In diesen Tagen fand in Halle die Tagung der Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte statt. Ich ulke gerne, in dem ich sage, daß die meisten Wissenschaftshistoriker weder die Wissenschaft noch die Geschichte kennen. Sie können höchstens Geschichten aus einer Wissenschaft erzählen. Die Tagung in Halle macht mich nicht optimistischer. Die Wissenschaftshistoriker habe sich hinter der Philosophie versteckt – viele von ihnen scheinen gescheiterte Philosophen zu sein – und schwungvoll mit alten Begriffen der Theorie hantiert (Revolutionen, Paradigmenwechsel). Sie scheinen nicht zu merken, daß die Entstehung von Wissenschaft nicht in den publizierten und reflektierten Texten zu finden ist. Natürlich ist das Publizierte wichtig – es läßt uns immerhin verstehen, wie die Gegenwart geworden ist. Durch ihre Ergebnisse prägt Wissenschaft tatsächlich die Geschichte, und mir scheint es sehr dringlich, diesen Einfluß vorzustellen. Nur – warum tun die Historiker das nicht? Wir haben zu wenig Wissenschaftshistoriker, und die wenigen, die wir haben, beackern den Boden, der nicht interessiert. Eine Wissenskultur kann dabei nicht entstehen.

Kommentare (2)

  1. #1 Christiane Hoffmann
    Mai 15, 2008

    Komme zwar nicht aus dieser Ecke, aber das Resumee macht mich doch etwas nachdenklich.
    Die Themen der Zeit liegen ziemlich auf der Hand und es müsste einen Boom geben. Ist das so was wie “Huch, Kunde droht mit Geschäft?” oder ist es im Elfenbeinturm so kuschelig und “man” will da gar nicht weg?

  2. #2 Armand Van Dormael
    Juli 15, 2008

    Sie haben völlig Recht.
    Ich habe vergeblich versucht deutsche Historiker an die Erfindung des Transistors durch Herbert Mataré und Heinrich Welker zu interessieren. Der Spiegel hat kürzlich einen Artikel über ihre Arbeit veröffentlicht: 60 Jahre Euro-Transistor.
    Mehr als 50 Bücher loben das Genie von Alexander Graham Bell, deren Anspruch auf die Erfindung des Telefons ein Betrug war. Johann Philipp Reiss baute das erste Gerät das die Sprache übermittelte. Kein deutscher Historiker hat ihm ein Buch gewidmet.
    Mit freundlichen Grüssen.
    Armand Van Dormael