnes oder die Halbinseln aufzubrechen. Doch nicht nur wegen des regelmäßigen Durchfallens der Fähren bei ADAC-Sicherheitstests ist eine dreistündige Flugreise nach Athen von Frankfurt oder Stuttgart empfehlenswert.
Das Kloster Hosios Lukas in der Nähe von Delphi in Mittelgriechenland. (Foto: CJ)
Hotels können auch bequem über Internetprotale zu erstaunlich günstigen Preisen gebucht werden. Für ältere und weniger flexiblere Reisende bietet sich aber immer noch der Gang ins Reisebüro an, zumal einige Veranstalter auch spezielle Angebote mit mehreren Hotels auf einer grob festgelegten Reiseroute haben, mit der die Halbinsel am besten erkundet werden kann. Für mehrere Reisende empfiehlt sich zudem die Buchung eines Ferienhauses oder -wohnung am Meer. Am für die Olympischen Spiele 2004 erbauten modernen Athener Flughafen kann ein vorgebuchter Mietwagen (unbedingt mit Navigationssystem) bequem abgeholt werden. In der Folge gilt es, den Großraum der Millionenmetropole schnell zu verlassen.
Blick von Delphi auf den Golf von Korinth. (Foto: CJ)
Ein erster Anlaufpunkt für Geschichtsinteressierte ist wie bei klassischen Studienfahrten auf dem Festland die bekannte Orakelstadt Delphi (nördlich des Golfs von Korinth; Entfernung von Athen: 200 Kilometer). Hier gilt es eine Übernachtung zu buchen, da für den sehenswerten archäologischen Park (UNESCO-Weltkulturerbe) und das angeschlossene Museum vier Stunden Besichtigungszeit eingeplant werden sollten. In der Antike galt die Stadt als Mittelpunkt der Erde, weil dorthin immer wieder Gesandtschaften zum dortigen Orakel im Apollon-Heiligtum aufbrachen, um sich von der Hellseherin Pythia die Zukunft weissagen zu lassen. An manchen Hotels der neben den Ausgrabungen befindlichen heutigen Bergstadt haben die Themen „Modernisierung” und „Komfort” bisher keinen Widerhall gefunden. Jedoch sollte man darüber hinwegsehen, da ein unglaublicher Blick auf das Meer von den Balkonen der zahlreichen Restaurants und die griechische Küche mehr als entschädigt.
Der archäologische Park von Delphi mit dem Apollon-Heiligtum. Dort weissagte früher die Hellseherin „Pythia” die Zukunft. (Foto: CJ)
Über die vor fünf Jahren eingeweihte und 2,5 Kilometer lange „Rion-Antirion-Brücke” bei der Meerenge von Patras kann am nächsten Tag der Peloponnes erreicht werden. Es empfiehlt sich, das von Delphi knapp 250 Kilometer entfernte Olympia (vier Stunden Fahrtzeit) anzusteuern und dort ebenfalls in einem der nun akzeptableren Hotels zu übernachten. Im Austragungsort der antiken Olympischen Spiele gibt es viel zu entdecken. Ein „absolutes Muss” sind hier der Besuch des Zeus-Heiligtums mit seinen ausgegrabenen Sportanlagen (Stadion) und das angeschlossene Museum (3-4 Stunden). Da im Gegensatz zu Olympia, das von deutschen Archäologen ausgegraben wurde, nicht alle Beschriftungen in den Museen auf Deutsch oder Englisch sind, empfiehlt sich schon in Deutschland der Kauf eines Führers, in denen Olympia immer gut beschrieben ist. Außerdem lohnt es sich, mal wieder in Gustav Schwabs „Sagen des griechischen Alterstums” zu schmöckern, weil viele der dort beschriebenen Mythen, aber auch bekannten Eifersuchtsdramen rund um die griechische Götterwelt, ihren Ursprung auf der zum Teil sehr bergigen, kargen und zugleich fruchtbaren Halbinsel haben.
Unabhängigkeit durch letzte Segelschiffschlacht
Ein Geheimtipp auf dem Peloponnes ist die Region Messenien südlich von Olympia. Rund um das beschauliche Fischerstädtchen Pylos (von Olympia 100 Kilometer) lohnt es sich an der Bucht von Navarino für mehrere Tage Anker zu legen und auszuruhen. In diesen landschaftlich wunderschönen, aber wenig bereisten Landstrich kamen schon vor der Weltwirtschaftskrise weniger Touristen, zumal es zurzeit neben Campingplätzen nur etwa 1000 Hotelbetten gibt. Dies soll sich in den nächsten Jahren ändern, da an der Küste Luxushotels mit Golfplätzen entstehen, an deren Konzeption der deutsche Profigolfer Bernhard Langer beteiligt war. Doch auch wenn die Bettenzahl verdoppeln wird, ist immer noch ausreichend Entspannung garantiert, da zumindest die Bucht seit 1827 befriedet ist. Denn bei der letzten historischen Seeschlacht mit Segelschiffen wurden durch englische, russische und französische Schiffe knapp 75 Prozent einer türkisch-ägyptische Flotte des Osmanischen Reiches vernichtet und versenkt. Die Schlacht leitete die griechische Unabhängigkeit von den Türken ein, die auch den Peloponnes besetzt hatten und zur Festigung ihrer Herrschaft brutal vorgingen. Dies haben die Griechen bis heute nicht vergessen, was die Ressentiments der beiden Völker gegeneinander mit erklärt.
Die nahe Ochsenbaumbucht mit ihrer Sichelform gilt als eine der schönsten Griechenlands und ist sogar von Schildkröten bewohnt, die das Baden und Schnorcheln zu einem besonderen Erlebnis machen. Die Gegend ist ebenso ein Vogelparadies, wo Flamingos und Reiher beobachtet werden können. Der nahe Palast des mystischen Königs Nestor vereint Badefreuden und Kultur.
Blick von der Agora auf die Athener Akropolis. (Foto: CJ)
Nach einigen Ruhetagen empfiehlt es sich auf dem Rückweg nach Athen noch zwei bis drei längere Stopps einzulegen. Die wunderschöne Fahrt über das Taigéttos-Gebirge zur Kreuzfahrerburg und riesigen byzantinischen Ruinenstadt Mistras und nach Sparta in die im Südwesten der Insel gelegene Region Lakonien ist sehr zu empfehlen, benötigt aber mindestens einen weiteren Tag. Das antike und von Heinrich Schliemann mit ausgegrabene Mykene und das Theater von Epidauros im Norden der Halbinsel können an einem Tag besichtigt werden.
Prostitution auf dem Burgberg
Wer viel Zeit zur Verfügung hat, kann ebenso Korinth besuchen und die dortige Akropolis besteigen. Auf dem Burgberg mit einer fantastischen Aussicht soll es im Altertum zu Ehren der Götting Aphrodite eine kultische Prostitution gegeben haben. Über das zügellose Leben von Christen in der Hafenstadt Korinth regte sich zumindest schon der Apostel Paulus auf und gab in seinem ersten Brief an die Korinther genaue Anweisungen für eine neue Sexualmoral. Ein kurzer Autostopp am 5,9 Kilometer langen und am Ende des 19. Jahrhunderts erbauten Kanal von Korinth rundet die Reise ab. Für einen folgenden Athen-Besuch sollten mindestens drei zusätzliche Tage und die sofortige Abgabe des Wagens eingeplant werden.
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Udo Jürgens – “Griechischer Wein” (1975):
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