Zur Zeit zeigt das Zentrum Paul Klee in Bern (bis zum 27. April) eine Ausstellung unter dem Titel “Genesis – Die Kunst der Schöpfung”. In ihr geht es – wie unter www.zpk.org nachzulesen ist -, um ein Thema, “das sowohl in der Kunst wie auch in der Genetik eine zentrale Rolle spielt: die Schöpfung”.
So schön das Konzept klingt und so erfreut die museale Verbindung von Kunst und Wissenschaft registriert wird – die Idee der Schöpfung im Bereich der Wissenschaft auf das Hervorbringen von Chimären und anderen Eingriffen in der Erbgut zu beschränken, ist wenig kreativ und dümmlich naiv. Spannender und wichtiger wäre die Frage, wie sich die Blicke von Kunst und Wissenschaft zusammenfinden und ergänzen können, um etwas mehr von den Wundern zu verstehen, die sich vor unseren Augen abspielen.

Wenn Albert Einstein recht hat – was ich glaube -, dann entspringen beide – die Kunst und die Wissenschaft – einer Quelle, nämlich dem Gefühl für das Geheimnisvolle. Und selbst wenn ein Wissenschaftler einen Aspekt des Natürlichen erklären kann, bleibt ein Staunen, nämlich über die Erklärbarkeit an sich oder über die Eleganz der Lösung. Wissenschaft verwandelt Geheimnisse der Natur in Mysterien der Erklärung (selbst wenn diese technisch funktionieren).
Nehmen wir das beliebte Beispiel der Genetik, die bereits im ersten Teil von “Die Schöpfer” erwähnte Doppelhelix (die auch in Bern eine große Rolle spielt). Als diese Form ihren Hervorbringern zum ersten Mal vor Augen stand, haben die beiden Wissenschaftler (Francis Crick und Jim Watson) bekanntlich ausgerufen, sie hätten das Rätsel des Lebens gelöst. Und seitdem glauben viele, sie bzw. wir hätten das Leben verstanden. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Die Doppelhelix löst das Geheimnis des Lebens nicht. Die Doppelhelix ist und zeigt es, und zwar durch ihre Schönheit. Sie bleibt nicht nur unerklärt, sie bleibt überhaupt.

Kommentare (1)

  1. #1 Florian
    März 2, 2008

    Das ist ein sehr interessantes und wichtiges Thema! Ich bin selbst auch Naturwissenschaftler – und erlebe immer wieder das die Wissenschaft (im Gegensatz zur Kunst) als “kalt” oder “gefühlslos” empfunden wird. Wissenschaftler sind phantasielose Dogmatiker, die im stillen Kämmerlein mit ihren Formeln und Geräten hantieren… Naja, das ist wohl ein wenig übertrieben – aber nicht allzu sehr. Gerade heute, wo Esoterik und Pseudowissenschaften in der Gesellschaft immer relevanter werden, hört man diese Gegenüberstellung immer öfter: Wissenschaft ist ohne “Seele”; darum braucht der Mensch die Esoterik.
    Das Wissenschaft ein höchst kreativer Prozess ist, verstehen nur wenige. Daran ist auch die Wissenschaft selbst nicht unschuldig – denn sie hat es verabsäumt, die Öffentlichkeit ausreichend in ihre Arbeit mit einzubeziehen. Wie Ludmila in ihrem Blog schreibt, wissen viele Menschen einfach nicht, was Wissenschaft eigentlich ist und wie sie funktioniert. Auch wenn Wissenschaftler sich am Allgemeinen mit der Realität beschäftigen und diese so exakt wie möglich beschreiben wollen und insofern wenig “schöpferische” Freiheit haben sind neue Erkenntnisse ohne Kreativität nicht denkbar. Nur wer auf eine Art und Weise denkt bzw. Probleme auf eine Art und Weise betrachtet, wie es vorher noch niemand anderes getan hat, kann neues Wissen gewinnen.

    “Und selbst wenn ein Wissenschaftler einen Aspekt des Natürlichen erklären kann, bleibt ein Staunen, nämlich über die Erklärbarkeit an sich oder über die Eleganz der Lösung.”
    Ich glaube, das ist der Knackpunkt bei der ganzen Angelegenheit! Für einen Wissenschaftler ist es absolut klar, das eine Erklärung nicht das Staunen beendet, das die Grundlage für alle wissenschaftliche Arbeit ist. Andere Menschen sind der Wissenschaft oft fast “böse”, weil sie die Dinge erklärt und ihnen das “Geheimnis” genommen hat. William Butler Yeats hat mal geschrieben: “Das Wissen hat die Sonne getötet, sie zu einem Gasball mit Flecken gemacht (…) Die Welt der Vernunft und Wissenschaft, das ist die dürre, sterile Welt, in der das abstrakte Denken zuhause ist.” Nichts gegen Yeats, aber noch mehr daneben kann man kaum liegen.