Heute ist der Tag der Stammzelle. Der Bundestag diskutiert, ob Wissenschaftler embryonale Zellen einführen dürfen, die nach 2002 entstanden sind. Fragt sich nur, ob die deutsche Stammzellforschung mit ihnen mehr Erfolg hat.
Bisher jedenfalls war die Ausbeute irritierend mager. Der vierte Bericht der Zentralen Ethikkommission für Stammzellforschung, die die Importanträge beurteilt, nennt 14 Forschergruppen, die bis Ende 2006 mit den begehrten Vielkönnern arbeiteten. Soweit so gut. Aber nur vier Teams haben überhaupt Ergebnisse in internationalen Fachjournalen publiziert – und zwar elf. Elf Ergebnisse aus 20 Projekten in fünf Jahren: Könnte es sein, dass die deutschen Forscher zwar wenig dürfen – aber auch wenig können?
Der angesehene Stammzellforscher Miodrag Stojkovic vom Forschungszentrum Prinz Felipe im spanischen Valenzia merkte kürzlich an: „Momentan kommen ein paar interessante Stammzellarbeiten aus Deutschland. Aber wirklich fortschrittliche Forschung ist nicht dabei.“
Natürlich haben hiesige Wissenschaftler recht, wenn sie darauf hinweisen, dass ihnen neue und gute Stammzellen per Gesetz verwehrt sind. Auf Grund der Stichtagsregelung kommen sie nur an Linien, die mit tierischen Zellen verunreinigt sind, bereits lange in Kultur wachsen und daher einen Teil ihrer Fähigkeiten eingebüßt haben könnten. Und trotzdem drängt sich der Verdacht auf: Sie können viel weniger als sie tatsächlich dürfen. Man muss ihnen vorwerfen, sehr bequem mit dem Verbot gelebt zu haben. Es lieferte eine Entschuldigung für den Misserfolg im Labor.
Selbst die meisten der entscheidenden Durchbrüche in letzter Zeit wären mit der deutschen Regelung möglich gewesen: Forscher in Japan fanden die entscheidenden Gene, mit deren Hilfe sich Hautzellen zu embryoähnlichen Zellen reprogrammieren lassen: Die Basis legten Versuche an Mäusen – in Deutschland erlaubt. Wissenschaftler aus den USA und Japan schleusten die entscheidenden Gene ein und drehten so die Zelluhr zurück: Wieder waren Mäuse die Versuchstiere. US-Forscher behandelten mit diesen Zellen Sichelzellenanämie – an Mäusen. Nur den Beweis, dass auch menschliche Zellen sich in den Urzustand zurückversetzen lassen, hätte man wohl den Japanern überlassen müssen – wobei selbst das nicht sicher ist. Shinya Yamanaka soll dem Vernehmen nach nicht die neuesten Zellinien zur Verfügung gehabt haben, um zu überprüfen, wie ähnlich die reprogrammierten Zellen dem embryonalen Stadium sind.
Das bedeutet nun aber nicht, eine Neuregelung des Embryonenschutzgesetzes sei nunnötig. Deutsche Forscher brauchen besseres Material, um die Vorgänge bei der menschlichen Entwicklung besser zu verstehen, und zu erforschen, wie ursprünglich reprogrammierte Zellen tatsächlich sind. Wenn aber die Politik ihnen heute ihre Wünsche erfüllt, sollten sie aufhören zu Jammern – und forschen. Wer so laut die Forschungsfreiheit fordert, muss sie auch bestmöglich nutzen, wenn sie kommt. Bisher hat es daran gefehlt.
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