Vorvergangene Woche war ich bei einem Vortrag von Hans Rosling. Hans Rosling ist der Vater von gapminder, einem Visualisierungstool, das Google aufgekauft, und die Familie Rosling damit reich gemacht hat. In seinem Vortrag auf dem OKfestival in Helsinki hat er mit Hilfe von Klopapierrollen visualisiert, warum das Bevölkerungswachstum auf der Erde aller Wahrscheinlichkeit nach bei 10 Milliarden Menschen stagnieren wird (hier der Talk, die Klopapierrollen gibt es ab min 56:40). Sein sehr unterhaltsamer Vortrag hat deutlich gemacht, wie sehr eine clevere visuelle Darstellung komplexer Sachverhalte dem Verständnis dienen kann.

Rosling selbst ist sich der Kraft guter Visualisierungen natürlich bewusst, und er sieht darin einen wachsenden Markt. Auf dem OKfestival sagte er wörtlich: “If you know how to programme Java Script and D3 (eine recht neue Grafikbibliothek) you will have a job in the future”. Er meint damit: das Internet bietet natürlich noch ganz andere Möglichkeiten zur Visualisierung von Daten als das Stapeln von Toilettenpapierrollen: Infografiken und Datenanimationen.

Die besten (und schönsten) Datenvisualisierungen sind letzte Woche mit den Information is beautiful Awards ausgezeichnet worden: Wie viele Soldaten sind in Afghanistan seit 2001 gefallen, wie alt waren sie und woher stammen sie? Welche Metallica-Songs wurden von der Band wann und wie oft live gespielt? Was ist Stuxnet, was hat das Computervirus angerichtet und was kann noch kommen? Eine Chronologie der 100 längsten Wikipedia-Löschdiskussionen, die tatsächlich zum Löschen des jeweiligen Artikels geführt haben….

Der dritte Platz in der Kategorie Motion Infographic ging an eine Animation des Economist (unten eingebettet), die ebenfalls erklärt, warum die Weltbevölkerung bei 10 Milliarden stagnieren wird. Die Argumente sind natürlich die gleichen wie die von Hans Rosling: Die Geburtenrate in fast allen Ländern der Erde ist in den letzten Jahrzehnten auf etwa zwei Kinder pro Frau zurück gegangen. Eine Folge davon ist, dass die Welbevölkerung sich stabilisiert; es gibt keinen “Geburtenüberschuss”. Aufgrund der noch pyramidenförmigen Altersverteilung in vielen Staaten wird die Weltbevölkerung jedoch noch um rund drei Milliarden ansteigen.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte und eine Infografik erklärt besser – und vor allem schöner – als Tabellen und tausend Zeilen Text.

Kommentare (6)

  1. #1 H.M.Voynich
    3. Oktober 2012

    Netter Zufall: erst gestern habe ich einem Kollegen genau diesen Vortrag von Rosling empfohlen (ohne EInschränkung der Allgemeinheit; alle TED-Talks sind sehens-/hörenswert).
    Bei der Diskussion über exponentielles Wachstum, und wo es auftritt, und wo es entgegen aller Erwartung vielleicht doch nicht auftritt.

    Was haltet Ihr von seiner Aussage? Haben wir das Ideal der 2-Kind-Familie im weltweiten Schnitt tatsächlich schon erreicht?

  2. #2 Lercherl
    3. Oktober 2012

    “Wie viele Soldaten sind in Afghanistan seit 2001 gefallen.”

    Natürlich nur “U. S. and coalition casualties”. Tote Afghanen interessieren ja niemanden …

  3. #3 Tobias Maier
    3. Oktober 2012

    Lercherl,
    anscheinend werden erst seit 2007 die Daten erfasst. Bislang etwa 13 000 Opfer in der Zivilbevölkerung und noch einmal halb so viele bei der Armee und der Polizei. https://www.fas.org/sgp/crs/natsec/R41084.pdf (Tabelle 4)

    Reporting on casualties of Afghans did not begin until 2007, and a variety of entities now report the casualties of civilians and security forces members. The United Nations Assistance Mission to Afghanistan (UNAMA) reports casualty data of Afghan civilians semiannually, and the U.S. Department of Defense occasionally includes civilian casualty figures within its reports on Afghanistan. The Afghanistan Independent Human Rights Commission, https://www.aihrc.org/2010_eng/, and the Afghan Rights Monitor, https://www.arm.org.af/, are local watchdog organizations that periodically publish reports regarding civilian casualties.

  4. #4 BreitSide
    5. Oktober 2012

    @HMVoynich: Volle Zustimmung. Ich würde mich ja erheblich freuen, wenn das stimmen würde.

  5. #5 Scharmane
    10. Oktober 2012

    Ich hoffe, dass es so kommen wird. Aber: Die Geburtenrate wird von vers. Dingen beeinflusst: Bildung der Eltern, Verfügbarkeit/Kosten/Akzeptanz von Verhütungsmittel, Säuglingssterblichkeit. Hier hat sich die Subsahara-Zone vom Rest der Welt negativ abgekoppelt. Und ich sehe nicht, wo dort eine Gegenbewegung in Gang kommt. Außerdem steht die Frage im Raum: Kann die Erde 10 Mrd. Menschen verkraften? Bzw. wie müssen sich diese 10 Mrd. verhalten, damit es nicht zu einen Kollaps kommt?

  6. #6 emreee
    27. Januar 2013

    Vielen Vielen Dank .