Wer benennt nur immer diese Satelliten? PAMELA heißt “Payload for Antimatter Matter Exploration and Light-nuclei Astrophysics” und ist das etwas peinliche Akronym für ein sehr spannendes Experiment, das die Zusammenzusetzung der extragalaktischen kosmischen Strahlung untersucht.
Neben vielen anderen interessanten Resultaten im Zusammenhang mit der kosmischen Strahlung erhofft man sich insbesondere auch Resultate, die Dunkle Materie untersuchbar machen.
Und tatsächlich, gerade heute ist in Nature ein Artikel erschienen (hier auch als Reprint (PDF) von der PAMELA-Seite), der Dunkle Materie als wahrscheinlich Quelle für einen Überschuss hochenergetischer Positronen in der kosmischen Strahlung vorschlägt. Das hatte sich bereits angedeutet, und hier hat Florian bereits dazu geschrieben.
Der Satellit trägt einen Teilchendetektor um die Erde, der eintreffende Elektronen und Positronen aus der kosmischen Strahlung misst und ihre Energie bestimmt. Der Detektor ist so ausgelegt, dass Elektronen und Positronen ihre gesamte Energie im Detektor deponieren können, während Proton weiter kommen und höchstens erst spät im Detektor reagieren. So kann man Elektron/Positron vom Hintergrund der Protonen trennen.
Positronen sind die bösen Zwillinge der Elektronen – genau gleich, außer dass ihre elektrische Ladung genau andersrum ist. Ein Positron ist Antimaterie, während ein Elektron Materie ist.
Bislang glaubte man, dass Positronen vor allem aus sekundären Quellen stammen. Erzeugt werden die Teilchen der kosmischen Strahlung zunächst vor allem in primären Quellen, die interessanten hochenergetischen Teilchen vor allem in Sternenexplosionen und ihren Überresten. Sekundäre Quellen sind die Interaktion von Primärteilchen mit dem interstellaren Gas. Daraus kann man jetzt eine erwartete Energieverteilung aufstellen, und die verbreitete Annahme sah eine logarithmische Abnahme des Anteils an Positronen (im Verhältnis zu Elektronen) mit zunehmender Energie. Bis etwas 5 GeV konnte man das auch experimentell bestätigen, aber für höhere Energien brauchte man neuere Experimente wie PAMELA oder ballongetragene Experimente. Diese stellten aber etwas unerwartetes fest – bei Energien über 5 GeV steigt der relative Anteil an Positronen wieder stark an!
Dafür gibt es hauptsächlich zwei Möglichkeiten – außer dass alles was wir über die Sekundärproduktion wissen dramatisch falsch ist.
Die erste Möglichkeit – Positronen aus Primärquellen. Dazu kommen vor allem schnell rotierende Neutronensterne, die Pulsare, und Mikroquasare in Frage. Allerdings gibt es davon nur wenige in ausreichender Nähe zu unsere Galaxie, als dass nicht die Positronen durch Reaktion mit dem Mikrowellenhintergrund gar nicht mehr den intergalaktischen Raum überbrücken könnten. Dazu werden aber weitere Experimente, z.B. das FERMI Gammstrahl-Weltraumteleskop, neuere Messungen liefern.
Die zweite und als wahrscheinlicher erachtete Möglichkeit aber ist die spannende – Positronen die durch Annihilation von Dunkler Materie entstehen. Das wäre was, denn dann könnten wir mehr darüber sagen, was Dunkle Materie ist! Die Vermutung ist, unsere Galaxie ist von einem Halo Dunkler Materie umgeben. Besteht jetzt Dunkle Materie aus WIMPs (theoretisch auf mehrere Weisen möglichen, extrem schwach wechselwirkenden Teilchen) so könnten diese annihilieren oder zerfallen und Positronen erzeugen, die dann aus dem Umfeld unserer Galaxis bis zu uns kommen könnten! Die hohen Energien, bei denen der Positronenüberschuss auftritt, würden außerdem bedeuten, dass die WIMPs sehr schwere Teilchen sein müssten (supersymmetrische Partnerteilchen?).
Die Resultate sind noch vorläufig, aber PAMELA nimmt weiter Daten auf und bald wird genug Statistik für genauere Ergebnisse, auch bei noch höheren Energien, gesammelt sein und wir werden mehr wissen – haltet den Atem an!
Ein weiteres interessantes Resultat aus dem Paper der Kollaboration: Bei Energien unter 5 GeV kann man den Einfluss des Sonnenwindes auf die kosmische Strahlung sehen. Ältere Experimente, die zu einem Zeitpunkt stattfanden, als die Abschirmung der kosmischen Strahlung durch den Sonnenwind besonders hoch war, konnten Übereinstimmung mit der theoretischen Kurve feststellen. Die Ergebnisse von PAMELA liegen aber darunter – denn jetzt ist der Zyklus des Sonnen-Magnetfeldes umgekehrt und es werden anscheinend Positronen unterdrückt. Auch hier werden sich neue Erkenntnisse über die Modulation der kosmischen Strahlung durch die Sonne ableiten lassen.
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