Wenn man einen Text über eine Technologie schreibt, dann muss man in der deutschen Sprache aufpassen. Denn die Erwartungshaltungen sind stark und wehe es wird dagegen verstoßen. Dabei ist es ganz einfach, einen leicht bekömmlichen Artikel zu schreiben – man orientiert sich einfach an dem, was alle anderen auch schreiben und schon wird nichts schief gehen. Niemand wird sich daran stoßen, dass seine Erwartungen erfüllt wurden. Einfach Schablone aufsetzen, ausmalen, fertig.
Ist eine Technologie als Zukunftstechnologie verschrien, dann sollte man auf keinen Fall den aktuellen Stand der Technik beschreiben. Dabei ist es egal, mit welcher der beiden Formen von Zukunftstechnologie man es zu tun hat.
Da ist die optimistische Form. Dort wird in der Zukunft alles viel besser. Man sollte dort auf keinen Fall auf physikalische Grenzen hinweisen. Denn wer weiß schon, welche physikalischen Gesetze als nächstes entdeckt werden. Schließlich gibt es da auch immer noch einen Experten, über den ein Journalist geschrieben hat, der gesagt hat, es wäre möglich. Man sollte auch nicht beschreiben, welche Alternativen es zu dieser Zukunftstechnologie gibt. Erst recht nicht, wenn die Alternative eine alte Technologie ist. Denn alte Technologien werden nicht mehr besser, sie sind schließlich keine Zukunftstechnologien. Überhaupt, wieso sollten Zukunftstechnologien auch eine Alternative brauchen? Sie sind ja schließlich die Alternative! Und so wird nichts so alternativlos wie alternative Zukunftstechnologie.
Und dann ist da noch die pessimistische Form. Dort wird sich in Zukunft nichts mehr tun. Man sollte dort auf keinen Fall auf Fortschritte und physikalische Möglichkeiten hinweisen. Wer weiß schon, welche physikalischen Grenzen als nächstes entdeckt werden. Schließlich gibt es da auch immer noch einen Experten, über den ein Journalist geschriebenhat, der gesagt hat, es wäre unmöglich. Man sollte auf keinen Fall beschreiben, welche Alternativen sich dadurch ergeben. Erst recht nicht, wenn die Alternative eine (optimistische) Zukunftstechnologie ist. Denn Zukunftstechnologien werden immer besser, sie sind schließlich etwas für die Zukunft. Überhaupt, wozu sollten wir so eine Technologie auch als Alternative brauchen? Wir haben ja schließlich eine Alternative! Und so wird auch hier nichts so alternativlos, wie die alternative Zukunftstechnologie.
Die Beschreibung ist nur ein ganz klein wenig zugespitzt. Tatsächlich gibt es zuverlässig Krach in den Kommentaren, sobald man gegen die Erwartungen verstößt. Dabei versuche ich tatsächlich nach Kräften, nicht zu sehr gegen die Erwartungen zu verstoßen. Ich spreche von Sicherheitstechnik der 80er Jahre, angewendet auf Reaktortechnik der 60er Jahre, deren Fehlen in Fukushima Daiichi der Grund die völlig unnötigen Folgen des Tsunamis war. Ich argumentiere also mit Technik aus ferner Vergangenheit, einer Zeit zu der ich nicht einmal geboren war.
Schreibe ich hingegen etwas zum überschäumend optimistischen Lager der Technologie, etwa Solar- oder Windkraft oder Geothermie, dann würde ich es nicht im Traum wagen von Technologie der 60er oder 80er Jahre zu schreiben. Es seie denn um auf die Fortschritte seit dieser Zeit hinzuweisen. Selbst ausgefallene Technologien wie das heute sehr selten benutzte Hot-Dry-Rock Verfahren in der Geothermie nehme ich als ausgereift an, um die das Potential der Geothermie zu berechnen – was dann über 95% des Gesamtpotentials ausmacht … und trotzdem war es einigen Leuten noch nicht optimistisch genug.
Alle Beschreibungen des Potentials von Photovoltaik, die ich in den letzten 3 Monaten hier im Blog beschrieben habe, ruhen auf durchweg optimistischen Annahmen zur Speicherung von Energie. Trotzdem war auch das immernoch nicht genug. Gleichzeitig wagt man es kaum von Schnellen Brütern als Möglichkeit zum Umgang mit Atommüll zu schreiben, weil die Technik mit insgesamt weniger als 1000 Betriebsjahren der entsprechenden Reaktoren noch sehr viel weniger erprobt ist, als Siede- und Druckwasserreaktoren. (Was sich natürlich nur ändern könnte, wenn man wieder neue bauen würde.)
Diese ständigen Wechsel von einem Maßstab zum nächsten sind krass. Bei Brennstoffzellen hat man gefälligst die Entwicklung der nächsten 20 Jahre vorwegzunehmen – und wehe sie fällt nicht optimistisch aus! Verbesserungen von Turbinen und klassischen Motoren hingegen werden durchweg unter den Teppich gekehrt.
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