Bisher habe ich ja die Grünen noch als Notlösung angesehen zur Wahl, aber die Wissenschaftsfeindlichkeit nimmt jetzt so arge Ausmaße an, dass ich die wohl zur Bundestagswahl endgültig zu den nichtwählbaren Parteien zählen muss 🙁
Dies ist eine Pressemitteilung von Biggi Bender, der gesundheitspolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen:
Die klare Mehrheit für die Stärkung der Komplementärmedizin in der Schweiz sollte für Deutschland ein Ansporn sein, Behandlungsmethoden wie Anthroposophie, Homöopathie oder Akupunktur gleichberechtigt in der medizinischen Versorgung zu berücksichtigen. Notwendig für den Nachweis von Wirksamkeit und Qualität sind gut evaluierte Modellversuche sowie eine Versorgungsforschung, die komplementärmedizinische Ansätze berücksichtigt. Hierfür müssen Forschungskapazitäten aufgebaut werden.
Hier bei den ScienceBlogs ist die Entscheidung in der Schweiz auf heftige Ablehnung gestoßen. Hier oder hier oder hier. Unsere allgemeine Sicht dazu ist Verzweiflung und Entsetzen. Und noch entsetzlicher ist, dass gar die Anthroposophie des Rassisten Steiner direkt als erstes erwähnt wird und in den Kanon aufgenommen wird.
Und als nächstes wird dann der Eindruck erwähnt, dass es keine Versuche dazu gegeben habe. Im Gegenteil. Diese Methoden sind – obwohl teilweise jeder WIrkungsmechanismus fehlt – hundertfach untersucht worden. Leider waren weniger Studien davon qualitativ wertvoll, aber diese bescheiden Komplementärmethoden genau dies: Dass sie komplementär zur Medizin stehen, und nicht helfen außer durch den Placebo-Effekt. Den Placebo-Effekt aber unter dem Deckmantel von Voodoo zur Heilung einzusetzen, ist moralisch verwerflich.
Es müssen keine Forschungskapazitäten aufgebaut werden. Was herauskommt, wenn man das tut, kann man sich am amerikanischen NCCAM ansehen oder an den grauenhaft verzerrten und qualitativ minderwertigen Ergebnissen von Claudia Witt an der Charite Berlin, die aus unerfindlichen Gründen als Professor bezeichnet werden darf.
Im Rahmen der aktuellen Arzneimittelgesetznovelle kämpfen wir Grünen dafür, dass von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelungen, die negative Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von anthroposophischen, homöopathischen und traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln haben, verhindert werden.
Schon wieder diese Anthroposophie. Medikamente, die Aura des Menschen wieder ins Gleichgewicht bringen sollen. Heilung durch Märchen?
Sehr kurios ist aber plötzlich der Einwurf von “traditionellen pflanzlichen” Mitteln. Natürlich gibt es Heilpflanzen, die wissenschaftlich nachweisbare Wirkung haben, wie Johanniskraut. Diese sind aber nicht durch Tradition, sondern durch Nachweis einer Wirkung wertvoll und werden selbstverständlich NICHT behindert werden. Vermutlich soll die Einreihung in die Liste hier mehrere Hintertürchen offenlassen. Oder Frau Bender hat tatsächlich keinen Schimmer.
Wir setzen uns dafür ein, dass patientenindividuelle Therapieoptionen, die insbesondere in der “Alternativmedizin” genutzt werden, und etwa bei Patientinnen und Patienten mit antibiotikaresistenten bakteriellen Infektionen eingesetzt werden, erhalten bleiben.
Die Grünen möchten also Patienten, die gegen Bakterieninfektionen kämpfen, euthanasieren, nur weil diese eine Antibiotikaresistenz haben. Denn nicht anders wird passieren, wenn man Homöopathie in so einem Fall anwendet: Dann bekämpft man die Infektion, indem die Bakterien ihren Wirt umbringen lässt.
Die Bundesregierung stellt diese Möglichkeit, für die sich auch der Bundesrat stark macht, ins Aus.
Gut für die Regierung und den Bundesrat, wenn sie ihre Bürger nicht durch Beliebigkeit in Todesgefahr bringen. Die medizinischen Methoden, angewandt zur bestmöglichen klinischen Forschung bringen die besten Erkenntnisse, und nichts anderes als die besten Erkenntnisse sollten gut genug zur Behandlung sein. Da braucht es keine Alternativen.
Wir können von der Schweiz lernen: Dort existieren an den Universitäten (wenige) ordentliche Lehrstühle, die sich mit diesen Methoden befassen. Das umfangreiche Evaluationsprogramm unter der Leitung des Schweizer Bundesamts für Gesundheit zur auf sechs Jahre befristeten Aufnahme der Komplementärmedizin in die Schweizer Grundversorgung zeigte auf, dass diese Behandlungsmethoden erfolgversprechend sein können.
Bait and Switch-Taktik? Jetzt heißt es um mögliche Erfolge, die sich wahrscheinlich auf den Placebo-Effekt bei Rückenschmerzen beziehen, aber eben noch ging es um die Behandlung von Antiobiotika-Resistenzen…
Dies zeigen auch die Ergebnisse der Modellversuche zur Akupunktur in Deutschland. Diese ist der schulmedizinischen Standardtherapie deutliche Überlegenheit bei Knie- und Rückenproblemen deutlich überlegen.
Placebo-Effekt. Die Grünen möchten sich also als Elite begreifen, die dem dummen Pöbel den Placebo-Effekt zur Heilung hinwirft, und tunlichst verschweigt, dass Akupunktur gar nicht für die Wirkung verantwortlich ist? Oder möchten sie lieber sich selbst im Dunkeln lassen um ihren schönen einfachen Glauben nicht überprüfen zu müssen? Wie dem auch sei, für mich ist beides intellektuell und moralisch unredlich.
Wenn schon Forschung, dann vielleicht eine die ehrliche Therapien vorschlägt, von denen dem Patienten kurzfristig durch Placebo, langfristig durch allgemein besseres Wohlbefinden (durch Bewegen etc.) geholfen wird?
Bei der Entscheidung zur Übernahme in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen stellte sich jedoch die Frage, ob mit zweierlei Maß gemessen werde. Zwar scheiterten die Versuche, der Akupunktur die Aufnahme zu verweigern, jedoch führte dies nicht dazu, die bestehende – im Behandlungsergebnis deutlich schlechtere – schulmedizinische Behandlung in Frage zu stellen.
Nebelkerzen. Es wird allerdings mit zweierlei Maß gemessen: Die Akupunktur scheitert spektakulär an einem Wirkungsnachweis im Vergleich mit Placebo-Behandlung. Die einzig mögliche Konsequenz: Keine Zulassung als Therapie. Das wäre mit einem Maß gemessen.
(via Brightsblog und Aufklärung 2.0)
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