Das Blog dient der Homepage der Storkower Agentur „Geschichtskombinat” als Beiwerk – das merkt man ihm auch an.
Von Laura-Victoria Skipis (Universität Heidelberg)
Am Puls der Zeit
In einer Dienstleistungsgesellschaft wie der unsrigen zählt der Beruf des Historikers nicht unbedingt zu den ertragreichsten Beschäftigungen. Es sei denn, man spezialisiert sich auf das Feld der Historischen Kommunikation und bietet Kunden wie Unternehmen, Verbänden oder Städten die Aufarbeitung ihrer individuellen Vergangenheit an. Wo Firmen früher ihre Geschichte noch hauptsächlich selbst betrieben, stellen heute Agenturen wie das GeschichtsKombinat ihnen ihre Fachkompetenz zur Verfügung – und dies spätestens seit Gründung der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte (GUG) im Jahre 1976 mit stetig steigendem Erfolg. Schließlich, so die Agentur, stehe „eine erfolgreiche Tradition” für „Qualität und Kompetenz”.
Das Geschäft mit der Tradition
Das Blog beschäftigt sich mit wirtschaftsgeschichtlichen Themen; die Vergangenheit einzelner klein-, mittel- und großständischer Unternehmen, aber auch die Verflechtung von Wirtschaft und Gesellschaft in der Kriegs- und Nachkriegszeit stehen hier im Mittelpunkt. In einem der aktuelleren Beiträge wird auf ein Problem hingewiesen, das sich ergeben kann, wenn Unternehmensgeschichtsschreibung nicht wissenschaftlich betrieben wird; Wahrheitsverzerrung. An einem aktuellen Fall wird dargestellt, wie Unternehmen zuweilen mit Firmenjubiläen tricksen und sich eigenmächtig das Prädikat „Traditionsmarke” verleihen. Solchen Manipulationen entgegenzusteuern hat sich die Unternehmensgeschichtsschreibung zur Aufgabe gemacht.
Schwerpunkt DDR
Der Kopf hinter der Agentur mit dem sozialistisch anmutenden Namen ist der Diplom-Kulturwissenschaftler und eigenen Angaben zufolge Wirtschaftsjournalist sowie -historiker Marvin Brendel. Den Forschungsschwerpunkt des Absolventen der Viadrina-Universität (Frankfurt/Oder) bildet die Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte der DDR. So wird in einem älteren Beitrag auf ein Forschungsprojekt des Autors zum Thema Gefangenentransportwagen in der DDR hingewiesen, gekoppelt an einen Aufruf an Zeitzeugen, ihm Informationen zur Verfügung zu stellen. Leider erachtet es der Autor jedoch nicht für nötig, Zwischenbilanzen oder Ergebnisse mit seinen Lesern zu teilen.
„Informationshülle”
Das Blog ist an die Homepage der Agentur gekoppelt und wird bereits auf der Startseite mithilfe kleiner „Appetizer” beworben. Bei der Gesamtübersicht der Beiträge stellt sich jedoch heraus, dass die Artikel, die als kleine Vorschau für „das und mehr direkt im Blog” dienen sollen, bereits ungefähr ein Drittel der gesamten Beiträge ausmachen, von denen der erste auf den 20. Dezember 2007 datiert. Auf den zweiten Blick entpuppt sich ein Großteil der Beiträge als kurze Ankündigen von Ausstellungen oder Workshops, wodurch die tatsächliche Informativität der Artikel zu einer bescheidenen Ansammlung einiger weniger Fakten zur Firmengeschichte der OLG Oldenburg oder der Expansion von Porsche auf den amerikanischen Automobilmarkt zusammenschrumpft. Ebenso lassen die spärlichen Link- und Literaturtipps stark zu wünschen übrig.
Hauptsache, das Design stimmt
Wer sich neue Impulse und Erkenntnisse zur deutschen Wirtschaftsgeschichte erhofft, wird also leider enttäuscht. Stattdessen nutzt der Autor seinen Blog, um in eigener Sache für Workshops und von ihm organisierte Arbeitskreise zu werben und setzt es sich gleichzeitig zum Ziel, Unternehmen in einer Art „Geschichtsmarketing-Leitfaden” praktische Tipps zum Aufarbeiten und Einsetzen von Firmengeschichte zur Verfügung zu stellen. Dieser Service steht jedoch bis auf weiteres nicht zur Verfügung. Das Design wiederum, wie von einer Agentur-Homepage nicht anders zu erwarten, besticht durch Klarheit und Schnörkellosigkeit. Die einzelnen Beiträge lassen sich mühelos anhand der rechten Navigationsleiste finden und sind darunter nochmals in einzelne Kategorien unterteilt, die bei einer größeren Auswahl an Beiträgen durchaus ihre Berechtigung hätten.
Vermarktung von historischen Dienstleistungen
Da die Beiträge nicht viel Diskussionsstoff bieten, ist es ebenso nicht verwunderlich, dass sich so gut wie keine Kommentare von Nutzern finden. Dadurch bleibt das Weblog bedauerlicherweise statisch und einseitig auf die wenigen Beiträge des Autors konzentriert. Die Vermarktung seiner Dienstleistungen steht hier eindeutig im Vordergrund. Das ist bedauerlich, da sich die Nutzerschaft dadurch wohl ausschließlich auf die Hauptadressaten, nämlich potentielle Kunden, beschränkt. Wissenschaftlich gesehen hat die Site also nicht viel Relevanz und lässt sich zu Recherchezwecken nur bedingt weiterempfehlen. Nichtsdestotrotz ist das Konzept durchaus ausbaubar und aufgrund der geringen Konkurrenz an Unternehmensgeschichtsblogs könnte Brendel durch mehr aktuelle Beiträge und Forschungskontroversen sicherlich ein größeres Publikum fernab der industriellen Klientel erreichen.
(Redaktion: Christian Jung)
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