Doch was lernen wir heute daraus, was machen wir, wenn uns dieses Vorhaben gelingt? Wenn wir also – egal ob mit den traditionellen Techniken der Malerei oder mit den modernen Mitteln von Photoshop – Bilder erschaffen, die Schönheit in ihrer reinsten Form darstellen, wie wir sie in der Realität niemals vorfinden? Müssen wir uns resigniert damit abfinden, dass wir immer Abstriche machen müssen, wenn wir (in der Realität) nach Schönheit suchen – weil es dort eben perfekte Schönheit niemals gibt? Oder sollten wir uns stattdessen an einem anderen, realistischeren Schönheitsbegriff orientieren?

Die Kunst ist schöner als das Leben

Vielleicht sollte uns eine andere Anekdote eine Warnung sein, wenn wir leichtsinnigerweise den ideal schönen Gestalten nachjagen. Ebenfalls Plinius der Ältere berichtet uns von der Geschichte von Apelles und Campaspe. Apelles war einer der Konkurrenten von Zeuxis und war der Lieblingsmaler von Alexander dem Großen.

i-bd5d6febee334727b3c61e3bfeec2e90-Apelles_und_Campaspe.jpgApelles wurde von Alexander beauftragt ein Bild seiner Geliebten Campaspe zu malen. Und es sollte ein Aktgemälde werden (auch verständlich, denn wenn eine Frau schon so wahnsinnig schön ist, dann möchte man ja maximal viel von ihr auf so einem Gemälde draufhaben).

Und Campaspe war offenbar wirklich wunderschön – zumindest verliebte sich Apelles in sein Modell. Und Apelles war ganz offensichtlich wirklich ein begnadeter Maler, denn Alexander “verliebte” sich in das Gemälde. Und so nimmt diese Geschichte ein etwas kurioses Ende: denn Alexander schenkte dem Maler das Mädchen, für sich selbst behielt er das Gemälde, das ihm besser gefiel. (So überliefert nach Plinius d. Ä., Naturalis Historiae XXXV, § 86 – Gemäldeausschnitt rechts: Ölgemälde von Nicolas Vleughels, 1716)

Was können wir daraus lernen? Dass die Kunst schöner ist als das Leben? Dass wir uns hüten sollten vor den Abbildern und Idealisierungen der Schönheit? Oder dass wir mehr Ringelnatz lesen sollten, für den die Schönheitsfehler möglicherweise ja doch zum Leben gehören und der uns (jedenfalls könnte man ihn auch so verstehen) empfiehlt, nicht alles so “genau besehen” zu wollen.

Denn ist es nicht schrecklich naiv, wenn wir mit der Lupe kommen, um auch noch den kleinsten Schönheitsfehler aufzustöbern und dann möglicherweise enttäuscht sind? Denn dass es sie gibt, diese Fehler, das liegt wohl doch in der Natur der Sache. 😉

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Kommentare (4)

  1. #1 blackice-
    Juli 27, 2010

    -schöner- artikel 😉

  2. #2 BreitSide
    Juli 28, 2010

    Passend dazu gibt´s gerade im Hygienemuseum in Dresden eine sehr – schöne – Ausstellung: https://dhmd.de/neu/index.php?id=1618

    Dort werden auch andere als die optischen Aspekte der Schönheit behandelt. Sehenswert.

    Bis Ende des Jahres.

  3. #3 Marc Scheloske
    Juli 30, 2010

    @blackice: Danke. 🙂

    @BreitSide:

    Ja, Marcus hatte vor einigen Wochen schon eine Notiz zur Dresdner Ausstellung geschrieben. Du warst selbst drin und hast sie Dir angesehen?

  4. #4 BreitSide
    Juli 30, 2010

    Hab ich. Und kann sie eben deswegen empfehlen.

    Besonders witzig fand ich die Webcam, die mit einem Bildschirm verbunden ist, auf dem man verschiedene Verzerrungsmöglichkeiten hat, die man vorher anklicken muss.

    Das Ergebnis kann man dann an die eigene Email-Adresse schicken. (Dasselbe kann man auch mit einem Mikroskopbild der eigenen Haut in der Dauerausstellung nebenan machen).

    Schön “begreifbar” auch Statuen von einer griechischen Schönheit bis Lara Croft.

    Was Anderes (oder war´s auch in der Ausstellung): neulich hab ich einen Bericht gelesen, dass unsere Vorstellung von Schönheit sehr einfach geprimt werden kann. Mehrere Bilder eines Malers anschauen, der verzerrt schmale Gesichter malt, und auf einmal kommen einem schmalere Gesichter schöner vor.

    Und nach der Ausstellung ins Café/Restaurant https://www.lingnerschloss.de/ im ehemaligen “Klub der Intelligenz” neben dem ehemaligen “Pionierpalast” und Dresden samt Blauem Wunder und Feldschlösschenbrücke bewundern. Achtung: ist nicht das Lingnercafé im Hygienemuseum, sondern im Lingnerpark neben dem “Weißen Hirsch”!

    Was so ein Mundwässerchen alles bewirken kann…