Der nächste UN Klimagipfel beginnt heute in Poznan. Er steht in einer Reihe von internationalen Verhandlungen zum Thema Klimaschutz, die in Rio 92 begonnen wurde, in Kyoto zu einem ersten Abschluss kam und seitdem in einem nichtendenwollenden Kontinenthopping von Konferenz zu Konferenz fortgeführt wird. Diesmal soll in erster Linie ausgehandelt werden, worüber konkret eigentlich verhandelt werden soll bei der nächsten Konferenz zu einem möglichen Kyoto II Protokoll. Und natürlich hofft alle Welt, dass Obama nicht nur die Welt im allgemeinen sondern auch das Klima im Speziellen retten wird, auch wenn er gar nicht in Poznan mitverhandelt.
Bild1: Kühlendes Kohlekraftwerk bei der Arbeit. So much more than just CO2 ….
Verschiedene Artikel zum Thema finden sich zum Beispiel auf der Tagesschau Seite, wo auch die Nöte und Klima-Überlegungen einer Familie aus dem Gastgeberland Polen beschrieben werden (hier als Ton-Reportage). Bei verschiedenen Konferenzen auf EU Ebene zum Thema Klimawandel hatten sich ja Polen und Italien, na sagen wir mal, besonders zurückhaltend in Sachen CO2 Reduktionsziele gezeigt. Beide Länder (aber insbesondere Polen) decken einen hohen Anteil ihres Energiebedarfs mit Kohle ab und ich nehme das mal zum Anlass auf das Pro Und Contra der verschiedenen fossilen Brennstoffe aufmerksam zu machen. Denn alle sind gleich, doch einiger sind gleicher als andere.
Grafik 1: Abgerechnet wird zum Schluss. Strahlungsbilanz von Treibhausgasen versus Aerosolen nach dem IPCC AR4 und nach einer jüngst erschienenen Studie von Ramanathan und Carmichael (siehe auch hier). Fossile Verbrennung setzt sicher wärmende Treibhausgase frei, doch auch kühlende Aersole, ebenfalss wärmende Russpartikel, etc. etc. Die Entscheidung fällt möglicherweise zwischen Teufel (Klimaerwärmung) und Belzebub (Luftverschmutzung).
Alle fossilen Rohstoffe setzen bei ihrer Verbrennung CO2 frei, pro Energieeinheit jedoch unterschiedlich viel. Global tragen die groszen Drei, Kohle, ÖL und Gas, je 41%, 39% und 20% zu den fossilen CO2 Emissionen bei. Ihr Wirkungsgrad ist jedoch recht unterschiedlich mit einmal 25kg/GJ für Kohle (Kilogramm pro Giga Joule), 20 kg/GJ fürs Öl und nur 15 kg/GJ fürs Gas. Diese Drei machen zusammen 80% der anthropogenen Flüsse aus. Den Rest erledigen die Zementproduktion (2%) und sogenannte “Land Use Changes (18%)“.
Betrachtet man Grafik 1 oben aus dem wirklich hochinteressanten Paper von Ramanathan und Feng, aus dem ich obige Zahlen habe, erkennt man sofort, dass natürlich CO2 nur einen Anteil der anthropogen emittierten Treibhausgase darstellt. Rechnet man nämlich die verschiedenen Gase in ihrer Klimawirksamkeit um, was eben in Grafik 1 gemacht wird, indem das sogenannte Strahlungsforcing der verschiedene Gase und Spurenstoffe angegeben wird, dann sieht man, dass CO2 etwas mehr als die Hälfte der Treibhausgase ausmacht (die anderen sind vor allem Methan, das gute alte Lachgas N2O, und die verschiedenen CFCs). Damit reduziert sich der Beitrag der Erwärmung der groszen Drei auf 18% (Kohle), 17% (Öl) und 9%(Gas). Soweit so gut.
Es kommt aber noch besser. Jeder dieser drei fossilen Brennstoffe setzt bei der Verbrennung eben auch ein spezifisches Verschmutzungsprofil von Russ, Sulfaten etc. frei. Die direkte (Reflektion solarer Strahlung im Fall der Aerosole oder auch der Absorption im Falle des Russ) und indirekte (Sulfataerosole tragen zur Wolkenbildung bei) Wirkung dieser kollateralen klassischen Luftverschmutzung ist ein wichtiges NEGATIVES Klimaforcing, sprich, sie halten die Erwärmung auf. Kohle ist dabei ein besonders “ergiebiger” Verschmutzer und “Nebenher-auch-Abkühler”. Die Sulfat Emissionen auf Grund von Kohleverbrennung betragen ca. 55% und die von Erdöl immerhin noch 25% der Gesamt SO2-Emissionen, während das böse Erdgas bei lediglich 1% unergiebiger Verschmutzung und somit Abkühlung liegen. Rechnet man das alles, das heisst die wärmenden (Treibhausgase) und die kühlenden (Aerosole) Beiträge jeder Verbrennung, mit ein, wird das Gas doch tatsächlich abgehängt von Öl und Kohle, wobei Öl nur knapp vor Kohle gewinnt (und zwar auf Grund des Russ).
Eine gute Verteidigungsstrategie für Polen scheint gefunden! Die Kombination aus Erwärmung und Abkühlung ergibt für die Kohle gar nicht mal die schlechteste Bilanz, das saubere und in Deutschland so beliebte Erdgas ist die gröszte Klimasau. Nun, so ganz wirklich meine ich das natürlich nicht (und Ramanathan und Feng auch nicht). Die gesundheitlichen und sonstigen Nebenwirkungen dieser kühlenden Nebenprodukte der Verbrennung (Sulfaterosole etc.) sind in der Tat gravierend. Alle Länder, die es sich irgendwie leisten können, werden versuchen, diese Art von unsauberer Verbrennung zurückzufahren oder ganz zu vermeiden. Allein in Indien werden die potentiellen Opfer chronischer Atemwegserkrankungen, die durch das Heizen und Kochen mit offenen Feuern innerhalb der Wohnung verursacht werden, auf unglaubliche 500.000 Todesfälle geschätzt. Schon in Kürze wird der Zusammenhang zwischen Treibhausgasemissionen und Sulfat/Russ.etc.-emissionen für alle Energieträger der Vergangenheit angehören und wir werden herausfinden, wieviel Erwärmung sich wirklich hinter den Aerosolen versteckt hat.
Internationale Verhandlungen, wie die in Poznan, laufen öfters herzerfrischend zynisch ab und man kann gespannt sein, wann das Argument mit der kühlenden Nebenwirkung unsauberer Kohleverbrennung kommt. Spätestens dann, wenn irgendein zukunftiges Kyoto Protokoll nicht mehr die Gesamt-CO2-Bilanz der teilnehmenden Länder anvisiert, sondern den gesamten nationalen Strahlungsbeitrag.
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