Von wegen Revolution: Open Access ist nicht länger ein Feindbild

Berater Ehrhardt F. Heinold berichtet in seinem Blog ausführlich von der APE-Tagung in Berlin (kompletter TV-Mitschnitt online), fasst die Kernthesen zusammen und zieht eigene Schlüsse:

Open Access habe sich zwar Publikationsmodell etabliert, doch es sei nur ein Modell — mit zudem begrenztem Potential.

Open Access-Publishing koste nicht weniger und ändere das Publikationssystem nicht grundlegend.

Immer mehr Wissenschaftlicher produzierten immer mehr Output, der mit dem klassischen Publikationsmodell nicht mehr bewältigt werden könne — nicht von Verlagen, nicht von Bibliotheken, und auch nicht durch das Open Access-Modell.

Klassische Produktformen wie “Artikel” oder “Monographie” würden vor allem in den naturwissenschaftlichen Disziplinen, verstärkt durch neue Veröffentlichungsformen, abgelöst, die auf der Semantic-Web-Technologie basieren.

Open Access tauge folglich nicht mehr als Feindbild.

https://publishing-business.blogspot.com/

Kommentare (9)

  1. #1 Thilo Kuessner
    9. Februar 2010

    Was ist denn die Semantic-Web-Technologie?

  2. #2 Tobias
    9. Februar 2010

    Das “Feindbild” für Wissenschaftler ist nicht open access oder closed access, sondern ein parteiischer peer-review und beeinflussbare Editoren, die ein solides Paper aus nicht nachvollziehbaren Gründen ablehnen, andre Artikel aber aufgrund von bekannten Namen auf der Autorenliste gerne publizieren.

    Open access ist jetzt seit längerem etabliert, nicht nur von einzelnen Journalen. Bespielsweise müssen alle Artikel, die auf NIH finanzierter Forschung beruhen nach einer gewissen Zeit öffentlich zugänglich gemacht werden (pubmed central). Ähnliches hat Lars Fischer mit seiner Petition vergangenes Jahr versucht auch in Deutschland anzuregen.

    Der Blogartikel oben ist also ein Anachronismus und hat mit aktueller Pubkikationspraxis nicht viel zu tun. Was tatsächlich ein Problem ist, ist nicht der gesteigerte Output, sondern die unterschiedlichen Datenformate, in From von Datenbanken, Filmen, mathematischen Modellen, etc. die durch reine Textartikel nicht adäquat veröffentlicht werden können.

    Weiter – und darauf habe ich schon bestimmt drei Mal hingewiesen – Alexander, wenn du möchtest, dass deine Artikel auch von Menschen gelesen werden, die nicht nurden RSS -feed aboniert haben, sondern auf die ScienceBlogs Hauptseite gehen, musst du als ERSTE Kategorie DIREKT zum Beispiel “Geistes und Sozialwissenschaften” oder “Politik” etc. auswählen.

  3. #3 Alexander Gerber
    9. Februar 2010

    Das war ja fast ein Kommentar in Echtzeit… ;-)

    Über die reine Begriffsdefinition hinaus https://de.wikipedia.org/wiki/Semantic_web erklärt sich die Relevanz von Semantic Web / Web 3.0 in diesem Kontext wohl am besten durch die Erläuterungen von Prof. Stefan Gradmann https://www.ibi.hu-berlin.de/institut/mitarbA-Z/professoren/gradmann, HU Berlin: Er erläutert, wie aus statischen Artikeln dynamische Dokumente werden (s. “Verwertung vs. Verbeitung”, https://edoc.hu-berlin.de/docviews/abstract.php?id=28934 oder da dieser Link bei mir gerade irgendwie bockig ist evtl. hier: https://www.wissenschaftsforschung.de/JB07_93-106.pdf).

  4. #4 Alexander Gerber
    9. Februar 2010

    Danke, Tobias (nicht Thilo, sorry!), für den Hinweis mit den Kategorien. MOVABLETYPE schafft mich einfach…das ist offen gesagt irgendwie doof gelöst…

    Sollte jetzt geändert sein. Cheers!

    –Alex

  5. #5 Ulrich Berger
    9. Februar 2010

    Wenn ich mir die Open XY Journals von Bentham anschaue, dann ist “Feindbild” immer noch das richtige Wort. Weil open access bedeutet, dass nicht mehr der Leser zahlt, sondern der Autor. Das setzt Anreize für Masse statt Klasse und beschert uns wöchentlich ein paar neue, unnötige vanity-press journals.

    PS: Der Dank gebührt Tobias statt Thilo.

  6. #6 Sven Türpe
    10. Februar 2010

    Was ist denn die Semantic-Web-Technologie?

    Das europäische Gegenstück zur künstlichen Intelligenz.

  7. #7 Thilo Kuessner
    10. Februar 2010

    Meine Frage war schon ernst gemeint, ich bin halt kein Web2.0-Experte.
    Geht es um personalisierte Google-Werbung u.ä? (Und wieso europäisch?)

  8. #8 Sven Türpe
    10. Februar 2010

    Meine Antwort auch. Das Semantic Web soll das Internet irgendwie schlauer machen, so wie die künstliche Intelligenz damals die Computer schlau machen sollte. Dieser grandiosen Vision steht bislang vor allem ein riesiger Berg an Forscherpublikationen gegenüber, die wir laut Vision mit dem Semantic Web viel besser verwerten könnten als mit Google Scholar. Aber das dauert wohl noch eine Weile.

    Europäisch deshalb, weil das Thema auf der anderen Seite des Atlantik anscheinend auf weniger Interesse stößt.

  9. #9 Alexander Gerber
    12. Februar 2010

    Jetzt gibt es auch einen vollständigen Mitschnitt der APE-Tagung (s.o.):
    https://bit.ly/4Jt3Mr