Der Arbeitsalltag eines Wissenschaftlers besteht vor allem aus einem: Daten in einem Format einlesen, irgendwie verarbeiten, und wieder irgendwie ausgeben, sei es in einem anderen Format oder als Bild. Da man das sowieso auch in den einfachsten Fällen meistens etwa sechsunddreissig Mal falsch macht, und die Bilder eh alle neunzehn Mal, daher ist es ratsam, sich gleich ein Skript für alle Arbeiten zu schreiben. Das ist dann besser, weil man zwar initial ein bißchen mehr Arbeit reinsteckt, aber später wenigstens noch leicht neu rechnen oder modifizieren kann, was man da gemacht hat.

Ich würde außerdem immer raten, auf freie Software zu setzen. Auch wenn ihr jetzt eine Matlab-Lizenz habt, vielleicht ändert das sich mal, und dann tretet ihr alle eure Skripte in die Tonne – grad Matlab hat teure Lizenzen, und ihr wisst nicht ob eure Uni die immer weiter bezahlt oder reduziert oder ob euer nächstes Institut das überhaupt hat.

Besonders bieten sich Skriptsprachen an, denn sie bieten gegenüber herkömmlichen Programmiersprachen wie C++ oder Java den Vorteil, nicht immer kompiliert werden zu müssen sondern einfach gleich ausführbar sind. Außerdem sind sie drauf angelegt, viele Werkzeuge zu bieten die Datenverarbeitung einfacher machen.

Ich habe viel mit Perl gearbeitet, bin aber seit kurzem voll auf Python umgestiegen. Das bietet die umfangreichsten Werkzeuge, auch bis hin zu vollständigen wissenschaftlich-mathematisch Bibliotheken und umfangreichen und im einfachsten Fall in zwei Zeilen implementierbaren Plotfunktionen. Diese Funktionen sind in den SciPy/NumPy/matplotlib-Bibliotheken vereint.

Grundsätzlich gehe ich von Linux aus, alles andere taugt nicht. Linux bietet in der Kommandozeile die nötigen Programme, um ohne Dauerklickerei alles zu erledigen, was man bei der Datenverarbeitung tun möchte. Daher gehe ich einfach mal davon aus, dass Linux und Python installiert sind.

Ein einfacher emacs mit Python-Mode leistet auch beste Dienste dabei, die Einrückungen in Python einfach hinbekommen zu können. Es gibt für komplexere Programme auch PyDev für Eclipse, das funktioniert auch ganz gut. Aber außer Java scheint in Eclipse nichts so richtig gut zu funktionieren.

Python ist aktiv in Entwicklung, aber Version 2.4 sollte mindestens vorhanden sein. Die neuere, 2.5, hat durchaus mehr “convenience functions”, daher, wenn mal etwas nicht funktioniert darin, einfach mal schauen ob es wegen der Version ist.

Grundsätzlich schreibt man Python genau wie andere Programmiersprachen, mit wenigen Besonderheiten, und auch ein paar Eigenheiten die einem mal den Tag versauen können wenn man sie noch nicht kennt. Aber die Vorteile überwiegen: Dadurch, dass es nicht geschweifte Klammern {} eingesetzt werden um Blöcke zu markieren, und Zeilen nicht mit ; beendet werden müssen, sondern stattdessen strenge Einrückung als Markierung dient, schreibt man quasi ab-initio übersichtlichen Code.

Man kann für einfache Fälle ein Skript einfach am Stück runterschreiben, einfach ein paar Befehle aneinanderreihen. Python ist aber eigentlich voll objektorientiert, man sollte für größere Probleme also die Objektorientierung nutzen, das ist auch sehr einfach.

Das Variablensystem ist flexibel in Python, Variablen werden mit der ersten Verwendung initiiert. Die Typen int, float, string gibt es aber doch und man muss leider öfters einmal casten oder aufpassen, beim Teilen /2. zu schreiben statt /2 um floats zu erhalten. Das ist in Perl schöner, da kann man wirklich fast beliebig schlampig sein mit den Typen und doch klappt es. Ich schreibe jetzt pur aus der Sicht eines Anwenders, der mit einer Sprache arbeitet ohne große das Konzept dahinter zu inhalieren. Ich weiß, dass Python ein strenges Konzept hat, ist ja auch gut so, aber manchmal reibt das sich halt mit meiner Vorstellung.

Weitere Reibungen sind z.B. dass in Klassen ständig self verwendet werden muss, wie this in C++/Java, aber man muss es immer schreiben, auch einmal in jeder Funktionsdefinition. Das ist etwas lästig manchmal. Und aufpassen: Python übergibt Variablen NUR per Referenz. Das hat mich vor kurzem einen Tag gekostet: Ich wollte eigentlich nur ein Objekt ein paar Mal kopieren und in eine Liste stecken. Dann sollte jedes Listenelement einen anderen Weg gehen, und ich wusste nicht, dass das Objekt nicht als Kopie in die Liste gesteckt wird, (dazu braucht man das copy-Modul), sondern nur eine Referenz. Das heißt, die Änderungen an einem Listenelement haben die anderen mit verändert. Naja, normaler Lernprozess an einer neuen Sprache, aber findet so etwas mal raus…

Ok, vielleicht doch ein Beispiel dazu:


class TestObject:
    
    def __init__(self, value, text=""):
        self.value = value
        self.text = text

    def output(self):
        print self.value, self.text


def doubleList(list):

    newList = []

    for element in list:
        newList.append(element)
        element.value += 1

        newList.append(element)

    return newList

def main():
 
    t1 = TestObject(1)
    t2 = TestObject(5,"Hallo")
    t3 = TestObject(value=10, text="ScienceBlogs")
    

    tList = [t1,t2,t3]

    dList = doubleList(tList)
    
    for e in dList:
        e.output()

if __name__ == "__main__":
    main()

Sehen wir zuerst kurz an den Schluss:

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Kommentare (10)

  1. #1 Bernd
    03/29/2009

    Fein, danke! Selbst unter der Annahme, dass es solche Beiträge (oder “Topologie von Flächen $” von Thilo Kuessner, meine 3 Semester Mathe liegen dafür zu lang zurück…) nicht in die Spitze der Top5 schaffen, gehören sie unbedingt dazu, um den SB so etwas wie wissenschaftliche street credibility zu verschaffen (IMHO).

    Zurück zum Beitrag: Allerdings muss ich für mich feststellen, dass ich nach ein wenig Beschäftigung mit Python + SciPy noch kein Argument gefunden habe, das mir gegenüber R einen Zusatzgewinn verspricht. Deswegen erwarte ich mit Spannung die weiteren Ausführungen der kleinen Reihe.

  2. #2 Jörg
    03/29/2009

    Mit R habe ich selbst noch nichts gemacht, aber jetzt wo ich auch mit Monte Carlo-Methoden arbeite, wäre das vielleicht sogar eine Überlegung wert, mir das anzusehen. Ich denke, Python + SciPy (und es gibt ja noch viele weitere Module) gehen mehr in die Breite und bieten allgemein eine solide Basis für jede Anwendung. R ist da sicherlich in der Spezialisierung auf Statistik besser, vermute ich?

  3. #3 Markus
    03/29/2009

    Ich bin gerade dabei mich in Python 3 einzuarbeiten, gefällt mir bisher sehr gut. Allerdings ist es nicht mehr mit früheren Versionen kompatibel und an einigen Stellen wurde der Syntax verändert. Dein Problem mit /2. gibt es nicht mehr.
    Dadurch habe ich noch einige Schwierigkeiten mit den Tutorials, die auf 2.x ausgelegt sind.

  4. #4 Martin
    03/30/2009

    R hat den Vorteil, dass es mit CRAN ein riesiges Repository an Programmpaketen gibt, die größtenteils Statistik-spezifisch sind. Bei einer oberflächlichen Suche habe ich zB acht Pakete gefunden, die irgendwas mit Monte Carlo-Methoden zu tun haben.

  5. #5 A.S.
    03/30/2009

    R und Python brauchen nicht gegeneinander zu konkurrieren, sie arbeiten perfekt zusammen.

  6. #6 Jannis
    03/30/2009

    “Grundsätzlich gehe ich von Linux aus, alles andere taugt nicht.”
    Ich weiss, es ist eine Glaubensfrage, aber Mac OS ist eine Unix-Platform wie jede andere auch (mit Shell und allem was man braucht). Python läuft wunderbar und ist ab 10.5 sogar schon standardmässig vorinstalliert. Ich kann also alle Mac-User nur ermuntern, es zu benutzen. Das nur als Ergänzung – tolle Idee, hier einen kleinen Schnupperkurs zu machen!

  7. #7 Engywuck
    03/30/2009

    Ist Python schnell genug für wirklich große Datensätze?
    Ein Freund von mir wollte zuerst für seine Diplomarbeit was in Perl schreiben (n paar Jährchen her), ist dann aber doch zu C gewechselt, weils sonst zu lange dauerte (im Endeffekt einige hundert Milliarden Daten auf Eingangsseite). Und auch ich stand schon vor dem Problem, dass Perl bei einigen zehn Millionen Datensätzen (Wochenendmessung eunes Sensors jede zehntel Sekunde auf 30 Kanälen…) doch recht lange verweilte… gut, war in meinem Fall nur ne Kaffeepause, da recht einfache Umrechnerei 😀

    Oder sind das nur klassische Vorurteile gegenüber Skriptsprachen, die Python nicht hat?

  8. #8 A.S.
    03/30/2009

    Jannis,

    Mac OS ist eine Unix-Platform wie jede andere auch […]

    Nur schöner 😉

    Aber ernsthaft. Auch, wenn selbst die meisten Mac-Nutzer es nicht wissen (und nicht verstehen würden, wass es bedeutet, wenn sie es wüssten): Max OS X, bzw. sein Unterbau Darwin, ist ein vollwertiges standardkonformes UNIX und unter X11 lässt sich jedes für UNIX geschriebene Programm kompilieren (bzw. jedes, bei dem ich das bisher ausprobiert habe). Python, Perl, et al. sind sowieso dabei, und R läuft nirgends mit mehr Stil als unter Mac OS X.

    Trotzdem stimme ich Jörg zu: Am Ende taugen nur Linux und andere freie UNIXe wirklich etwas, denn Apple könnte morgen entscheiden, diesen oder jenen Standard nicht länger zu unterstützen. Bei den freien UNIXen wird das nicht passieren.

  9. #9 Jörg
    03/30/2009

    Ja, OsX ist schon ein UNIX, wenn man die Wahl hat nur zwischen Windows und Mac ist das sicherlich die bessere Wahl und es lässt sich damit etwas anfangen.
    Aber bei meiner subjektiven Verachtung für das Apple-Gesamtkonzept ist das keine Option 🙂

    Mit den großen Datensätzen weiß ich nicht, Python setzt ja eigentlich auch nur auf C auf, aber für solche wirklichen Riesendatenberge muss man wahrscheinlich so Low Level wie möglich anfangen. Aber da würde sich doch anbieten, die kritischen Funktionen in C zu implementieren und mit Python zu wrappen. Wenn man sich mal Python angewöhnt hat, ist C wie Auto fahren mit zusammengebundenen Händen und Füßen…

  10. #10 Alex
    03/31/2009

    Python 2.6 ist jetzt Produktionsvariant. Ich empfehle, nichts später als 2.5.2 zu benutzen, da ich letzte Woche eine 2.4 Applikation verloren habe – zwölfstundige Ausfall, brauchte eine Weile um einige Anderungen im Time-modul aufzuspüren.