„Zwerge auf den Schultern von Riesen” scheint auf den ersten Blick der passende Titel eines Weblogs für Kindermärchen zu sein. Tatsächlich handelt es sich jedoch um die „Beschäftigung [einer Mainzer Historikerin] mit Themen der Geschichte, Philosophie und Buchwissenschaft”.

https://zwergenblick.wordpress.com/

Von Verena Weiland (Universität Heidelberg)

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Zwerge. (Foto: Peter Fenge / pixelio.de)

Strukturierungspunkte wie „Riesenfütterung”, „Zwergenidee” und „Zwergenblick” sollen zur inhaltlichen Orientierung beitragen, stiften anfangs hingegen Verwirrung. Hat man sich erst einmal zurechtgefunden, so ist klar: Die Autorin hat sich (zu ?) hohe Ziele gesteckt, indem sie ihre eigenen Wissenslücken durch die thematische „Riesenfütterung” zu schließen versucht.

Wünschenswert: Mehr Aktualität vom „Zwerg”

Der „Zwerg”, der sich hinter diesen Lücken verbirgt, ist Cathleen Sarti Schulz, die nach ihrem abgeschlossenen Studium – seien die Angaben vom Juni 2009 noch aktuell – nun an der Johannes Guttenberg-Universität Mainz an ihrer Promotion zur Frühen Neuzeit arbeitet. Da auch die weiteren Blogeinträge größtenteils aus dem Jahr 2009 stammen, würde der Website insgesamt ein wenig Frische gut tun. Offensichtlich wird sich nur einmal monatlich um die Website bemüht.

Nüchternheit der Darstellung

Ganz im Gegensatz zur Titelgebung wirkt die Aufmachung durch und durch nüchtern, lediglich geprägt vom einzigen Bild der farblosen Landschaft. Wer Zwerge und Riesen kreativ angebracht auf der Homepage sucht, der wird hier nicht fündig. Stattdessen wird auf Schlichtheit gesetzt, werden sparsam die Schriftzüge variiert.

Hohe Erwartungen werden enttäuscht

Scheinbar gut strukturiert sind links vier Themenpunkte aufgeführt, doch zeugen diese bei näherer Betrachtung von derselben Lückenhaftigkeit wie die spärlich mit „Riesenfütterung” versorgte Startseite. Wer hofft, hinter dieser Begriffswahl würde sich ein reicher Fundus von Artikeln, Beiträgen und Reflexionen verbergen, der wird leider enttäuscht.

Die drei Sammlungen zu den Themen „Buchwissenschaft”, „Geschichte” und „Philosophie” stellen durch die übersichtlich aufgeführten Inhaltspunkte zwar Anspruch auf umfangreiche Informationen, doch zieht sich auch hier bedauerlicherweise der rote Faden der Lückenhaftigkeit statt das Motto der „Riesenfütterung” durch.

Es kann daher nur gehofft werden, dass diese ihrem Namen im Laufe der Zeit noch gerecht werden wird, denn die wenigen bisher erschienenen Artikel scheinen insbesondere für Studierende recht interessant und hilfreich zu sein.

Durchdacht wirkt die weitere Strukturierung zu den Kategorien, den Verweisen auf weitere Weblogs sowie zum Unterpunkt „Unhistorisches”. Mit ein paar wenigen Klicks findet man die gesuchten Informationen vielleicht auf einer dieser Seiten.

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Screen vom 27.10.2010.

Gleichnis als Leitsatz

Etwas seltsam mutet für manche Weblogbesucher wohl die Wahl des Leitsatzes an: „Zwerge auf den Schultern von Riesen” hört sich recht nett an, scheint mit der Website auf den ersten Blick jedoch nicht viel zu tun zu haben. Das Motto ist groß angeschrieben, wenig nachvollziehbar erklärt und anschließend wird der Faden der Lückenhaftigkeit gewoben, statt bei den Zwergen riesig weiterzumachen.

Zur Erklärung: Das Gleichnis der „Zwerge auf den Schultern von Riesen” wurde nicht, wie man vermuten könnte, eigens von Cathleen Sarti erfunden, sondern ist ein gemeinhin gebräuchliches Bild der eigenen geringen Leistungen und wissenschaftlichen Beiträge im Vergleich zu denjenigen früherer Generationen, die bis heute prägend sind.

Zwergenhafte Umsetzung des Mottos

Mir stellt sich jedoch die Frage: Weshalb von „Riesenfütterung” und „Zwergenideen” reden, wenn sich die Leitbegriffe dann nicht im Endergebnis widerspiegeln? Ja, schön ausgedacht scheint die Idee, doch wird sie zusammen mit den geweckten Erwartungen im Weiteren leider aufs Abstellgleis gelegt. Tatsächlich, so soll bemerkt werden, lassen sich kreative Ansätze vermuten, doch würde man sich als interessierter Leser über mehr Vollständigkeit und einen Zusammenhang zum ansonsten eher fragwürdig erscheinenden Motto wünschen.

(Redaktion: Christian Jung)

Kommentare (4)

  1. #1 Matthias Mader
    Oktober 27, 2010

    Mal abgesehen davon, dass wir Mainzer nicht so sehr CSU-Politiker-Fans sind, sondern lieber dem “Erfinder” der Druckkunst mit beweglichen Lettern huldigen: Ist “Vollständigkeit” wirklich ein sinnvolles Beurteilungskriterium für Blogs? Die zeichnen sich doch normalerweise gerade durch ihre fortdauernde Entstehung aus und zielen nicht auf irgend einen Punkt der Vollendung …

  2. #2 Christian Jung
    Oktober 28, 2010

    Die Anspielung auf Gutenberg und Guttenberg habe ich anfänglich nicht sofort verstanden. “Vollständigkeit” werden Blogs oder Wissenschaften nie erreichen. Vielleicht ist damit auch mehr thematische Struktur gemeint, die durch viele Texte und das Miteinanderverbinden und Aufbauen von diesen miteinander geschaffen werden kann.

  3. #3 Verena Weiland
    November 1, 2010

    “Vollständigkeit” in allgemeinen Sinn ist natürlich kein (alleiniges) sinnvolles Beurteilungskriterium, doch sollte ein Blog meiner Ansicht nach zumindest in denjenigen Punkten ergiebig sein, die in der Gliederung “angepriesen” werden…

  4. #4 Thilo
    November 4, 2010

    “Vollständigkeit” werden Blogs oder Wissenschaften nie erreichen. Vielleicht ist damit auch mehr thematische Struktur gemeint, die durch viele Texte und das Miteinanderverbinden und Aufbauen von diesen miteinander geschaffen werden kann.

    Hmm, Blogs sind sowas wie Tagebücher, wo oft zu aktuellen Ereignissen Stellung genommen wird. Natürlich sind Verlinkungen zu älteren Artikeln sinnvoll, aber Vollständigkeit ist eigentlich kein Anliegen von Blogs.

    Hier in der Rezension war natürlich etwas anderes gemeint (was mir aber erst klar wurde, nachdem ich dem Link gefolgt bin), nämlich daß in den “Sammlungen” eine Reihe von Stichwörtern aufgeführt wird, es zu den meisten davon dann aber überhaupt nichts gibt – keinen einzigen Artikel.