Am Forschungszentrum Jülich ist heute 9komma4 eingeweiht worden – ein neuer Hybrid-Tomograph mit einem verdammt starken Magnettomograph und einem PET-Scanner.

Wart ihr schonmal in der Röhre? Also so ein richtiger Kernspintomograph? Bei mir hat es nur zu einem herkömmlichen Röntgen-CT gereicht (für die Nasennebenhöhlen), und da sieht man nur eine graue Fläche wo das Hirn ist.
Magnetresonanztomographie kann da bessere Auslösungen erreichen – und auf Strahlen verzichten. Dabei richtet man zunächst mit einem starken Magnetfeld die Kernspins aus. Spin ist eine grundlegende magnetische Eigenschaft von Elementarteilchen, und addiert für die Protonen und Neutronen im Atomkern zu einem Gesamtspin. Stellt es euch so vor, als ob ihr ganz viele kleine Stabmagneten mit einem großen Elektromagneten ausrichtet, sodass alle in die gleiche Richtung zeigen. Jetzt lenkt man die Spins etwas aus – durch einen hochfrequenten magnetischen Puls. Dann werden die Spins um ihre ursprüngliche, ausgerichtete Position kreiseln. Schaltet man dann das große Magnetfeld ab, werden sie langsam wieder in ihre Ausgangslage zurückkehren – und zwar abhängig von der Gewebeart unterschiedlich schnell. Bei der Rückkehr strahlen sie ihre Energie ab – als elektromagnetische Welle, die man messen und so die Verteilung der Kerne ermitteln kann.
In Jülich geht es darum, die Aktivitäten im Gehirn zu untersuchen. Dazu benutzt man die funktionelle MRT (fMRT), die Bereiche mit sauerstoffreichem und sauerstoffarmen Blut findet.
Der neue MRT in Jülich hat jetzt gewaltige Magneten – 9,4 Tesla, wie der Name sagt. Seit 2006 gibt es einen Tier-Tomographen dieser Stärke, und jetzt ist ein MRT dieser Stärke mit einem PET gekoppelt worden, um Untersuchungen an Menschen zu machen. Man hofft, beispielsweise in der Alzheimer-Forschung oder bei der Tumor-Früherkennung Fortschritte zu machen.

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Warum muss aber der MRT-Magnet so stark werden? Größere Feldstärke bedeutet: kürzere Messzeit und höhere Auflösung. Außerdem, was ganz wichtig ist, können durch das stärkere Magnetfeld auch schwerere Atomkerne (sonst geht man meist auf Wasserstoff) angeregt werden. Diese Elemente im Gehirn charakterisieren zu können, bietet Chancen bei anderen Erkrankungen.

Und das ganze ist mit einem PET gekoppelt (Positronen-Emissions-Tomograph). Bei einem PET-Scan wird dem Patienten ein schwach radioaktiv strahlendes Präparat gespritzt (nur Milliardstel Gramm), das Positronen emittiert (die Antiteilchen zum Elektron). Trifft ein Positron im Körper auf ein Elektron, löschen sich die Teilchen aus und senden zwei Photonen in genau entgegengesetzte Richtungen aus. Der Patient liegt wieder in der Röhre und ringförmig um ihn herum befinden sich Detektoren. Sprechen jetzt Detektoren an gegenüberliegenden Punkten gleichzeitig an – hat man ein Positron im Körper entdeckt. Das nennt man Koinzidenzspektroskopie, weil man achtet darauf dass zwei Ereignisse gleichzeitig auftreten. Weil beim PET am 9komma4 das gekoppelte MRT die Detektion stören würde, hat man neue Diodenmesstechnik zum Entdecken der Photonen entwickelt. Aber einen Vorteil hat es auch, weil durch das starke Magnetfeld die Positronen auf Spiralbahnen fliegen und daher nicht weit vom Entstehungsort wegkommen können – das sorgt wieder für eine bessere Auflösung.
PET ist geeignet, um Stoffwechselprozesse sichtbar zu machen, z.B. welche Hirnregion gerade aktiv ist, denn manchmal werden Atome aus dem Tracer in ein Molekül eingebaut.

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Der MRT sieht also die Struktur (Bild links) und der PET die Funktion (Bild rechts). Die Kombination aus beiden Bildern, gleichzeitig gemessen, liefert wertvolle Daten für die medizinische Forschung.
Spannend – und ich muss demnächst mal auf Aushänge achten, wenn mal wieder Probanden gesucht werden. Wollte schon immer mal mein Belohnungszentrum mit 9,4 Tesla braten lassen während darin radioaktive Atome zerfallen 🙂

Kommentare (16)

  1. #1 fs
    04/29/2009

    HAst du zufällig eine ganz grobe Vorstellung davon wieviel Energie so eine (oder meinestwegen auch eine “handelsüblichere”) mrt-röhre für aufbau des magnetfeldes bzw unterhalt benötigt? so ein grober anhaltspunkt würde mir reichen, also eher so viel wie 1000 einfamilienhäuser oder eher soviel mit eine 100.000 einwohnerstadt? hatte da neulich so eine diskussion…

  2. #2 wolfgang
    04/29/2009

    wie ist denn das eigentlich physikalisch?

    Hab ca 28 Schrauben im Becken nebst 2 Schienen (Skiunfall, Beckenzertrümmerung).
    Im Sommer hatte ich deswegen Bedenken wegen Schädel MRT- alles gutgegangen und MRT oB

    Könnte es mir mit Becken MRT nicht die Schrauben raus hauen? Sind ja ordentliche Magnetfeldstärken? Frag ich mal besorgt als begeisterter Skifahrer (heuer ca 35 Tage)

  3. #3 Christian A.
    04/30/2009

    Und noch ne Frage, zu folgendem Satz
    “Weil beim PET am 9komma4 das gekoppelte MRT die Detektion stören würde, hat man neue Diodenmesstechnik zum Entdecken der Photonen entwickelt.”
    Ich vermute, das bedeutet, dass man ein neues PET entwickelt hat, was sich auch in der Röhre einsetzen läßt, right? Ein traditionelles PET würde gestört werden, oder?

  4. #4 Ronny
    04/30/2009

    @fs
    Das Ding braucht nicht wirklich viel Energie. Der Magnet ist aus Supraleitern aufgebaut und hat somit kaum Verluste. Das eigentliche Magnetfeld braucht nur Energie für seinen Aufbau. Danach verhält es sich wie ein großer Stabmagnet.
    Der Kühlmechanismus braucht wesentlich mehr Strom 🙂
    Ich war mal bei der Entwicklung eines MRs dabei (allerding nicht beim Magneten) und soweit ich mich erinnern kann arbeiteten die Magneten mit 0.01Volt und 50000 Ampere, das wären 500W. Damit kann man nicht mal eine Wohnung heizen.
    Ich frag aber mal genauer nach 🙂

    @wolfgang
    Wegen deiner Schrauben würde ich schon mal den Arzt fragen. Ich musste damals immer grinsen, da ich aufgrund meiner Armbanduhr in der Nähe des Magneten immer das Gefühl hatte, jemand zieht an meiner Hand 🙂 9 Tesla im Luftspalt ist ein pervers starkes Magnetfeld.

  5. #5 Jörg
    04/30/2009

    @Christian A.: Ja, die herkömmliche Detektionsmethode für Photonen ist ja der Photomultiplier, bei dem das Photon auf eine Elektrode trifft und dort ein Elektron auslöst. Das wird dann im elektrischen Feld bis zu einer weiteren Elektrode beschleunigt und schlägt dort mehrere Elektronen heraus, die wiederum beschleunigt werden. Man hat mehrere Elektroden (bzw Dynoden heißen die) und löst so immer mehr Elektroden aus, kaskadenartig, bis man am Ende einen messbaren Strom zusammen hat:
    https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Photomultiplier_schema_de.png&filetimestamp=20070509230617
    Liegt jetzt zusätzlich ein Magnetfeld vor, fliegen die Elektronen nicht mehr gerade und der Photomultiplier funktioniert nicht. Daher setzt man im PET Avalance-Fotodioden ein
    https://de.wikipedia.org/wiki/Lawinenfotodiode

    Die anderen Fragen hat Ronny ja teilweise beantwortet bzw ich schau es mir heute abend an. Die 9,4 T liegen aber auch weit weit über dem klinischen Tomographen, vermutlich unter 1 Tesla und auch nicht durch supraleitende Magneten.

  6. #6 Marcus Anhäuser
    04/30/2009

    Ich habe mal so ein Ding besucht auf dem Gelände der Zeche Zollverein von der Uni Duisburg/Essen vor zwei Jahren für die Süddeutsche. Das hatte 7 Tesla. Das war schon interessant: Meine Brille musste ich ausziehen, die legte ich auf ein Regal und sie richtete sich in Richtung MRT aus, selbst bei meinen Schuhen, die ich ausgezogen hatte, spürte man die Kraft des Magneten. In der Sohle waren offensichtlich Metallkrampen.

    Wen´s interessiert:
    https://www.redaktion-wissen.de/texte2007/sz_070329_7tesla.html

  7. #7 fatmike182
    04/30/2009

    Wow!
    Hab vor Kurzem mit dem Physiker geplaudert, der in Wien das 7-Tesla Gerät betreut… Dieser meinte aber, dass man diese Auflösung nicht im medizinischen Bereich benötigt. Sein (mMn gutes) Argument war, dass das Pumpen den Blutes bereits so hohe Vibrationen verursacht, dass die Messung nur aus Rauschen bestehen würde. In Wien verwenet er was maximal für Zellen und physikalische Versuche.
    Wie wird das bei dem möglich sein?

  8. #8 Jörg
    04/30/2009

    Ja na toll, jetzt hab ich den Kommentar getippt und er wird von meinem eigenen Blog gefressen…grrrr…also nochmal.
    Ich kann natürlich nur raten, aber ich würde vermuten dass die Anwendung im medizinischen Bereich dadurch nicht geht, weil das Verarbeiten der Daten viel Aufwand ist. Wenn das Pumpen des Blutes z.B. Probleme bereitet, kann man das ja sicher auch rausfiltern, z.B. wenn man Differenzen betrachtet oder über einige Sekunden mittelt. Das ist zu viel Aufwand für Praxisalltag, aber das Gerät ist ja ein Prototyp und ausdrücklich nur zur Forschung. Wahrscheinlich wird auch die Kombination aus MRT und PET helfen, da MRT die Struktur auflöst und PET die “beweglichen Teile”.

  9. #9 Marcus Anhäuser
    04/30/2009

    @fatmike182
    @Jörg
    also der Kasten in Essen ist extra für medizinische Forschung errichtet worden, oder sagen wir, damit soll erforscht werden, was im medizinischen Bereich geht in der Größenklasse. Er wird PR technisch sogar als Ganzkörper-MRT angepriesen, was aber Quatsch ist. Der Rumpf kann schon mit so einem Ding nicht gescannt werden (siehe Artikel).

  10. #10 fatmike182
    04/30/2009

    Danke für die Aufklärung! Dann halte ich aber die damit getriebene PR ein bisschen verwirrend (war in Wien das gleiche). Vermutlich ist es oft wichtiger einen Standort als “medizinisch top, da ja super MRT/..” darzustellen als als Top-Forschungsequipement.
    Cool & wichtig ist dieses Teil aber allemal!

    @ fMRI (da vorhin angesprochen)
    wie groß ist da die Kritik im Fachkeis? Gab ja kürzlich wieder eine Studie (habe das nur über die Medien mitbekommen) die Kausalität der Aussage sehr in Zweifel stellte; dass es genug gute Gegenargumente gibt ist mir bekannt &, dass in der Neurologie nicht zwingend die Kausalität der Lokalität benötigt wird sondern der Fingeprint ausreicht lecuhtet mir auch ein

  11. #11 Jörg
    04/30/2009

    Ach in Jülich finde ich dass man schon klar sagt dass es für die Hirnforschung ist. Und ja, der Standort wird meistens herausgehoben, das ist aber durchaus bei einer breitgefächerten Forschungseinrichtung wichtig, denke ich.
    Bei fMRI denke ich geht die Kritik da los, wo man aus den gewonnen Messungen sofort auf neurologische oder psychologische Phänomene schließen will. fMRI als solches misst ja erstmal nur die Sauerstoffkonzentration im Blut um aktive Regionen zu identifizieren

  12. #12 Ronny
    05/04/2009

    Nachtrag:
    Medizinische MRs arbeiten mit 1-2 Tesla. Meine Recherche hat ergeben, dass der supraleitende Magnet nur einmal quasi aufgeladen wird und danach keinen Strom mehr braucht (solange er supraleitend bleibt). Gekühlt wird übrigens mit flüssigem Helium. Die meiste Energie wird für die Kühlung, Sensorik und Auswertung benötigt.

  13. #13 JörgR
    05/04/2009

    Ah, die müssen sogar auch schon mit Helium gekühlt werden, ja das ist aufwändig. Aber was ich mich frage, wie oft muss das Feld aufgebaut werden für eine Messung, weil man doch eigentlich damit nur die Atome ausrichtet und es dann wieder abschaltet um das Abklingen zu beobachten.

  14. #14 Ronny
    05/04/2009

    @Jörg
    Sorry, genauer kann ich das aus Datenschutzgründen (und leider mittlerweile auch aus Wissengründen) nicht erklären.

  15. #15 JörgR
    05/20/2009

    Ha, hab heute rausgefunden, dass der Magnet immer aufgeladen ist. Man lässt einmal den Strom rein und dann bleibt er so, weil es ja supraleitend ist gibt es auch keine Verluste.
    Oh, und unsere Pflanzen-NMR-Leute haben bis zu 21 Tesla…

  16. #16 Mic
    12/14/2009

    Ich habe zwei Jahre da rumgeforscht, wo “der Kern spinnt”, allerdings als Doktorand bei einem Uralt-CT gleich neben einer älteren MRT-Anlage (ich glaube das waren 4 Tesla). Das muss so 1995 gewesen sein. Und natürlich war die MRT-Anlage oft verwaist, vor allem am WE oder abends. Daher haben wir Studies und der Doc damit rumspielen können und wir haben uns gegenseitig untersucht und die Bilder zu Hause an die Wand gehängt. (übrigens auch mit dem CT, allerdings haben wir da nur Handies oder so Sachen uns angeguckt, ich habe mich nur einmal selbst im CT untersucht, allerdings haben wir die Röhre oft lange Zeit angelassen und Dosismessungen an Phantomen gemacht. Ein älterer Strahlenphysiker hat sich dann immer vor mich gestellt…).

    Im MRT zu liegen ist nicht so meine Sache. Habs so etwa 20 Minuten ausgehalten, dann hab ich den Luftdruckball gedrückt und die anderen haben mich rausgefahren und etwas herablassend angeguckt. Ich war auf der Suche nach den sagenhaften Magnetophosphenen, also der direkten Wahrnehmung von Magnetfeldern. Bei mir hats nicht geklappt: ich habe keine Sternchen gesehen wenn ich die Augen zuhatte. Dafür klaustrophobische Eindrücke und ein Riesenlärm war das da drin: ein Geklappere als ob man im Inneren einer Riesenschreibmaschine wäre. Daher kann ich auch nicht sagen, ob ich über den Frey-Effekt die HF-Felder gehört hätte. Nach Siemens-Angaben hätte ich eine Chance gehabt, allerdings sind die Frey-Klicklaute ja sehr leise.

    Neben der Anlagen war ein noch grösserer Raum für die Kühlung und die ganze Technik. Soweit ich mich erinnere (bin Mediziner, kein Physiker) ging die meiste Energie zur Kühlung drauf und nicht für das Magnetfeld. Ich habe mich auch gewundert über die Energien der HF-Felder, ich vermute dass da im KW-Bereich gearbeitet wurde.