Trotz des demografischen Wandels fehlen in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2025 jährlich 25000 Wohnungen.
Dies sagte heute (17. April 2010) der Vorsitzende des baden-württembergischen Mietertages Rolf Gaßmann beim Landestreffen seiner Organisation in Heidelberg. Es würden jährlich rund 50000 neue Wohnungen gebraucht, jedoch seien im Jahr 2009 nur 25000 entstanden. Er warf dabei dem Land vor, mit 6 Millionen Haushaltsmitteln im Jahr 2010 im Gegensatz zu Bayern mit 165 Millionen Euro zu wenig für die Wohnbauförderung zu tun und damit vor allem sozial Schwache und Menschen im Niedriglohnbereich zu tun.
Stadtrückbau vs. Wanderungsgewinner
Diese Nachricht mag manche verwundern, zumal zum Beispiel in den neuen Bundesländern in der Kommunalpolitik seit Jahren über den Stadtrückbau gesprochen wird. Jedoch müssen wir in diesem Zusammenhang beachten, dass die massiven Geburtenrückgänge und Wegzüge in der ehemaligen DDR seit der Wiedervereinigung vor 20 Jahren ebenso „Wanderungsgewinner” unter den Bundesländern hatte, zu denen vor allem Baden-Württemberg gehörte.
Wie auch die aktuellen Tabellen (Stand: 2010) mit genauen Zahlen des Statistischen Landesamtes von Baden-Württemberg zeigen, stieg die Bevölkerungszahl im Südwesten zwischen 1990 mit 9.822.027 Einwohnern im Jahr 2008 auf 10.749.506 an.
Abiturienten und Mietnomaden verstärken Wohnungsnot
Aus diesem Grund und wegen des erhöhten Wohnungsbedarfs in den Ballungsräumen wie der Region Stuttgart oder der Metropolregion Rhein-Neckar um Heidelberg/Mannheim werden in den kommenden Jahren die neuen Wohnungen dringend benötigt. Der Doppelabiturjahrgang 2012 durch die Zusammenführung von achtjährigem und neunjährigem Gymnasium wird die Wohnungsnot in den großen Universitätsstädten wie Heidelberg, Freiburg oder Tübingen noch verstärken, während in den ländlichen Räumen schon jetzt viele Wohnungen leer stehen und manche Vermieter wegen schlechten Erfahrungen mit Mietern ihr Eigentum nicht mehr zur Verfügung stellen.
Ein Blick in die Geschichte der baden-württembergischen Wohnungsnot
Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg 1946 innerhalb von wenigen Monaten die Einwohnerzahl im neugegründeten Bundesland Württemberg-Baden (heutige Regierungsbezirke Stuttgart und Karlsruhe) in der amerikanischen Besatzungszone um über 600.000 Menschen an. Viele Frauen mit Kleinkindern und Greise wurden vor allem in den ländlichen, unzerstörten Gebieten als Vertriebene und Flüchtlinge untergebracht. Viele ihrer Nachkommen leben bis heute dort.
Massives Bevölkerungswachstum
Bei der Volkszählung 1970 wurden in Baden-Württemberg unter den 8.895.048 Einwohnern schließlich 1.614.000 Vertriebene gezählt. Darunter waren ebenso viele Menschen, die zuerst in der Sowjetische Besatzungszone/DDR gekommen waren und noch vor dem Mauerbau 1961 flüchten konnten. Die Heimatvertriebenen stellen damit Anfang der 1970er-Jahre 19,7 Prozent an der Gesamtbevölkerung im Südwesten. In der Folge kamen durch die Ostverträge zusätzlich noch 500.000 Spätaussiedler nach Baden-Württemberg.
Migrationsanteil der Bevölkerung bei 25 Prozent
Seit den 1950er-Jahren kamen außerdem viele Gastarbeiter in den Südwesten und ließen ihre Familien später nachziehen. Nach den statistischen Angaben lebten im Jahr 2007 2,7 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund im Land. Diese Personengruppe setzt sich zusammen aus knapp 1,3 Millionen Ausländern und rund 1,4 Millionen Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Damit liegt der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund bei gut 25 Prozent und damit deutlich über dem bundesweiten Migrantenanteil von 19 Prozent.
An den Zahlen wird deutlich, weshalb manche Regionen in Deutschland trotz der prognostizierten rückgängigen Bevölkerung noch einen erhöhten Wohnraumbedarf haben. Dazu kommen Stichworte wie „Singlehaushalte”, „Scheidungsrate, die zu neuen Haushalten führt” oder „Erhöhte Mobilität führt nicht unbedingt zum Hausbau”.
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Mieterbund Baden-Württemberg
Statistische Ämter des Bundes und der Länder
Das etwas angestaubte Youtube-Video zeigt zwar, dass zum Beispiel Heidelberg sehr schön ist. Miet-Wohnungen sind allerdings sehr teuer.
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