Die Veröffentlichung der Entdeckung von Gravitationswellen war ein fast perfekt inszeniertes Ereignis. Es gab nicht nur Pressemeldungen und einen Livestream auf Youtube, sondern auch eine Veröffentlichung des wissenschaftlichen Papers mit CC-Lizenz. Das ist ein deutliches Zeichen gegen die prestigeträchtigen Journals wie Science und Nature.
Egal wie hoch ihr Impakt-Faktor ist, bei wirklich bahnbrechenden Entdeckungen muss der überteuerte Wissenschaftsboulevard inzwischen außen vor bleiben. Und das ist auch gut so. Niemandem sollte mehr der Eindruck vermittelt werden, dass jeder gezwungen ist die lächerlich hohen Preise dieser ehemals bedeutenden Journals zu bezahlen, um den neusten Stand der Wissenschaft zu kennen. Wer eine wirklich bedeutende Entdeckung macht, der “veröffentlicht” sie nicht mehr in Journals, die für die Einsicht in ihre Paper so viel Geld verlangen, dass die Öffentlichkeit sie nie zu Gesicht bekommen kann.
Die Nachfrage nach dem Paper war so groß, dass der Server der American Physical Society über Stunden nicht in der Lage war, ihr nachzukommen. Ganz perfekt war die Inszenierung also nicht. Tatsächlich hätte die APS das Problem leicht vermeiden können, mit einer Veröffentlichung des Papers per Filesharing. Genau dafür wäre die Technik auch perfekt geeignet, nicht nur zur Verbreitung halblegaler Videos.
Tatsächlich habe ich Stunden gebraucht, um endlich an das Paper heran zu kommen. Mein erster Schritt? Ich habe eine Kopie davon auf den Server meines Blogs hochgeladen und sie in einem Posting verlinkt. Ein paar hundert Leute sind so an das Paper gekommen, die bis dahin am Server verzweifelt sind.
In jedem Fall zeigt es, dass die Wissenschaft auch selbst interessant ist, nicht nur die Story drum herum, sondern auch der Inhalt. Trotzdem fehlen die Paper in der Berichterstattung. Anders als in früheren Zeiten gibt es dafür kein Ausrede mehr. In der Vergangenheit der Printzeitungen war kein Platz für ein Paper und ein Hinweis hätte auch nicht viel gebracht, ohne einen Gang zur nächsten Unibibliothek. Aber heute reicht ein einfacher HTML-Link aus.
Ich verstehe nur nicht, warum es nicht zum journalistischen Selbstverständnis gehört, ihn auch zu setzen. Einen Quellenschutz braucht es hier sicherlich nicht. Die Wissenschaftler am Ligo haben alles getan, um ihre Forschung aus den Elfenbeintürmen der Journals zu befreien. Neun weitere Paper, die im Zusammenhang mit der Entdeckung geschrieben wurden, sind inzwischen auf ArXiv veröffentlicht worden.
Zum Glück ist das gerade bei den Großexperimenten der Physik inzwischen üblich geworden. Sie werden von den Steuern der Öffentlichkeit bezahlt und die sollte auch Zugang zu den Ergebnissen haben. Die Forschung selbst dient der Öffentlichkeit, schon als kulturelle Leistung, selbst da wo sie keine unmittelbare Anwendung findet. Es wird wohl keine besseren Schuhe durch die Entdeckung von Gravitationswellen geben, wie Florian Freistetter in einem Interview gefragt wurde.
Die Paper mögen nicht für jeden verständlich sein, aber das ist kein Grund, dass sie nur eine kleine Elite überhaupt zu sehen bekommt. Es gibt keinen Grund nur über Wissenschaft zu berichten, nur Wissenschaftler zu interviewen und ein paar Grafiken und schlechte Vergleiche zur Veranschaulichung zu zeigen. Die Wissenschaft selbst muss auch Teil des ganzen sein. Alles das es braucht, ist ein HTML-Link.
Kommentare (9)