ZnO-Tetrapod

Wer kennt nicht den Moment, wenn in einem Actionfilm die Verfolgungsjagd ihren Höhepunkt erreicht: ausgeworfene Krähenfüße bringen Reifen zum Bersten und mit einem großen Funkenflug wird das Finale einläutet.
Die tetrapodische Form der Krähenfüße ist dabei genauso einfach wie effektiv: egal wie sie auf der Straße landen, einer der vier Stacheln wird immer günstig stehen, um sich in den Reifen zu heften.

Zwar mit weniger Funken, aber dennoch aufgeregt muss die Stimmung gewesen sein, als Forscher aus Kiel feststellten, was ihre Mikro-Krähenfüsse aus Zinkoxid ermöglichten:
die klebefreie Verbindung zwischen Teflon- und Silikonflächen (eine Aufgabe, die zwar sehr gefragt aber bis dahin technisch ungelöst war).

Es geht also um kleine Tetrapoden: Sie bestehen aus Zinkoxid, einem Material, auf das ich in einem vorherigen Nanoversum-Beitrag bereits kurz eingegangen war. Zinkoxid lässt sich in unterschiedliche Formen bringen, die je nach Größe und Form ebenso unterschiedliche Eigenschaften besitzen (in diesem Fall ist es kein Nanomaterial).

ZnO-Tetrapods

Während die “großen Krähenfüßen” nur in eine Richtung stechen sollen, stechen die Zinkoxid-Tetrapoden in beide Oberflächen und “tackern” die Materialien so fest zusammen.
Das Funktionsprinzip ist dabei sehr anschaulich und wirkt fast schon simpel, wie das folgende Bild zeigt: Materialen, die eigentlich nicht haftend sind, können rein mechanisch verbunden werden.

Oben links: Raster Elektronen Mikroskop Aufnahme. Tetrapoden verkeilen sich in den Materialien. Unten: PTFE (PTFE) und PDMS (Silikon) werden klebefrei aneinander geheftet. [1]

Die Haftkraft der Silikonschicht auf dem Teflon entspricht einem Tesafilmstreifen auf einer glatten Glasoberfläche. Die Verbindung der beiden Oberflächen ist damit in etwa so stark wie die Silikonfestigkeit selbst.
Die Anwendungsmöglichkeiten sind riesig, als erste Ideen wurden bereits überstreichbares Silikon, besserhaltende Dichtungen oder verbesserte Teflonanbindungen an veschiedenste Materialien diskutiert. Die Methode kann auch auf andere Kunststoffe angewendet werden und ist besonders für die Medizintechnik interessant, da durch rein mechanische Lösungen auf meist bedenkliche Klebemittel verzichtet werden kann.

In dem folgenden Video gehen Prof. Adelung und seine Kollegen mehr ins Detail [2].

 

Es sind meist die vermeintlich einfachen Lösungen, die am meisten beeindrucken.

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Quellen:

[1] X. Jin, J. Strueben, L. Heepe, A. Kovalev, Y. K. Mishra, R. Adelung, S. N. Gorb, & A. Staubitz (2012). Joining the Un-Joinable: Adhesion Between Low Surface Energy Polymers Using Tetrapodal ZnO Linkers Advanced Materials, 24 (42), 5676-5680 DOI: 10.1002/adma.201201780
[2] Sonderforschungsbereich 677 Funktion durch Schalten: https://www.sfb677.uni-kiel.de

ResearchBlogging.org

Kommentare (5)

  1. #1 wereatheist
    2. September 2013

    Faszinierend!
    Aber: versehentliche Inhalation von ZnO-Krähenfuß-Staub stelle ich mir nicht direkt gesund vor…
    </Bedenkenträgermodus>

    • #2 Tomi
      2. September 2013

      Von den Tetrapoden wird nur eine einzelne Lage auf das Teflon aufgebracht, wodurch die Menge des eingesetzten Materials sehr gering ist und außerdem sind sie stark mit dem Teflon verbunden. Die einzige Möglichkeit die Krähenfüße einzuatmen, wäre das Teflon fein zu mahlen und auch mit einzuatmen.
      Dementsprechend kann ich sagen, dass die verwendeten Zinkoxide das Gesamtmaterial auf keinen Fall unverträglicher machen.
      Auch wird man bei den Endprodukten gar nicht erst mit dem Material in Berührung kommen, da es ja der Haftvermittler ist.

  2. #3 Nele
    3. September 2013

    Ich dachte immer, die stabilste Form des Universums sei die eines Legosteins. Was wäre, wenn man durch geschickte Mathematik einen Legotetrapoden ersänne! O.o

  3. […] Manchmal braucht es einen Trick um zusammenzubringen was eigentlich nicht zusammengehört. Forscher ist das jetzt mit Teflon und Silikon gelungen, berichtet unser Blog Chevoja […]

  4. […] sind tetrapodische Strukturen, die bereits in einem vorherigen Beitrag aufgetaucht sind (Mikrotackern: Haften auf Antihaft). Die gleichen Strukturen wurden nun von der selben Arbeitsgruppe so modifiziert, dass sie […]