Für die Darwin-Jahr-Seite der Giordano-Bruno-Stiftung hat Andreas Müller eine hochinteressante Zusammenfassung eines aktuell tobenden Streites um die Appeasement-Haltung des Großteils der Wissenschaftler und Wissenschaftsorganisationen gegenüber der Religion in den USA.
Ich muss sagen, ich habe mich bislang auch noch wenig damit befasst, allenfalls bei PZ mitgelesen.
Begonnen wurde der Streit im Februar durch den Evolutionsbiologen in einem Artikel für The New Republic schrieb:
True, there are religious scientists and Darwinian churchgoers. But this does not mean that faith and science are compatible, except in the trivial sense that both attitudes can be simultaneously embraced by a single human mind. (It is like saying that marriage and adultery are compatible because some married people are adulterers. ) It is also true that some of the tensions disappear when the literal reading of the Bible is renounced, as it is by all but the most primitive of JudeoChristian sensibilities. But tension remains. The real question is whether there is a philosophical incompatibility between religion and science.
Vor allem geht es wohl darum, was Dawkins den “Glauben an den Glauben” nennt. Also Menschen, die selbst nicht glauben, aber finden dass es ja ok sei wenn andere glauben und denen etwas bringt, daher solle man da doch bitte versöhnlich sein. Und überhaupt – eigentlich sind ja die Atheisten die bösen Jungs, denn die Bücher von Dawkins und Hitchens hätten alles entzündet und würden jetzt die moderaten Religiösen in die Arme der Kreationisten treiben.
Und außerdem erfolgt dann meist die Umdefinition von Religion: Dass diese die Fragen nach dem “Warum?” beantwortet und überhaupt inkompatibel mit Wissenschaft sei.
In den Streit haben sich die verschiedenen Seiten eingeschaltet, leider hat Nature sich auf die Seite der Akkomodationisten geschlagen. Philip Ball hatte einen Artikel geschrieben, der Coyne und viele andere dafür angreift, nationale Wissenschaftsorganisationen kritisiert zu haben und überhaupt, sich mit Religion zu befassen.
So there is little to be gained from trying to topple the temple — it’s the false priests who are the menace. If we can recognize that religion, like any ideology, is a social construct — with benefits, dangers, arbitrary inventions and, most of all, roots in human nature – then we might forgo a lot of empty argument and get back to the worldly wonders of the lab bench.
Als Nature dafür kritisiert wurde, behauptete es, Ball habe ja seine Meinung ausgedrückt. Daraufhin versuchte Sam Harris, seine Einzelmeinung als Leserbrief zu veröffentlichen, was (durch einen unpersönlichen, vorgefertigten Brief) abgelehnt wurde.
Lest die Zusammenfassung, es lohnt sich und vielleicht bekommt ihr auch Lust, euch weiter damit zu befassen. Ich sehe ja keinen Millimeter Spielraum für Versöhnung von Religion und Wissenschaft, oder sagen wir lieber, aufgeklärtem Denken. Religion ist der kosmische Wühltisch, von dem jeder sich individuell sein Set an irrationalen Ansichten zusammenstellen kann. Aber jeder verlangt dann, dass sein Set nicht hinterfragt werden darf, und dass er gefälligst dafür respektiert werden müsse, sich sein Set mit so viel Mühe zusammengestellt zu haben.
Und den “Glauben an den Glauben” finde ich ungemein hochnäsig. Seht euch doch die Ansage von Philip Ball an – also ich lese da: “lasst doch den dummen Menschen ihr Steckenpferd und arbeitet lieber wieder an eurem Paper”.
In Deutschland ist das Thema in den Medien noch gar nicht angekommen (naja, diese Blogs haben die eh noch nicht verstanden). Aber ich hab schon oft genug Sachen wie “Ich glaube zwar nicht an Gott, aber…” gelesen als es um die atheistische Buswerbung in Deutschland ging; oder “Ja Dawkins und Hitchens und so sind ja auch nur Fundamentalisten.” Religion vergiftet eben alles, auch die Nichtreligiösen.
Wie sagte Richard Dawkins?
Let’s stop being so damned polite!
/edit 21:16 – Link zu TNR repariert
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