Anfang Mai hat in China die Shanghai Synchrotron Radiation Facility (SSRF) die Tore geöffnet und angefangen, heiß begehrte Strahlzeit zu vergeben.

Also das Design ist schonmal ziemlich cool, das muss man sagen (und hier gibt es noch mehr Bilder):

i-c05b0c3d8f286d97f4d286a61cdbb52a-200709-thumb-320x154.jpg

Die Anlage hat 176 Millionen US-Dollar gekostet, und ist eine von mehreren Quellen auf der Welt, die der dritten Generation angehören. Insgesamt gibt es 60 Einrichtungen auf der Welt, die Beschleuniger zur Erzeugung von Synchrotronstrahlung haben. Ein Beschleuniger als Lichtquelle für Röntgenstrahlung!

Mit Röntgenstrahlen kann man eine riesige Anzahl an Anwendungen abdecken – alles Untersuchungen wie Materialforschung, Oberflächenforschung, medizinische Forschung, die Abbildung chemischer Prozesse, bei denen man gerne irgendwo hineinsehen will. Und Röntgenstrahlen machen das möglich. Die neue Generation zeichnet sich dadurch aus, ultrakurze Lichtpulse harter (also sehr kurzfrequenter Röntgenstrahlung) erzeugen zu können, damit hofft man sogar atomare Prozesse oder z.B. chemische Katalysereaktionen sichtbar machen zu können – und da haben wir ja gestern beim Nobelpreisträgertreff gesehen, was für ein Megamarkt das ist. Kein Wunder, dass immer mehr Länder die Investition in eine solche Anlage tätigen – die Strahlzeit ist heißbegehrt.

Warum vermarkte ich das jetzt so? Nun, weil Synchrotronstrahlung nichts anderes ist als ein Abfallprodukt der Grundlagenforschung mit Teilchenbeschleunigern. Erst war es ein lästiger Effekt, der sogar verhindert dass man noch größere Ringbeschleuniger für Elektronen bauen kann, aber dann erkannte man den Nutzen.

Es ist nämlich so: Eine beschleunigte Ladung strahlt Energie in Form von Photonen ab (“Bremsstrahlung”). Und auf der Kreisbahn eines Speicherrings ist das Elektron oder Proton einer ständigen Beschleunigung ausgesetzt – Kreisbewegung ist eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung. Daher strahlt so ein Teilchen beständig Photonen ab – beim Proton ist das vernachlässigbar, beim Elektron wird es sehr viel, denn die abgestrahlte Energie hängt von der Masse ab. So wurde die Synchrotronstrahlung auch entdeckt – jemand hat durch ein Fenster in einen Elektronenring geschaut und sah blaues Licht…

Bei größeren Ring und höheren Energien der Elektronen wird die abgestrahlte Energie immer mehr, sodass man in einem Ring irgendwann nicht mehr in der Lage ist, das Elektron weiter zu beschleunigen – daher benutzt der LHC auch Protonen, und für Elektronen will man einen neuen superlangen Linearbeschleuniger bauen.

Man kann das aber gezielt ausnutzen und gezielt Licht bestimmter Frequenzen erzeugen, indem man die Elektronenenergie anpasst. Bis hin zu harter Röntgenstrahlung, die in dieser Lichtstärke und Frequenzgenauigkeit und auch in der steuerbaren Dauer der Lichtpulse nicht anders erreicht werden kann, aber ein unersetzliches Werkzeug ist. Mittlerweile baut man bewusst Strecken ein, auf denen die Elektronen bewusst in Schlangenlinien geführt werden um viel Energie abzustrahlen (Wiggler); oder Undulatoren, wo man Interferenz des Lichtes herbeiführt um besonders gebündeltes Licht mit engem Spektrum zu erzeugen (siehe Wikipedia).

Genauer unterteilt man in vier Generationen:

  1. Man benutzte die abfallende Strahlung an herkömmlichen Beschleunigern
  2. Man baute spezielle Speicherringe nur für diesen Zweck, und setzte Wiggler zur Erzeugung der Strahlung ein
  3. In dieser Generation kamen die Undulatoren hinzu, um besonders enge Spektren und hohe Brillianz zu erreichen
  4. Die neueste Generation arbeitet mit freien Elektronenlasern

In diesem Übersichtsbild (vom DESY) sieht man auch nochmal die 4 Erzeugungsmethoden, und angedeutet wie sich der Lichtstrahl verändert:

i-5c46e7eff512aa976a96581a65bbd207-erzeugung_strahlung_hr_ger-thumb-400x455.jpg

Freie Elektronenlaser heißen so, weil man kohärente Strahlen erzeugt, die sehr hohe Energie und eine Wellenlänge haben. Sie arbeiten mit Linearbeschleunigern und besonders langen Undulatoren, wie z.B. der FLASH am DESY in Hamburg. In den langen Undulatorstrecken bauen sich Interaktionen aller Elektronen mit ihren Nachbarn auf, die zur spontanen Emission von Strahlung führen, wie es eben bei einem Laser der Fall ist.
Elektronenlaser haben auch Anwendung in der Medizin. 1999 führte man
bereits drei Operationen an Hirntumoren durch, später auch Operationen
am Sehnerv. Da man diese Elektronenlaser auch kleiner bauen kann, will
man an mehreren Krankenhäusern solche Beschleuniger bauen.

Soviel also zum mangelnden Nutzen der Beschleunigerforschung…

Übrigens nochmal zurück zum SSRF…2004 2000 sah die Wiese wo der jetzt steht noch so aus:

i-73618fe0bcd6142a5ddab4913bb5aed3-2004-thumb-410x124.jpg

China halt…

Kommentare (2)

  1. #1 buch
    06/24/2009

    Mein Bruder hat mich letztens gefragt wofür denn der Schrott gut sein soll (LHC).
    Wieder ein Pro Argument mehr das ich ihm lang und breit erklären muss.
    Ich glaub ich schick ihm am besten einfach nen Link 😉
    Ähm, das unterste Bild ist aber von 2000, oder?

  2. #2 JörgR
    06/24/2009

    Ja stimmt, 2000 wurde das Bild aufgenommen, 2004 begann der Bau.